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HAUPTABTEILUNG KERNGESCHÄFT |
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L123 |
Teilweise Zurückweisung der Anmeldung einer
Unionsmarke
(Artikel 7 und 42 Absatz 2 UMV)
Alicante, 06/03/2018
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DLA PIPER UK LLP Jungfernstieg 7 D-20354 Hamburg ALEMANIA |
Anmeldenummer: |
015482011 |
Ihr Zeichen: |
Parship |
Marke: |
Alle 11 Minuten |
Art der Marke: |
Word mark |
Anmelderin: |
PE Digital GmbH Speersort 10 D-20095 Hamburg ALEMANIA |
Das Amt beanstandete am 13/06/2016 die Anmeldung unter Berufung auf den beschreibenden Charakter sowie auf fehlende Unterscheidungskraft gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c UMV und Artikel 7 Absatz 2 UMV. Die Beanstandung ist diesem Schreiben beigefügt.
Die Anmelderin nahm mit Schreiben vom 12/08/2016 Stellung. Die Stellungnahme kann wie folgt zusammengefasst werden:
Das Zeichen sei nicht beschreibend, da es sich bei der Wortfolge „Alle 11 Minuten“ um eine künstliche Wortkombination handele, die in Bezug auf die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen keine Bedeutung habe.
Das Zeichen sei unterscheidungskräftig unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung und der Eintragungspraxis des EUIPO, und zwar unter anderem weil es sich bei der Wortfolge „Alle 11 Minuten“ um einen Slogan oder einen Teil von diesem handele, der Originalität und Prägnanz aufweise, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordere und bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöse. Zudem ergeben sich zahlreiche Deutungsvarianten und Interpretationsmöglichkeiten aus der Wortfolge.
Das Amt müsse das Fehlen der Unterscheidungskraft für jede Ware oder Dienstleistung einzeln positiv feststellen. Die Anmelderin führt nach Klassen zu einzelnen Waren und Dienstleistungen Argumente für die Unterscheidungskraft und gegen die Beschreibbarkeit an.
Die Anmelderin führt an, dass der Slogan „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“ bekannt sei und legt hierfür einige Auszüge von Internetseiten, Plakaten und Satire in Form von Screenshots vor, und schließt daraus, dass auch die Wortfolge „Alle 11 Minuten“ als Herkunftsnachweis erkannt werde.
Das EUIPO, beziehungsweise das DPMA haben zudem bereits zahlreiche vergleichbare Marken eingetragen.
Am 26/09/2017 passte die Anmelderin das Verzeichnis der Waren und Dienstleistungen an. Das Amt ergänzte seine Beanstandung am 07/08/2017 unter Berücksichtigung dieser Anpassungen. Das Amt ergänzte darin seine Ausführungen vom 13/06/2016 und wies darauf hin, dass die bezüglich eines möglichen Antrags auf erlangte Unterscheidungskraft eingereichten Unterlagen als nicht ausreichend angesehen werden. Das Amt hielt seine Beanstandung aufrecht. Die ergänzende Beanstandung ist diesem Schreiben ebenfalls beigefügt.
Die Anmelderin nahm mit Schreiben vom 05/10/2017 dazu Stellung. Diese Stellungnahme kann wie folgt zusammengefasst werden:
Es habe eine gesonderte Prüfung der Unterscheidungskraft gesondert für jede der angemeldeten Waren und Dienstleistungen zu erfolgen.
Das Zeichen habe keine auf der Hand liegende oder naheliegende beschreibende Bedeutung. Der deutsche Wortschatz kenne keine entsprechende Begrifflichkeit oder Redewendung. Es handele sich dabei vielmehr um eine Erfindung der Anmelderin und somit um eine künstliche Wortkombination.
Die Eignung einer angemeldeten Marke als Slogan spreche nicht gegen deren Unterscheidungskraft.
Das Zeichen rege zum Nachdenken an. Es gebe zahlreiche Deutungsmöglichkeiten. Der Begriff sei unklar, beziehungsweise unscharf und eröffne zahlreiche Interpretationsmöglichkeiten.
Die Anmelderin bestreitet und rügt, dass das Amt auf Basis von eigenen Recherchen auf die massive Werbung die Anmelderin gestoßen sei, welche das Zeichen bekannt gemacht habe, und daher annehme, dass alle 11 Minuten eine erfolgreiche Partnervermittlung erfolge. Das Begründungsmuster, dass alle 11 Minuten etwas passiert, reiche nicht aus, um die Unterscheidungskraft zu versagen.
Entscheidung
Gemäß Artikel 94 UMV obliegt es dem Amt, eine mit Gründen zu versehende Entscheidung zu treffen, zu denen sich die Anmelderin äußern konnte.
Nach eingehender Prüfung der Argumente die Anmelderin hat das Amt entschieden, die Beanstandung wie zuletzt hinsichtlich folgender Waren und Dienstleistungen aufrechtzuerhalten:
Klasse 9 Bespielte Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art, soweit in Klasse 9 enthalten [ausgenommen unbelichtete Filme], insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, Video-Disks, Schallplatten, DAT-Bänder, Audio- und Videoplatten, Audio- und Videokassetten, Audio- und Videofilme sowie Audio- und Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs [DVDs] und andere digitale Aufzeichnungsträger; aufgezeichnete Daten; Computersoftware [gespeichert oder herunterladbar]; Apps [Software], nämlich Anwendungen für Smartphones, Tablet-PCs, E-Reader und sonstige mobile oder stationäre IT-Geräte [herunterladbar]; elektronische Publikationen [herunterladbar]; Audiodateien, Musikdateien sowie Bilddateien zum Herunterladen.
