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Widerspruchsabteilung |
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WIDERSPRUCH Nr. B 3 062 534
Ringana GmbH, Schloss Hartberg, Herrengasse 1, 8230 Hartberg, Österreich (Widersprechende), vertreten durch Rechtsanwälte Lintl, Renger Partnerschaft mbB, Nymphenburger Str. 20a, 80335 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Cell Star Kosmetik GmbH, Panoramaweg 3f, 8501 Lieboch, Österreich (Anmelderin) vertreten durch Julia Eckhart, Hofgasse 3, 8010 Graz, (zugelassener Vertreter).
Am 08.04.2020 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem
Widerspruch Nr. B
2. Die
Unionsmarkenanmeldung Nr.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die
Widersprechende legte Widerspruch gegen
alle
Waren
der Unionsmarkenanmeldung Nr.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Die Waren
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
Klasse 3: Seifen; Parfümeriewaren; ätherische Öle; Mittel zur Körper- und Schönheitspflege.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:
Klasse 3: Mittel zur Körper- und Schönheitspflege; Kosmetika; Cremes zur Handpflege; Cremes für das Gesicht; Cremes für die Haut; Kosmetische Cremes und Lotionen; Kosmetische Cremes für die Haut; Cremes für die Gesichts- und Körperpflege; Lotionen für kosmetische Zwecke; Lotionen für die Schönheitspflege; Lotionen für die Gesichts- und Körperpflege.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Das Argument der Anmelderin, die Waren Mittel zur Körper- und Schönheitspflege der Widersprechenden seien zu unkonkret und hätten außer Acht zu bleiben, ist nicht stichhaltig, da diese Waren ausreichend konkretisiert sind und daher nicht in die Kategorie unbestimmter Begriffe fallen.
Angefochtene Waren
Die angefochtenen Mittel zur Körper- und Schönheitspflege sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.
Die angefochtenen Kosmetika; Cremes zur Handpflege; Cremes für das Gesicht; Cremes für die Haut; Kosmetische Cremes und Lotionen; Kosmetische Cremes für die Haut; Cremes für die Gesichts- und Körperpflege; Lotionen für kosmetische Zwecke; Lotionen für die Schönheitspflege; Lotionen für die Gesichts- und Körperpflege sind in der weiter gefassten Kategorie der Mittel zur Körper- und Schönheitspflege der Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihr. Deshalb sind sie identisch.
Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren, bei denen es sich um Waren des täglichen Gebrauchs handelt, an das breite Publikum. Der Umstand, dass es im Bereich der Schönheits- und Pflegeprodukte ein überwältigendes Angebot gibt, führt im Gegensatz der Auffassung der Anmelderin nicht dazu, dass die Verbraucher solche Produkte mit erhöhter Aufmerksamkeit auswählen würden. Im Gegenteil, dieses Argument der Anmelderin belegt vielmehr, dass es sich bei diesen Produkten um Massenwaren des täglichen Gebrauchs handelt.
Der Aufmerksamkeitsgrad ist durchschnittlich.
Die Zeichen
ADDS |
ADDMIXX |
Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C‑251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C‑514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Das Element MIXX hat eine Bedeutung in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Ländern, in denen Deutsch verstanden wird. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Deutsch spricht. Dies ist das best-case Szenario für die Widersprechende, da so die Wahrscheinlichkeit einer Verwechslungsgefahr höher ist.
Die ältere Wortmarke „ADDS“ hat für das relevante Publikum keine Bedeutung und ist somit normal kennzeichnungskräftig.
Das angefochtene Zeichen ist ebenfalls eine Wortmarke und besteht aus den Buchstaben „ADDMIXX“. Die relevanten Verbraucher werden bei der Wahrnehmung eines verbalen Zeichens dieses in Bestandteile zerlegen, die eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihnen bekannten Wörtern ähnlich sind (13/02/2007, T 256/04- ‚Respicur, EU:T:2007:46 ‚§ 57;13/02/2008, T- 146/06, Aturion, EU:T:2008:33 ‚§ 58). Daher werden die Verbraucher die angefochtene Marke als die Elemente „ADD“ und „MIXX“ wahrnehmen, da „MIXX“ im Deutschen als Hinweis auf Mischung oder mischen verstanden werden wird (siehe so auch analog Entscheidung der Beschwerdekammer vom 25/05/2010, R944/2009-4, Preiselmix/Preiselsan). Der weitere Buchstabe „X“ im angefochtenen Zeichen ändert an dieser Wahrnehmung nichts, da dies nur eine werbemäßige Gestaltung dieses Elements ist und nicht vom Sinngehalt als Mischung oder mischen ablenkt.
Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich „Schönheitspflege“ zuzuordnen sind, ist dieses Element schwach für diese Waren, da sie aus verschiedenen Bestandteilen zusammengemischt sind.
Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf das erste Element eines Zeichens zu konzentrieren. Gerechtfertigt wird dies durch die Tatsache, dass das Publikum von links nach rechts liest, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst lenkt.
Bildlich und klanglich stimmen die Zeichen am Anfang in Bezug auf „ADD“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf ihre Endungen, nämlich „S“ in der älteren Marke und „MIXX“ im angefochtenen Zeichen. Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass das Element „MIXX“ im angefochtenen Zeichen nur über eine schwache Kennzeichnungskraft verfügt, sind die Zeichen daher stark ähnlich.
Begrifflich hat, obwohl das Publikum im relevanten Gebiet die Bedeutung des Elements „MIXX“ des strittigen Zeichens wahrnehmen wird, wie oben erklärt, das andere Zeichen keine Bedeutung in diesem Gebiet. Da eines der Zeichen keine Bedeutung hat, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist nicht davon auszugehen, dass das relevante deutschsprachige Publikum die ältere Marke als das englische Wort „add“ verstehen wird, da die älteren Marke einerseits „ADDS“ lautet und andererseits das Verb „to add“ nicht zum englischen Grundwortschatz gehört. Auf die Frage der Kennzeichnungskraft des angefochtenen Zeichens kommt es im Widerspruchsverfahren nicht an.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Das Vorliegen einer Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Diese Beurteilung impliziert eine bestimmte Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der mit diesen gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil vom 22/06/1999, C-342/97, „Lloyd“, Rdn. 18 und 19). Die Verwechslungsgefahr ist umso größer, je größer sich die Kennzeichnungskraft der älteren Marke darstellt (Urteil vom 11/11/1997, C-251/95, „Sabèl“, Rdn. 24).
Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
Im vorliegenden Fall wurden die Waren für identisch befunden. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist als normal anzusehen. Wie unter c) dargelegt, hat die Widerspruchsabteilung den Schwerpunkt der Prüfung auf den deutschsprachigen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise gelegt.
Wie ebenfalls unter c) erörtert, stimmen die Zeichen am Wortanfang in drei Buchstaben überein, wobei die weiteren Buchstaben „MIXX“ im angefochtenen Zeichen nur eine schwache Unterscheidungskraft haben, was zu einer starken bildlichen und klanglichen Ähnlichkeit führt.
Wie bereits ausgeführt, muss bei der Beurteilung des Vorliegens von Verwechslungsgefahr der hier gegebenen Übereinstimmung bezüglich der am Zeichenanfang befindlichen Buchsstaben „ADD“ besonderes Gewicht zugemessen werden.
Bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr ist zudem von dem Erfahrungssatz auszugehen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (22/06/1999, C 342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Es kann im vorliegenden Fall nicht davon ausgegangen werden, dass die Verkehrskreise dem Umstand, dass die angefochtene Marke über einen von der älteren Marke abweichenden weiteren Wortbestandteil („MIXX“) verfügt, welcher aus den unter c) dargelegten Gründen kennzeichnungsschwach ist, besondere Aufmerksamkeit schenken wird.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass die Abweichungen zwischen den Zeichen nicht ausreichen, um angesichts der festgestellten Ähnlichkeiten, insbesondere der Identität der Waren und dem durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrad der relevanten Verbraucher, zuverlässig die Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim deutschsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Demgemäß ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 15 919 012 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.
KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Beatrix STELTER |
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Lars HELBERT |
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.