Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 947 037


bonprix Handelsgesellschaft mbH, Haldesdorfer Straße 61, 22179, Hamburg, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Nicola Franzky, c/o Otto (GmbH & Co KG), Werner-Otto-Straße 1-7, 22179, Hamburg, Deutschland (angestellte Vertreterin)


g e g e n


Shang Hai Zhuo Yun Intl Trading Co.,Ltd, Flat 33 Cadnam Lodge, 34 schooner close, E14 3GQ London, Vereinigtes Königreich (Anmelderin)


Am 04/08/2021 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Dem Widerspruch Nr. B 2 947 037 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben, und zwar


Klasse 25 Schuhwaren; Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen.


2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 16 945 404 wird für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Waren weitergeführt werden.


3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 320 EUR festgesetzt werden.


VORBEMERKUNG


Mit Wirkung vom 01/10/2017 wurden die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 und Verordnung (EG) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431 (UMDV), unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Mit Wirkung vom 14/05/2018 wurden ferner die Delegierte Verordnung (EU) 2017/1430 und die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1431 kodifiziert und durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/625 und die Durchführungsverordnung (EU) 2018/626 aufgehoben. Alle Bezugnahmen auf die UMV, DVUM und UMDV der vorliegenden Entscheidung sollen als Bezugnahmen auf die sich aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen verstanden werden, außer wenn dies ausdrücklich anders angegeben ist.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 16 945 404 (Bildmarke ) ein, und zwar alle Waren der Klasse 25. Der Widerspruch beruht auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 10 500 619 (Bildmarke ). Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.


  1. Die Waren


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:


Klasse 25 Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen.


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:


Klasse 25 Schuhwaren; Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen.


Die Waren sind identisch.



  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum. Der Aufmerksamkeitsgrad wird durchschnittlich sein.



  1. Die Zeichen




Ältere Marke


Angefochtene Marke



Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C‑514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.


Die Elemente RAINBOW und UNICORN der Zeichen haben eine Bedeutung in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Ländern, in denen Englisch verstanden wird. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Englisch spricht.


Das Element RAINBOW beider Marken bedeutet „Regenbogen“. Es ist für das relevante Publikum weder beschreibend noch anspielend in Hinblick auf die fraglichen Waren und ist somit kennzeichnungskräftig.


Die bildliche Gestaltung der älteren Marke beschränkt sich auf eine minimale und rein dekorative Stilisierung des Buchstabens „A“. Diese ist nicht unterscheidungskräftig.


Das Element UNICORN des angefochtenen Zeichens bedeutet „Einhorn“. Es ist für das relevante Publikum weder beschreibend noch anspielend in Hinblick auf die fraglichen Waren und ist somit kennzeichnungskräftig.


Das angefochtene Zeichen verfügt des Weiteren über zwei Bildelemente, welche über den Wortelementen angeordnet sind, nämlich eine stilisierte Darstellung eines Einhornkopfs mit wellenförmiger Unterstreichung und die Darstellung eines Regenbogens. Sie sind weder banal noch haben sie eine Bedeutung in Hinblick auf die fraglichen Waren und sind damit kennzeichnungskräftig. Die Stilisierung der Buchstaben der Wortelemente RAINBOW UNICORN ist hingegen rein dekorativ und daher nicht unterscheidungskräftig.


Die Bildelemente der angefochtenen Marke (Darstellung eines Einhornkopfs in Verbindung mit der Darstellung eines Regenbogens) dominieren die Wortelemente der Marke visuell durch ihre Position und Größe.


Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T‑312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).


Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie zudem im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.


Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf das kennzeichnungskräftige Wortelement RAINBOW in beiden Zeichen überein. Sie unterscheiden sich in Hinblick auf das weitere kennzeichnungskräftige Wort UNICORN der angefochtenen Marke sowie die jeweilige graphische Gestaltung der Marken, deren Unterscheidungskraft variiert, wie oben beschrieben.


Die Zeichen sind daher bildlich unterdurchschnittlich ähnlich.


In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben RAINBOW überein und unterscheidet sich im Klang der Buchstaben UNICORN, welche nur in der angefochtenen Marke vorhanden sind. Die Bildelemente werden nicht ausgesprochen.


Die Zeichen sind daher klanglich durchschnittlich ähnlich.


Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Die Zeichen stimmen in Hinblick auf die Bedeutung von RAINBOW (Regenbogen) überein wohingegen das weitere Konzept UNICORN (Einhorn) der angefochtenen Marke keine Entsprechung in der älteren Marke hat. Angesichts der Tatsache, dass die graphischen Elemente der angefochtenen Marke (Darstellung eines Einhornkopfs und Darstellung eines Regenbogens) lediglich die bereits dargelegte Bedeutung der Wortelemente RAINBOW und UNICORN verbildlichen, haben sie keinen weitergehenden Einfluss auf den begrifflichen Vergleich.


Die Zeichen sind somit begrifflich durchschnittlich ähnlich.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich, trotz der Präsenz nicht kennzeichnungskräftiger Aspekte in der Marke (Stilisierung des Buchstabens „A“), wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.


Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C‑39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).


Die Waren sind identisch, die Zeichen ähneln sich bildlich unterdurchschnittlich, siesind klanglich und begrifflich durchschnittlich ähnlich, die Aufmerksamkeit des relevanten Verkehrs ist durchschnittlich und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal.


In Bekleidungsgeschäften können die Kunden im Allgemeinen die Bekleidung, die sie kaufen wollen, selbst auswählen oder werden dabei vom Verkaufspersonal unterstützt. Mündliche Bezugnahmen auf das Produkt und die Marke sind zwar nicht ausgeschlossen, die Wahl des Kleidungsstücks erfolgt aber im Allgemeinen visuell. Daher erfolgt die visuelle Wahrnehmung der betroffenen Marken im Allgemeinen vor dem Kauf. Dementsprechend spielt der visuelle Aspekt bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine größere Rolle (06/10/2004, T‑117/03 ‑ T‑119/03 & T‑171/03, NL, EU:T:2004:293, § 50).


Zwar ist die bildliche Ähnlichkeit der Zeichen vorliegend nur unterdurchschnittlich; es besteht für identische Waren jedoch trotzdem Verwechslungsgefahr da die ältere Marke in ihrer Gesamtheit als unabhängiges kennzeichnungskräftiges Element am Zeichenanfang der angefochtenen Marke enthalten ist und durch die festgestellte Übereinstimmung zudem eine begriffliche Verbindung zwischen den Zeichen begründet wird.


Trotz der zusätzlichen Elemente der angefochtenen Marke ist es in der Folge daher durchaus denkbar, dass der relevante Verbraucher die angefochtene Marke als Untermarke wahrnimmt, d. h. als Abwandlung der älteren Marke, die je nach Art der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen verschiedene Gestaltungen aufweist (23/10/2002, T104/01, Fifties, EU:T:2002:262, § 49).


Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim englischsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.


Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 10 500 619 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.



KOSTEN


Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind. Im vorliegenden Fall hat die Widersprechende keinen zugelassenen Vertreter in Sinne von Artikel 120 UMV bestellt. Daher sind keine Vertretungskosten angefallen.





Die Widerspruchsabteilung


Konstantinos MITROU


Tobias KLEE

Lars HELBERT




Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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