Klasse 35 Dienstleistungspräsentation im Internet zur Ehe- und Partnervermittlung; Verwaltung von Daten in Computerdatenbanken im Zusammenhang mit der Ehe- und Partnervermittlung; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung von Daten in Computerdatenbanken, insbesondere von Daten für die Auftragsannahme und Auftragsbearbeitung.
Klasse 38 Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet über Partnerschaftsvermittlung und auf Informationen über damit verwandte Produkte; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen [Web-Messaging]; Telefondienste, auch mittels einer Hotline oder eines Callcenters; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet, insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; elektronische Ausstrahlung, Sendung und Weiterleitung von Film-, Fernseh-, Kabelfernseh-, Rundfunk-, Videotext- Teletext-Programmen oder -sendungen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Telekommunikationsdienstleistungen zum Betrieb eines elektronischen Marktplatzes; Mobil-Funktelefondienste; E-Mail-Dienste; Telefaxdienste; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; drahtlose Ausstrahlung, elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation]; elektronische Nachrichtenübermittlung; Übermittlung digitaler Dateien; Übermittlung von Nachrichten, Bereitstellung des Zugriffs auf Daten und Informationen in Computernetzwerken hinsichtlich der in Klasse 45 benannten Dienstleistungen; Onlinedienste, nämlich Verschaffen des Zugriffs auf eine Partnerschaftsvermittlungsdatenbank; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Ausstrahlung von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen.
Klasse 41 Durchführung von Spielen im Internet; Filmvorführungen in Kinos.
Klasse 45 Von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, nämlich Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; Partnerschafts- und Eheberatung; Durchführung von Partnerschaftsanalysen; Vermittlung von Treffen zwischen unbekannten Personen für den Freizeitbereich; Internetbasierte Partnervermittlungsdienstleistungen; persönliche Beratung Alleinstehender in partnerschaftlichen Fragen.
Das Amt geht vorliegend nicht erneut auf bereits erörterte Argumente ein, sondern knüpft an diese an und geht in dieser Zurückweisung auf die Argumente die Anmelderin ein.
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV sind von der Eintragung ausgeschlossen „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.“
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass jedes der in Artikel 7 Absatz 1 UMV genannten Eintragungshindernisse voneinander unabhängig ist und getrennt geprüft werden muss. Außerdem sind die genannten Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem von ihnen zugrunde liegt. Das zu berücksichtigende Allgemeininteresse muss je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen (16/09/2004, C‑329/02 P, SAT/2, EU:C:2004:532, Rdnr. 25).
Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben als Unionsmarke verfolgt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV „das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen und Angaben, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Diese Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden“ (23/10/2003, C‑191/01 P, Doublemint, EU:C:2003:579, Rdnr. 31).
„Unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV fallen damit solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch aus Sicht der Verbraucher die Waren oder Dienstleistungen, die eingetragen werden sollen, entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können“ (26/11/2003, T‑222/02, Robotunits, EU:T:2003:315, Rdnr. 34).
Zum Zwecke der Beurteilung des beschreibenden Charakters ist festzustellen, ob aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und den Waren oder Dienstleistungen besteht, deren Eintragung beantragt wird (20/07/2004, T 311/02, Limo, EU:T:2004:245, Rndr. 30).
Obwohl die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft für alle Markenkategorien dieselben sind, nehmen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien nicht jede dieser Kategorien zwangsläufig in gleicher Weise wahr, weshalb es schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen (29/04/2004, C‑456/01 P & C‑457/01 P, Tabs, EU:C:2004:258, Rdnr. 38).
Ferner ist nach ständiger Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass die Wahrnehmung einer Marke durch die betroffenen maßgeblichen Verkehrskreise durch den Grad der Aufmerksamkeit dieser Kreise beeinflusst wird, der je nach der fraglichen Waren- oder Dienstleistungskategorie variieren kann (05/03/2003, T‑194/01, Soap device, EU:T:2003:53, Rdnr. 42; und 03/12/2003, T‑305/02, Bottle, EU:T:2003:328, Rdnr. 34).
Ein Zeichen, wie beispielsweise ein Slogan, das in der Regel andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfüllt, „ist nur dann unterscheidungskräftig im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können“ (05/12/2002, T‑130/01, Real People, Real Solutions, EU:T:2002:301, Rdnr. 20 ; und 03/07/2003, T‑122/01, Best Buy, EU:T:2003:183, Rdnr. 21).
Angesprochene Verkehrskreise
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den zu beanstandenden Waren und Dienstleistungen, die von der angemeldeten Marke erfasst werden, sowohl um an die breite Masse gerichtete Waren, die diese zu privaten Zwecken nutzt, als auch um Waren, die sich an den begrenzteren Adressatenkreis der Fachkreise richten. Je nach Art der betreffenden Waren und Dienstleistungen wird der Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise der von Durchschnittsverbrauchern sein, die durchschnittlich informiert, aufmerksam und verständig sind, oder er wird hoch sein, da Fachkreise Beschaffungen im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit regelmäßig besondere Aufmerksamkeit entgegen zu bringen pflegen und die angemeldeten Waren und Dienstleistungen für das Funktionieren eines Unternehmens besonders wichtig sind.
