WIDERSPRUCHSABTEILUNG
WIDERSPRUCH Nr. B 3 105 386
Hartwig Komar, Hamelner Str. 48, 28215 Bremen, Deutschland (Widersprechender), vertreten durch Peter Kehl, Maxim-Gorki-Str. 10, 06114 Halle, Deutschland (zugelassener Vertreter)
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Nektar Entertainment Group, LLC, 7 Deer Park Road, 08833 Lebanon, Vereinigte Staaten von Amerika (Anmelderin), vertreten durch Meissner Bolte Patentanwälte Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Widenmayerstraße 47, 80538 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).
Am 28.04.2021, trifft die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. |
Dem Widerspruch Nr. B 3 105 386 wird für alle angefochtenen Dienstleistungen stattgegeben. |
2. |
Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 18 130 220 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen. |
3. |
Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden. |
BEGRÜNDUNG:
Am
06.12.2019 legte der Widersprechende Widerspruch gegen alle
Dienstleistungen (der Klasse 41) der Unionsmarkenanmeldung
Nr. 18 130 220 (Bildmarke
) ein. Der
Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung
Nr. 302 018 225 754 (Bildmarke
).
Der Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b
UMV.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Der Widerspruch basiert u.a. auf den folgenden Dienstleistungen:
Klasse 41: Aufführungen von Musik.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Dienstleistungen:
Klasse 41: Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Live-Musikdarbietungen von Einzelpersonen oder Musikgruppen.
Eine Auslegung des Wortlautes des Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Dienstleistungen zu bestimmen.
Das Wort „nämlich“, welches im Dienstleistungsverzeichnis der Anmelderin benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Dienstleistungen zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Dienstleistungen.
Die angefochtenen Dienstleistungen Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Live-Musikdarbietungen von Einzelpersonen oder Musikgruppen sind in der weiter gefassten Kategorie der Dienstleistungen Aufführungen von Musik des Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit ihr. Deshalb sind sie identisch.
b) Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Dienstleistungen an das breite Publikum.
Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.
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Das relevante Gebiet ist Deutschland.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Die in der angefochtenen Marke verwendete Schriftart ist Standardschrift und banal.
Die angefochtene Marke besteht aus einem Wort in Standardschrift (NEKTAR). Dieser Font kann als banal erachtet werden und erzeugt keine Kennzeichnungskraft per se. Dasselbe Wortelement ist in weißen Kleinbuchstaben und leicht stilisierter Art auf einem banalen schwarzen Hintergrund in der älteren Marke abgebildet. Die Gestaltungselemente gelten auch als nicht kennzeichnungskräftig, entgegen der Ansicht der Anmelderin.
Das Wort Nektar (nektar/NEKTAR) bezeichnet im Deutschen u.a. ein Fruchtgetränk bzw. die Flüssigkeit einer Blüte. Im Hinblick auf die relevanten Dienstleistungen ist dieses Wort voll kennzeichnungskräftig, weil es keinen Bezug zu den Dienstleistungen aufweist.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „nektar“ überein, sie unterscheiden sich in der Groß- bzw. Kleinschreibung und in der sehr geringen graphischen Gestaltung der älteren Marke.
Die Zeichen sind daher stark ähnlich.
In klanglicher Hinsicht sind die Zeichen identisch.
Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da beide Zeichen als Saftgetränk bzw. Blütensaft wahrgenommen werden, sind die Zeichen begrifflich identisch.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
d) Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Der Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass seine Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz mehrerer nicht kennzeichnungskräftiger Elemente in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.
e) Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Dienstleistungen sind, entgegen der Ansicht der Anmelderin, identisch. Die Zeichen sind klanglich und begrifflich identisch und bildlich stark ähnlich. Der Aufmerksamkeitsgrad ist durchschnittlich und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist normal.
Es ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat (22/06/1999, C-342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Die Anmelderin erklärte, dass der Widersprechende bei der Anmeldung der älteren deutschen Marke bösgläubig war. Dies ist jedoch kein Punkt, der mittels dieses Widerspruchsverfahren behandelt werden kann. Die Widerspruchsabteilung bezieht sich im laufenden Verfahren auf eine eingetragene deutsche Marke, die Gültigkeit besitzt. Allein dies ist ausschlaggebend.
Da die Dienstleistungen identisch sind und die Zeichen auf zwei Ebenen (klanglich und begrifflich) ebenso und auf der dritten Ebene (bildlich) stark ähnlich, kann Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen selbstverständlich nicht ausgeschlossen werden.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 302 018 225 754 des Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss.
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle dem Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Ivo TSENKOV |
Lars HELBERT |
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.