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HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE)
Hauptabteilung Kerngeschäft L123 |
Zurückweisung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke gemäß Artikel 7 GMV und Regel 11 Absatz 3 GMDV
Alicante, 05/01/2016
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STUMPF PATENTANWÄLTE PARTGMBB Alte Weinsteige 71 D-70597 Stuttgart ALEMANIA |
Anmeldenummer: |
014454301 |
Ihr Zeichen: |
HydrofoamEU |
Marke: |
Hydrofoam |
Art der Marke: |
Wortmarke |
Anmelderin: |
PAUL HARTMANN AG Paul-Hartmann-Str. 12 D-89522 Heidenheim ALEMANIA |
Das Amt beanstandete am 21/10/2015 die Anmeldung unter Berufung auf den beschreibenden Charakter sowie auf fehlende Unterscheidungskraft gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c und Artikel 7 Absatz 2 GMV. Die Beanstandung wird im beiliegenden Schreiben begründet:
Die Anmelderin nahm mit Schreiben vom 14/12/2015 hierzu Stellung. Die Stellungnahme kann wie folgt zusammengefasst werden:
1. Die Marke richtet sich sowohl an den allgemeinen Endverbraucher als auch an ein spezialisiertes Fachpublikum, so dass der Aufmerksamkeitsgrad normal oder erhöht sein kann.
2. Die Wortverbindung von „Hydro“ (für Wasser) und „foam“ (mit der Bedeutung Schaum) ergibt keine schlüssige Gesamtaussage, da die Marke im Sinne von „Wasserschaum“ aufgefasst wird. Der Verbraucher wird z. B. an Schaumkronen auf dem Meer oder einen flüssigen Nachtisch mit einer Schaumhaube denken. Die angemeldete Wortfolge stellt keine konkrete Sachaussage über die Merkmale der beanstandeten Waren (v. a. Pflaster und Verbandstoffe), sondern einen Herkunftshinweis dar. Die Marke ist allenfalls anspielend, suggerierend.
3. Um zum von der Prüfungsstelle angenommenen Verständnis ‒ hydroaktives leichtes Gummi oder Plastik ‒ zu gelangen, sind mehrere analysierende Gedankenschritte erforderlich.
4. Es ist unzulässig, das Wort „Hydro“ durch das Element „aktiv“ zu ergänzen, um so einen beschreibenden Sinngehalt begründen zu können, denn „aktiv“ ist nicht Bestandteil der Marke.
5. Möglicherweise stelle ein Teil des Publikums, nämlich der Fachverkehr, Assoziationen mit „Schaumgummi“ her. Dieses werde jedoch zur Herstellung von Verpackungsmaterial oder für Matten verwendet, jedoch nicht zur Herstellung von Pflastern und Verbandstoffen.
6. Das Wort „Hydrofoam“ stellt keine Werbe- oder sonstige verkaufsfördernde Botschaft dar, die von Mitbewerbern zur Anpreisung der Waren benötigt wird.
7. Nationale Markenämter haben „Hydrofoam“ in Klasse 5 akzeptiert (IR-Marke Nr. 908 479 für Irland).
8. Die vergleichbare Marke „HYDROCLEAN“ wurde vom Amt für Pflaster und Verbandstoffe zugelassen (R 456/2012-4). Auch „ISOFOAM“ oder „MULTIFOAM“ hat das Amt für diverse Waren aus Schaumstoff in Klasse 17 eingetragen.
9. Die Verwendung eines Begriffes von Dritten im Internet bedeutet nicht notwendigerweise, dass es sich bei diesem um eine Sachbeschreibung handele. Auch kann es sich bei Hits im Internet um die Verwendung durch die Anmelderin selbst handeln.
Gemäß Artikel 75 GMV obliegt es dem Amt, eine mit Gründen zu versehende Entscheidung zu treffen, zu denen sich die Anmelderin äußern konnte.
Nach eingehender Prüfung der Argumente der Anmelderin hat das Amt entschieden, die Beanstandung aufrechtzuerhalten.
Ein Wortzeichen ist bereits dann von der Eintragung ausgeschlossen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet (04/05/1999, C-108/97 und C‑109/97, „Chiemsee“, Rdn. 30-31; 23/10/2003, C-191/01, „Doublemint“, Rdn. 32).
Es genügt weiterhin, wenn der Begriff einem Teil der maßgeblichen Verkehrskreise als Beschreibung der angemeldeten Waren oder Dienstleistungen bekannt ist oder von ihm so benutzt wird oder als Merkmal der Waren und Dienstleistungen dienen soll oder so verstanden werden könnte (siehe Urteil vom 17/09/2008, T-226/07, „PRANAHAUS“, Randnr. 36).