Erläuterung des Begriffs der angemeldeten Wortmarke „Alle 11 Minuten“
Die Marke besteht, wie bereits in der oben genannten Mitteilung dargestellt, aus der Wortkombination „ALLE 11 MINUTEN“, die von den maßgeblichen Verkehrskreisen verstanden wird als „einfach sicher leben“.
Da sich die Marke „ALLE 11 MINUTEN“ zudem aus deutschen Wörtern zusammensetzt, sind die maßgeblichen Verkehrskreise, in Bezug auf die das absolute Eintragungshindernis geprüft werden soll, deutschsprachig. (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, Rdnr. 26; und 27/11/2003, T-348/02, Quick, EU:T:2003:318, Rdnr. 30).
Art, Beschaffenheit oder beabsichtigter Zweck der Waren und Dienstleistungen
Die Anmelderin macht geltend, dass eine Beurteilung des potentiell beschreibenden Charakters eines Wortzeichens grundsätzlich anhand jeder der beanspruchten Waren und Dienstleistungen der Markenanmeldung erfolgen sollte. Grundsätzlich muss die zuständige Behörde, die die Eintragung einer Marke ablehnt, ihre Entscheidung in Bezug auf jede dieser Waren oder Dienstleistungen begründen (15/02/2007, BVBA Management, Training en Consultancy, C‑239/05, EU:C:2007:99, Rdnr. 34; 18/03/2010, CFCMCEE/HABM, C‑282/09 P, EU:C:2010:153, Rdnr. 37). „Soweit es sich um das letztgenannte Erfordernis handelt, hat der Gerichtshof allerdings klargestellt, dass sich die zuständige Behörde auf eine pauschale Begründung für alle betroffenen Waren und Dienstleistungen beschränken kann, wenn dasselbe Eintragungshindernis einer Kategorie oder einer Gruppe von Waren oder Dienstleistungen entgegengehalten wird (15/02/2007, BVBA Management, Training en Consultancy, C‑239/05, EU:C:2007:99, Rdnr. 37; 17/10/2013, Isdin/Bial-Portela, C‑597/12 P, EU:C:2013:672, Rdnr. 26). Der Gerichtshof hat sodann präzisiert, dass dies nur für Waren und Dienstleistungen gilt, die einen so direkten und konkreten Zusammenhang untereinander aufweisen, dass sie eine hinreichend homogene Kategorie oder Gruppe von Waren oder Dienstleistungen bilden (17/10/2013, C‑597/12 P, Isdin/Bial-Portela, EU:C:2013:672, Rdnr. 27).“ (17/05/2017, Deluxe Entertainment Services Group / EUIPO, C‑437/15 P, deluxe, Rdnr. 31)
Die Anmelderin macht weiterhin geltend, dass es sich bei der Wortfolge „Alle 11 Minuten“ um eine künstliche Wortkombination handele, die in Bezug auf die in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen keine auf der Hand liegende oder naheliegende beschreibende Bedeutung habe. Der deutsche Wortschatz kenne keine entsprechende Begrifflichkeit oder Redewendung. Es handele sich dabei vielmehr um eine Erfindung die Anmelderin und somit um eine künstliche Wortkombination.
Wie bereits in der ersten oben genannten Mitteilung erläutert, macht der Ausdruck „Alle 11 Minuten“ den Verbrauchern, unmittelbar und ohne dass sie darüber weiter nachdenken müssen, deutlich, dass die angemeldeten betreffenden Waren und Dienstleistungen solche sind, welche sich dadurch auszeichnen, dass alle 11 Minuten etwas Besonderes passiert. Hinsichtlich der Begründung mit Bezug auf hinreichend homogene Kategorien von Waren oder Dienstleistungen und entsprechende beispielhafte Erläuterungen zu den einzelnen Klassen wird auf die Beanstandungen verwiesen.
Um eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung, also einer künstlichen Wortkombination, oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, als beschreibend im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV ansehen zu können, genügt es nicht, dass für jeden dieser Bestandteile gegebenenfalls ein beschreibender Charakter festgestellt wird. Ein solcher Charakter muss auch für das Wort oder die Neuschöpfung festgestellt werden (12/01/2005, T 367/02 - T 369/02, SnTEM, SnPUR & SnMIX, EU:T:2005:3, Rndr. 31). Eine Marke, die aus einer sprachlichen Neuschöpfung oder einem Wort mit mehreren Bestandteilen besteht, von denen jedes Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, hat selbst einen die Merkmale dieser Waren oder Dienstleistungen beschreibenden Charakter im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen der Neuschöpfung, beziehungsweise dem Wort und der bloßen Summe ihrer Bestandteile besteht: dies setzt voraus, dass die Neuschöpfung, beziehungsweise das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der ihren Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht“ (12/01/2005, T 367/02 - T 369/02, SnTEM, SnPUR & SnMIX, EU:T:2005:3, Rndr. 32). Da es sich um eine Marke mit mehreren Bestandteilen handelt, ist sie für die Beurteilung ihrer Unterscheidungskraft in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Dies ist jedoch nicht unvereinbar damit, die einzelnen Elemente, aus denen die Marke besteht, nacheinander zu prüfen (19/09/2001, T 118/00, Tabs (3D), EU:T:2001:226, Rndr. 59). In dieser Hinsicht ist festzustellen, dass zunächst die einzelnen Bestandteile der Marke unionsmarkenrechtlich gewürdigt wurden. Auch wenn auf den hervorgerufenen Gesamteindruck abzustellen ist, bedeutet dies jedoch nicht, dass nicht zunächst die einzelnen Bestandteile der Marke nacheinander geprüft werden könnten. Es kann sich nämlich als zweckmäßig erweisen, im Zuge der Gesamtbeurteilung jeden einzelnen Bestandteil der betreffenden Marke zu untersuchen. Im Rahmen der Prüfung der einzelnen Bestandteile hat der Betroffene keinen Anspruch darauf, die Reihenfolge dieser Prüfung, den Grad der Aufgliederung dieser Elemente oder die verwendeten Ausdrücke zu bestimmen (25/10/2007, C 238/06 P, Plastikflaschenform, EU:C:2007:635, Rdnrn. 82 und 84). Dies reflektiert nicht eine zergliedernde Betrachtungsweise, die der Verkehr nicht anstellt, sondern dient nur der Darlegung, wie sich die Bedeutung der Marke in ihrer Gesamtheit ergibt und ist insoweit nur Ausdruck der juristischen Argumentation (14/06/2007, R 0154/2007-1, Conference-Cast, Rdnr. 12). Es ist schließlich klarzustellen, dass im Allgemeinen die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend bleibt (12/02/2004, C 363/99, Postkantoor, EU:C:2004:86, Rdnrn. 99-102). In diesem Sinne verhält es sich auch bei dem gegenständlichen Zeichen, denn sowohl die einzelnen Begriffe haben eine beschreibende Bedeutung für die fraglichen Waren und Dienstleistungen, als auch deren Kombination, deren Wortsinn nicht über die Kombination der einzelnen Begriffe hinausgeht, und entsprechend lediglich als alle 11 Minuten geschieht etwas verstanden wird. Zudem ist es gerade eine Grundvoraussetzung moderner Sprachen, dass Substantive und Zahlen kombiniert werden können, um so einen bestimmten Sachverhalt konkret beschreiben zu können. Daher ist es schlüssiger Weise nicht erforderlich, dass ein Lexikon der deutschen Sprache, jede erdenkliche Kombination von Begriffen oder diese als Redewendung festlegt. „Alle 11 Minuten“ entspricht als sinngebende Zusammenstellung von Begriffen den Regeln der deutschen Grammatik.
Erkennbar untypische Waren und Dienstleistungen in Bezug auf die Bezeichnung „Alle 11 Minuten“ sind nicht ersichtlich. Für eine Marke, deren Anmeldung nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV zurückzuweisen ist, „ist nicht vorauszusetzen, dass die Zeichen und Angaben, aus denen die in diesem Artikel genannte Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung bereits tatsächlich für die in der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen oder für ihre Merkmale beschreibend verwendet werden. Es genügt, wie sich schon aus dem Wortlaut der Bestimmung ergibt, dass die Zeichen oder Angaben zu diesem Zweck verwendet werden können. Ein Zeichen ist daher von der Eintragung auszuschließen, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen bezeichnet.“ (23/10/2003, C 191/01 P, Doublemint, EU:C:2003:579, Rndr. 32, Hervorhebung hinzugefügt.) Wie bereits oben erläutert, besteht die Marke aus dem Ausdruck „Alle 11 Minuten“, welcher vom betreffenden Verbraucher zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen als alle 11 Minuten passiert etwas verstanden wird, und somit als eines der Merkmale der in Frage stehenden Waren und Dienstleistungen begriffen wird. Zwar ist die Bezeichnung „Alle 11 Minuten“ kein Satz, sondern kondensiert lediglich die Aussage, dass alle 11 Minuten ein Ereignis eintritt. Für diese Aussage ist dementsprechend keine Satzstruktur erforderlich. Welches Ereignis eintreten mag, hängt mit Bezug auf die Waren und Dienstleistungen von deren Möglichkeiten ab, wie es bereits in den Beanstandungen erörtert worden ist.
In diesem Sinne ist die Anmelderin zwar insofern zuzustimmen, als dass „Alle 11 Minuten“ nicht die Waren und Dienstleistungen als solche beschreibt, jedoch kommt es darauf gar nicht an, denn eine Anmeldung ist auch dann zurückzuweisen, wenn der Ausdruck die Art, die Bestimmung oder den Zweck der Waren und Dienstleistungen, nämlich hier alle 11 Minuten geschieht etwas, beschreibt.
Daher besteht der Ausdruck „Alle 11 Minuten“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, Beschaffenheit und Bestimmung der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dienen können.
Mangelnde Unterscheidungskraft
Gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig im Sinne dieser Rechtsvorschrift sind nur solche Zeichen, die im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen in den Augen der angesprochenen Verbraucher geeignet erscheinen, die Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.
Die Anmelderin macht geltend, dass das Zeichen unter Berücksichtigung der geltenden Rechtsprechung und der Eintragungspraxis des EUIPO unterscheidungskräftig sei, und zwar unter anderem, weil es sich bei der Wortfolge „Alle 11 Minuten“ um einen Slogan oder einen Teil von diesem handele, der Originalität und Prägnanz aufweise, ein Mindestmaß an Interpretationsaufwand erfordere, zum Nachdenken anrege und bei den angesprochenen Verkehrskreisen einen Denkprozess auslöse. Zudem ergeben sich bei dem unklaren, unscharfen Begriff zahlreiche Deutungsvarianten und Interpretationsmöglichkeiten. Die Eignung einer angemeldeten Marke als Slogan spreche nicht gegen deren Unterscheidungskraft.
Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des fraglichen Wortzeichens den Verbraucher auf ein Merkmal der Waren und Dienstleistungen hinweist, welches deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen wahrgenommen werden wird (30/06/2004, T‑281/02, Mehr für Ihr Geld, EU:T:2004:198, Rdnr 31).
Wie bereits in der oben genannten Beanstandung erläutert, werden die maßgeblichen Verkehrskreise den Ausdruck „ALLE 11 MINUTEN“ als eine verkaufsfördernde, belobigende Aussage wahrnehmen, deren Funktion darin besteht eine Kundenaussage zu treffen. Der Verbraucher kann in einer solchen banalen Aussage keinen Hinweis auf eine bestimmte betriebliche Herkunft für die angemeldeten Waren und Dienstleistungen erkennen. Er wird insbesondere nicht überrascht sein, wenn ihm versprochen wird, dass die von ihm erworbenen gegenständlichen Waren und Dienstleistungen die Eigenschaft aufweisen, alle 11 Minuten etwas auf diese Bezogenes sich ereignen zu lassen.
Für alle beanstandeten Waren und Dienstleistungen ist das Zeichen insgesamt aus der Sicht der angesprochenen Verkehrskreise eine rein belobigende Sachaussage und ohne jeden Hinweis auf die kommerzielle Herkunft der Waren und Dienstleistungen. Obwohl eine Marke sowohl als Werbeslogan als auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden werden kann, werden im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt die maßgeblichen Verkehrskreise nicht dazu veranlasst werden, einen Hinweis auf eine besondere betriebliche Herkunft in dem Zeichen wahrzunehmen, der über die vermittelte Werbeaussage hinausgeht, die lediglich dazu dient, positive Aspekte der vertriebenen Waren und Dienstleistungen hervorzuheben, nämlich dass es sich um Waren und Dienstleistungen handelt, die versprechen, dass dank derselben alle 11 Minuten etwas geschieht (21/01/2010, C-398/08 P, Audi, EU:C:2010:29, Rdnr. 45; 12/07/2012, C-311/11 P, Smart Technologies, EU:C:2012:460, Rdnr. 34).
Der Ausdruck „ALLE 11 MINUTEN“ enthält auch keine Bestandteile, die es über seine offenkundig werbende und anpreisende Bedeutung hinaus den maßgebenden Verkehrskreisen ermöglichen könnten, sich dieses Zeichen ohne Weiteres und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die betreffenden Waren und Dienstleistungen einzuprägen (05/12/2002, T‑130/01, Real People, Real Solutions, EU:T:2002:301, Rdnr 28). Der Begriff ist weder unscharf noch unklar, sondern trifft eine Aussage, die kontextabhängig unterschiedliche Bezüge erstellen mag. Jedoch reicht die Tatsache, dass das fragliche Zeichen als phantasievoll, merkfähig, originell, prägnant, interpretationsbedürftig und zum Nachdenken anregend wahrgenommen werden kann, nicht aus, um das Zeichen als unterscheidungskräftig anzusehen. Diese verschiedenen Umstände können dem Zeichen nur Unterscheidungskraft verleihen, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen die Anmelderin wahrgenommen werden könnte, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen die Anmelderin ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können. (15/09/2005, T 320/03, Live richly, EU:T:2005:325, Rdnr. 84).
In diesem Sinne ist es allein maßgeblich, ob der relevante Verbraucher die Herkunftsfunktion des angemeldeten Zeichens erkennt. So nimmt der Gerichtshof regelmäßig in Fällen wie dem vorliegenden an, dass der relevante Verbraucher ein Zeichen, das in bestimmter Weise auf die Waren und Dienstleistungen hinweist, nicht als Marke erkennen wird (31/05/2007, R-0098/2007-1 1A Gesund, Rdnr. 29). Im Übrigen muss nach der für die Unionsmarke verbindlichen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes die Prüfung auf absolute Eintragungshindernisse streng, umfassend und vollständig sein, um eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu vermeiden und aus Gründen der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäßen Verwaltung sicherzustellen, dass Marken, deren Benutzung vor Gericht mit Erfolg entgegengetreten werden könnte, nicht eingetragen werden (06/05/2003, C-104/01, Libertel, EU:C:2003:244, Rdnr. 59, sowie 21/10/2004, C-64/02 P, DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT, Rdnr. 45 und 23/10/2007, T-405/04, Caipi, EU:T:2007:315, Rdnr. 63). Die Eignung der angemeldeten Marke als Slogan spricht folglich nicht gegen deren Unterscheidungskraft, sondern die Tatsache, dass das Zeichen nicht unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren und Dienstleistungen die Anmelderin wahrgenommen wird.
Hintergrund der Regelung der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b bis e UMV ist es zu vermeiden, dass ein einzelner Wirtschaftsteilnehmer einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch die Entstehung eines ausschließlichen Rechts an einem Zeichen, das allen frei zur Verfügung überlassen bleiben muss, erlangt. Im vorliegenden Fall muss der Ausdruck „Langhaarmädchen“ daher auch anderen Mitbewerbern freistehen. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Anwendung des Artikels 3 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie 89/104/EWG, welche dem Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV entspricht, nicht voraussetzt, dass ein konkretes, aktuelles oder ernsthaftes Freihaltebedürfnis besteht. (27/02/2002, T‑106/00, Streamserve, EU:T:2002:43, Rndr. 39).