Wie bereits im Beanstandungsbescheid dargelegt wurde, wird ein Teil des Publikums, zumindest das Fachpublikum im pharmazeutischen und medizinischen Bereich, den Begriff „Hydrofoam“ im Zusammenhang mit den beanstandeten Waren als hydroaktives leichtes Gummi oder Plastik, und somit als Hinweis auf die Beschaffenheit und das Material der Waren verstehen. Gegen die Eignung des Ausdrucks „Hydrofoam“ als betrieblichen Herkunftshinweis spricht insbesondere seine beschreibende Verwendung im Zusammenhang mit Pflastern und Verbandstoffen, die bereits im Beanstandungsbescheid mit Beispielen belegt wurde. Diese zeigen, dass „Hydrofoam“ in medizinischen Artikeln und Rezensionen zur Behandlung von Wunden in den Print- und elektronischen Medien verwendet wird. Daher ist dieser Ausdruck dem Fachverkehr im pharmazeutischen und medizinischen Bereich verständlich und geläufig. Aus den im Beanstandungsbescheid aufgeführten Beispielen wird weiterhin deutlich, dass der Fachverbraucher keine gedankliche Anstrengung oder Gedankenschritte unternehmen muss, um den Sinngehalt des Zeichens zu erfassen.
Daher ist die Tatsache, dass ein anderer Teil Publikums die Marke „Hydrofoam“ als „Schaumgummi“ oder „Wasserschaum“ verstehen könnte, irrelevant, denn der hier relevante Teil des (Fach)Publikums auf dem pharmazeutischen und medizinischen Sektor versteht die Marke mit der Bedeutung „hydroaktives Gummi oder Plastik“. Der Ausdruck „Hydrofoam“ ist somit beschreibend für Merkmale der beanstandeten Waren (v. a. Pflaster und Verbandstoffe). Dass das Zeichen, wie von der Anmelderin vorgetragen wird, nicht das Wort „aktiv“ enthält, ändert nichts an seinem klaren und beschreibenden Sinngehalt.
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV liegt das öffentliche Interesse zugrunde, dass es keine Exklusivrechte für rein beschreibende Begriffe geben sollte, die andere Händler unter Umständen ebenfalls benutzen möchten. Die im Beanstandungsbescheid aufgeführten Beispiele zeigen eine Benutzung auf dem Markt durch Mitbewerber; dabei wird der Ausdruck „Hydrofoam“ gerade nicht als Marke, sondern in beschreibender Weise verwendet. Daher gehen die Argumente der Anmelderin in Bezug auf die im Beanstandungsbescheid zitierten Beispiele fehl.
Das Amt stimmt der Anmelderin darin zu, dass die angemeldete Marke keine Werbe- oder sonstige verkaufsfördernde Botschaft darstellt. Jedoch vermittelt sie direkte und offensichtliche Information zu Beschaffenheit und Material der relevanten Waren und ist aufgrund dieses beschreibenden Charakters zurückzuweisen.
Selbst wenn der angemeldete Ausdruck, wie von der Anmelderin vorgetragen, nicht klar beschreibend in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen wäre, vermittelt er doch Informationen über die Art der Waren und wird nicht als Herkunftshinweis wahrgenommen. D. h., selbst wenn Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV nicht anwendbar wäre, ist die Anmeldung zumindest gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV zu beanstanden.
Hinsichtlich der von der Anmelderin angeführten nationalen Entscheidung in Irland ist darauf hinzuweisen, dass die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System ist, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke darf somit nur auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung beurteilt werden. Daher ist das Amt und gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter nicht an eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittlands ergangene Entscheidung gebunden, in der die Eintragungsfähigkeit desselben Zeichens als nationale Marke bejaht wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine solche Entscheidung gemäß mit der Richtlinie 89/104 harmonisierten nationalen Rechtsvorschriften oder in einem Land erlassen wurde, das zu dem Sprachraum gehört, in dem das Wortzeichen seinen Ursprung hat. Der Prüfungsabteilung sind auch die speziellen Umstände, die zur Eintragung der Marke beim Irischen Markenamt geführt haben, nicht bekannt.
Zum Argument der Anmelderin, dass vom Amt bereits eine Reihe ähnlicher Eintragungen vorgenommen wurde, genügt der Hinweis darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung die zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke keine Ermessensentscheidungen, sondern gebundene Entscheidungen sind. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in der Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter zu beurteilen und nicht auf der Grundlage einer früheren Praxis des Amtes (Urteil vom 15.09.2005, C‑37/03 P, „BioID“, Randnummer 47 und Urteil vom 09.10.2002, T‑36/01, „Surface d’une plaque de verre“, Randnummer 35).
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann (Urteil vom 27.02.2002, T‑106/00, „STREAMSERVE“, Randnummer 67).
Auch sind diese Voreintragungen nicht deckungsgleich und jeder Fall ist individuell in seinen verschiedenen Komponenten zu prüfen. So hat die Gemeinschaftsmarke „HYDROCLEAN“ eine andere Bedeutung als die vorliegende Anmeldung und die Gemeinschaftsmarken „ISOFOAM“ und „MULTIFOAM“ wurden für Klasse 17 eingetragen.
Aus den oben genannten Gründen und gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c und Artikel 7 Absatz 2 GMV wird hiermit die Anmeldung für die Gemeinschaftsmarke Nr. 14 454 301 für alle Waren der Anmeldung zurückgewiesen.
Gemäß Artikel 59 GMV können Sie gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 GMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Darüber hinaus ist innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst mit der Zahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 800 EUR als eingelegt.
Julia SCHRADER
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