Demzufolge besitzt die angemeldete Marke – „ALLE 11 MINUTEN“ – in ihrer Gesamtheit gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 7 Absatz 2 UMV keine Unterscheidungskraft und ist nicht geeignet, die angemeldeten Waren und Dienstleistungen von anderen zu unterscheiden.
Die
Anmelderin macht geltend, dass das EUIPO bereits zahlreiche
vergleichbare Marken eingetragen habe, die aus einer Zahl und dem
Wort „Minuten“ oder einer Zeitangabe bestehen, wie etwa
Unionsmarke Nr. 12951141
,
Unionsmarke Nr. 2073344
,
Unionsmarke Nr. 7530462 „2MINUTES“, Unionsmarke Nr. 9743352 „Ich
kann 24 Stunden“, Unionsmarke Nr. 12734281 „100 DAYS“.
Zu diesem Argument der Anmelderin weist das Amt darauf hin, dass nach ständiger Rechtsprechung die zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Unionsmarke keine Ermessensentscheidungen, sondern gebundene Entscheidungen sind. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Unionsmarke ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in der Auslegung durch den Unionsrichter zu beurteilen und nicht auf der Grundlage einer früheren Praxis des Amtes (15/09/2005, C‑37/03 P, BioID, EU:C:2005:547, Rdnr. 47; und 09/10/2002, T‑36/01, Glass pattern, EU:T:2002:245, Rdnr. 35). Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann (27/02/2002, T‑106/00, Streamserve, EU:T:2002:43, Rdnr. 67). In diesem Sinne sei angemerkt, dass die angeführten Eintragungen nicht mit der in Frage stehenden Anmeldung identisch sind. Sie enthalten zwar teilweise den Bestandteil „MINUTE“, weichen jedoch in ihren zusätzlichen Ziffern, Buchstaben oder Begriffen und in einigen Waren und Dienstleistungen von der Anmeldung ab. Die Erwägungen die zur Eintragung geführt haben, können zudem einer abweichenden Verwaltungspraxis unterfallen sein.
Behauptung durch Benutzung erlangter Unterscheidungskraft (Artikel 7 Absatz 3 UMV)
Die Anmelderin führt an, dass der Slogan „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über Parship“ bekannt sei und legt hierfür einige Auszüge von Internetseiten, Plakaten und Satire in Form von Screenshots vor, und schließt daraus, dass auch die Wortfolge „Alle 11 Minuten“ als Herkunftsnachweis erkannt werde.
Gemäß Artikel 7 Absatz 3 UMV finden die Vorschriften des Absatzes 1 Buchstaben b, c und d keine Anwendung, wenn die Marke für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat.
Das Amt hat die Anmelderin in seiner Beanstandung vom 07/08/2017 über die Voraussetzungen durch Benutzung erlangter Unterscheidungskraft in ihrer Beanstandung informiert.
Da die Hauptfunktion einer Marke darin besteht, den Ursprung der Waren und Dienstleistungen zu garantieren, ist die erworbene Unterscheidungskraft in Bezug auf die betreffenden Waren und Dienstleistungen zu beurteilen. Die Nachweise des Anmelders müssen daher eine Verbindung zwischen dem Zeichen und den Waren und Dienstleistungen, für die dieses Zeichen angemeldet wird, belegen und darlegen, dass die maßgeblichen Verkehrskreise oder zumindest ein beträchtlicher Teil dieser die Waren aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen (Urteile vom 04/05/1999, C-108/97 und C-109/97, Chiemsee, EU:C:1999:230, Rdnr. 52; 19/05/2009, T-211/06, Cybercrédit et al., EU:T:2009:160, Rdnr. 51).
Die Anmelderin hat bisher folgende Benutzungsnachweise eingereicht:
Screenshots der Internetseite der Anmelderin “Alle 11 Minuten Liebe”
Screenshots der Anmelderin von PARSHIP TV-Spots auf Youtube
Screenshots verschiedener Webseite, etwa gosee.de, mit Plakat-Werbeanzeigen der Anmelderin „Alle 11 Minuten verliebt sich ein Single über PARSHIP“
Screenshots humorvoller und satirischer Beiträge verschiedener Webseiten, die sich des Bestandteils „Alle 11 Minuten“ bedienen, um sich über die Werbung der Anmelderin lustig zu machen
Die eingereichten Benutzungsnachweise sind unzureichend und vermögen das Amt nicht von einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft zu überzeugen. Wenn es um eine Beanstandung wegen absoluter Eintragungshindernisse geht, die auf der Bedeutung des Wortlautes in einer bestimmten Sprache beruhen, ist die durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft für jeden Mitgliedstaat nachzuweisen, in dem diese Sprache Amtssprache ist (sowie für alle anderen Mitgliedstaaten oder Märkte, in denen diese verstanden wird). Für Deutsch sind dies Deutschland, Österreich, Luxemburg und Belgien. Vorliegend wurden lediglich verschiedene Screenshots von Internetseiten vorgelegt, bei denen es sich entweder um eigene Werbung der Anmelderin handelt oder um satirische Verwertung dieser Werbung durch Dritte. Aus diesen geht jedoch nicht hervor, welcher jeweilige Bevölkerungsanteil der EU die Bezeichnung „Alle 11 Minuten“ mit der Anmelderin im Zusammenhang mit den fraglichen Waren und Dienstleistungen in Verbindung bringt.
Für den Nachweis der durch Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft nach Artikel 7 Absatz 3 UMV gelten andere Anforderungen als für den Nachweis der ernsthaften Benutzung nach Artikel 42 Absatz 2 UMV. Während gemäß Artikel 7 Absatz 3 UMV die qualifizierte Benutzung nachgewiesen werden muss, das heißt, dass die maßgeblichen Verkehrskreise ein Zeichen, das an sich keine Unterscheidungskraft aufweist, als unterscheidungskräftig wahrnehmen, wird mit dem Nachweis der ernsthaften Benutzung ein vollkommen anderes Ziel verfolgt, namentlich die Einschränkung der eingetragenen und geschützten Marken und damit der Zahl der zwischen ihnen herrschenden Konflikte. Daher muss die Anmelderin der Unionsmarke Nachweise vorlegen, anhand derer das Amt feststellen kann, „dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt“ (Urteil vom 15/12/2015, T-262/04, Briquet à Pierre, EU:T:2005:463, Rdnr. 61, und die dort angeführte Rechtsprechung). Die Nachweise müssen eindeutig und überzeugend sein. Die Anmelderin der Unionsmarke muss alle erforderlichen Tatsachen eindeutig belegen, anhand derer zweifelsfrei festgestellt werden kann, dass die Marke als Herkunftsangabe verwendet wird, dass also die Benutzung der Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen eine Verbindung zu den von einem bestimmten Unternehmen angebotenen Waren oder Dienstleistungen geschaffen hat, obwohl das betreffende Zeichen ohne eine solche Benutzung keine ausreichende Unterscheidungskraft besäße, um diese Verbindung zu schaffen.
In diesem Sinne hätte die Anmelderin Benutzungsnachweise entsprechend den folgenden Voraussetzungen mit Bezug auf das relevante Territorium erbringen müssen. Gemäß Artikel 7 Absatz 3 UMV stehen die absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Verordnung der Eintragung einer Marke nicht entgegen, wenn diese für die Waren oder Dienstleistungen, für die die Eintragung beantragt wird, infolge ihrer Benutzung Unterscheidungskraft erlangt hat. Die Tatsache, dass das Zeichen, das die betreffende Marke bildet, von den maßgeblichen Verkehrskreisen tatsächlich als Angabe der betrieblichen Herkunft einer Ware oder einer Dienstleistung wahrgenommen wird, ist im Fall des Artikels 7 Absatz 3 UMV das Ergebnis einer wirtschaftlichen Anstrengung die Anmelderin der Marke. Dieser Umstand erlaubt es, die Erwägungen des Allgemeininteresses hintanzustellen, die Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d UMV zugrunde liegen und die verlangen, dass die von diesen Bestimmungen erfassten Zeichen von allen frei verwendet werden können, um einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil für einen einzelnen Wirtschaftsteilnehmer zu vermeiden. Insoweit ergibt sich aus der Rechtsprechung erstens, dass der Erwerb von Unterscheidungskraft durch Benutzung der Marke es erfordert, dass zumindest ein erheblicher Teil der maßgeblichen Verkehrskreise die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt. Jedoch können die Umstände, unter denen die Voraussetzung des Erwerbs von Unterscheidungskraft durch Benutzung als erfüllt anzusehen ist, nicht nur anhand von generellen und abstrakten Angaben, wie z. B. bestimmten Prozentsätzen, festgestellt werden. Zweitens muss für die Zulassung einer Marke zur Eintragung nach Artikel 7 Absatz 3 UMV die durch ihre Benutzung erlangte Unterscheidungskraft in dem wesentlichen Teil der Union nachgewiesen werden, in dem die Marke nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b bis d der Verordnung nicht unterscheidungskräftig wäre. Drittens sind für die Beurteilung, ob eine Marke im Einzelfall Unterscheidungskraft durch Benutzung erworben hat, Gesichtspunkte wie der von der Marke gehaltene Marktanteil, die Intensität, die geografische Verbreitung und die Dauer ihrer Benutzung, der Werbeaufwand des Unternehmens für die Marke, der Anteil der beteiligten Verkehrskreise, der die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennt, sowie Erklärungen von Industrie- und Handelskammern oder anderen Berufsverbänden zu berücksichtigen. Ist anhand dieser Gesichtspunkte festzustellen, dass die beteiligten Verkehrskreise oder zumindest ein erheblicher Teil von ihnen die Ware aufgrund der Marke als von einem bestimmten Unternehmen stammend erkennen, so ist daraus der Schluss zu ziehen, dass die Voraussetzung, die Artikel 7 Absatz 3 UMV für die Eintragung der Marke aufstellt, erfüllt ist. Viertens ist die Unterscheidungskraft einer Marke einschließlich der durch ihre Benutzung erworbenen Unterscheidungskraft in Bezug auf die Waren oder Dienstleistungen, für die die Marke angemeldet worden ist, sowie im Hinblick darauf zu beurteilen, wie ein normal informierter, aufmerksamer und verständiger Durchschnittsverbraucher die in Rede stehende Kategorie von Waren oder Dienstleistungen vermutlich wahrnimmt. (10/11/2004, T‑396/02, Karamelbonbon, EU:T:2004:329, Rdnr. 55-59; 04/05/1999, ‑108/97 & C‑109/97, Chiemsee, EU:C:1999:230, Rdnr. 52; 22/06/2006, C‑25/05 P, Bonbonverpackung, EU:C:2006:422, Rdnr. 75; und 18/06/2002, C‑299/99, Remington, EU:C:2002:377, Rdnr. 63).
Die eingereichten Benutzungsnachweise sind mithin unzureichend und vermögen das Amt nicht von einer durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft zu überzeugen. Zwar sind die Werbeplakate und Youtube Videos sowie die Satire Dritter recht unterhaltsam, jedoch handelt es sich bei dem in Frage stehenden Begriff um einen Deutschen. Daher ist es erforderlich, die Nachweise zumindest für den gesamten deutschsprachigen Raum zu erbringen. Dieser Aufforderung ist die Anmelderin nicht nachgekommen. Die bloße Behauptung erreichter Bekanntheit oder eines objektiv legitimen Interesses reicht nicht aus. Letzteres ergibt sich im Unionsmarkenrecht aus dem Nachweis durch Benutzung erlangter Unterscheidungskraft.
Im Übrigen verweist das Amt zu dem bisherigen und bereits behandelten Vorbringen zu Fragen der durch Benutzung erlangten Unterscheidungskraft auf seine Ausführungen in der ergänzenden Beanstandung.
Ergebnis
Aus den oben genannten Gründen und gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c UMV und Artikel 7 Absatz 2 UMV wird hiermit die Anmeldung für die Unionsmarke Nr. 15 482 011 für die folgenden Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen:
Klasse 9 Bespielte Ton-, Bild- sowie Datenträger aller Art, soweit in Klasse 9 enthalten [ausgenommen unbelichtete Filme], insbesondere Tonbänder, Kassetten, CDs, Video-Disks, Schallplatten, DAT-Bänder, Audio- und Videoplatten, Audio- und Videokassetten, Audio- und Videofilme sowie Audio- und Videobänder, Disketten, CD-ROMs, Digital Versatile Discs [DVDs] und andere digitale Aufzeichnungsträger; aufgezeichnete Daten; Computersoftware [gespeichert oder herunterladbar]; Apps [Software], nämlich Anwendungen für Smartphones, Tablet-PCs, E-Reader und sonstige mobile oder stationäre IT-Geräte [herunterladbar]; elektronische Publikationen [herunterladbar]; Audiodateien, Musikdateien sowie Bilddateien zum Herunterladen.
Klasse 35 Dienstleistungspräsentation im Internet zur Ehe- und Partnervermittlung; Verwaltung von Daten in Computerdatenbanken im Zusammenhang mit der Ehe- und Partnervermittlung; Systematisierung und Zusammenstellung von Daten in Computerdatenbanken; Aktualisierung von Daten in Computerdatenbanken, insbesondere von Daten für die Auftragsannahme und Auftragsbearbeitung.
Klasse 38 Telekommunikation; Bereitstellung des Zugriffs auf Informationen im Internet über Partnerschaftsvermittlung und auf Informationen über damit verwandte Produkte; elektronischer Austausch von Nachrichten mittels Chatlines, Chatrooms und Internetforen; Bereitstellung von Telekommunikationskanälen für Ehe- und Partnerschaftsvermittlung, Weiterleiten von Nachrichten aller Art an Internet-Adressen [Web-Messaging]; Telefondienste, auch mittels einer Hotline oder eines Callcenters; Telekommunikation mittels Plattformen und Portalen im Internet, insbesondere mittels eines Online-Informationscenters für die Kundenbetreuung im Zusammenhang mit Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; elektronische Übertragung und Weiterleitung von Tönen, Bildern, Dokumenten, Nachrichten und Daten; elektronische Ausstrahlung, Sendung und Weiterleitung von Film-, Fernseh-, Kabelfernseh-, Rundfunk-, Videotext- Teletext-Programmen oder -sendungen; Bereitstellen des Zugriffs auf ein weltweites Computernetzwerk; Telekommunikationsdienstleistungen zum Betrieb eines elektronischen Marktplatzes; Mobil-Funktelefondienste; E-Mail-Dienste; Telefaxdienste; Bereitstellung des Zugriffs auf Datenbanken in Computernetzwerken; drahtlose Ausstrahlung, elektronische Anzeigenvermittlung [Telekommunikation]; elektronische Nachrichtenübermittlung; Übermittlung digitaler Dateien; Übermittlung von Nachrichten, Bereitstellung des Zugriffs auf Daten und Informationen in Computernetzwerken hinsichtlich der in Klasse 45 benannten Dienstleistungen; Onlinedienste, nämlich Verschaffen des Zugriffs auf eine Partnerschaftsvermittlungsdatenbank; Vermietung der Zugriffszeit zu Datenbanken; Ausstrahlung von Rundfunk-, Fernseh- und Hörfunksendungen.
Klasse 41 Durchführung von Spielen im Internet; Filmvorführungen in Kinos.
Klasse 45 Von Dritten erbrachte persönliche und soziale Dienstleistungen betreffend individuelle Bedürfnisse, nämlich Ehe- und Partnerschaftsvermittlung; Partnerschafts- und Eheberatung; Durchführung von Partnerschaftsanalysen; Vermittlung von Treffen zwischen unbekannten Personen für den Freizeitbereich; Internetbasierte Partnervermittlungsdienstleistungen; persönliche Beratung Alleinstehender in partnerschaftlichen Fragen.
Die Anmeldung wird für die verbleibenden Waren und Dienstleistungen fortgesetzt.
Gemäß Artikel 67 UMV können Sie gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.
Frank MANTEY