LÖSCHUNGSABTEILUNG




LÖSCHUNG Nr. 12 322 C (NICHTIGKEIT)


Nyos Aquatics GmbH, Daimlerstraße 27, 70825 Korntal-Münchingen, Deutschland (Antragstellerin), vertreten von Heussen Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Seidenstraße 19, 70174 Stuttgart, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Claude Schuhmacher, Gottlieb-Binder-Str. 9, 71088 Holzgerlingen, Deutschland (Inhaber der Unionsmarke), vertreten von Knebl, Schnaubert & Partner Rechtsanwälte, Stadtgrabenstr. 22, 71032 Böblingen, Deutschland (zugelassener Vertreter).



Am 27/09/2016 trifft die Löschungsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG


1. Dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit wird stattgegeben.


2. Die Unionsmarke Nr. 9 481 706 wird vollständig für nichtig erklärt.


3. Der Inhaber der Unionsmarke trägt die Kosten, die auf 1 150 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG


Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke Nr. 9 481 706 „BALLING“ (Wortmarke) (nachstehend die Unionsmarke genannt) eingereicht. Der Antrag richtet sich gegen alle Waren und Dienstleistungen, die von der Unionsmarke erfasst werden, nämlich gegen:


Klasse 1: Salze, Salze (chemische Erzeugnisse); Kalziumsalze und Karbonate.


Klasse 40: Wasseraufbereitung; Dienstleistungen und Beratungen im Zusammenhang mit Wasseraufbereitung und Wasseraufbereitungssystemen.



Die Antragstellerin beruft sich auf Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a UMV in Verbindung mit Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben  c UMV.



ZUSAMMENFASSUNG DER ARGUMENTE DER PARTEIEN



Die Antragstellerin trägt vor, dass vorliegend ein Freihaltebedürfnis bestehe. Die Unionsmarke „BALLING“ sei eine glatt beschreibende Angabe. Es handele sich hierbei um die Bezeichnung einer wissenschaftlich anerkannten Methode im Bereich der Aquaristik. Konkret bezeichne dieser Begriff eine Methode, ein Aquarium mit den Mineralien Calcium, Magnesium, Carbonaten und Spurenelementen zu versorgen. Diese Methode wurde von Hans-Werner Balling entwickelt und setzte sich ab Mitte der 90-er Jahre durch.


Der Begriff „Balling-Methode“ sei dementsprechend auch in zahlreichen Fachbüchern und Veröffentlichungen anzufinden.


Zur Stützung dieser Ausführungen hat die Antragstellerin folgende Unterlagen eingereicht:


  • Balling, H-W. (1994): Kalkwasser für das Riffaquarium. Aus DATZ 8(94), S. 523-525

  • Balling, H.-W. (2002): Die Balling-Methode – Calciumhydrogencarbonat-Zufuhr. Aus: Koralle Nr. 14, April/Mai 2002, S 72-75

  • Brockmann, D. (2008): Kalziumgehalt. Aus: Das Meerwasser-Aquarium – Von der Planung bis zur erfolgreichen Pflege, S. 90 ff

  • Delbeek, J./Sprung, J. (2005): Balling Method. Aus: The Reef Aquarium – Science, Art and Technology, USA, S. 223

  • Glaser, A. (2003): Calcium und Karbonathärte. Aus: Meerwasseraquarianer 3/2003, S. 58-65

  • Glaser, A. (2008a): 7.3 Calcium und Carbonatversorgung. Aus: Ratgeber Meerwasserchemie – Theorie und Praxis für Aquarianer, S. 63-68

  • Glaser, A. (2008): Balling-Methode, erweiterte Balling-Methode, Balling light, Balling extra, Balling XY…Aus: Ratgeber Meerwasserchemie – Theorie und Praxis für Aquarianer, S. 63

  • Kokott, J: (2003) Die Balling Methode. Ausdruck aus der Internetseite www.korallenriff.de

  • Ott, S. (2003): Die Balling-Methode… Ausdruck aus der Internetseite www.korallenriff.de

  • Schönrock, H.(2007): Reinstsalze: Aqua Reinstsalze für die Ballingmethode. Ausdruck aus der Internetseite www.korallenriff.de




Der Inhaber der Unionsmarke reichte keine Stellungnahme ein.



ABSOLUTE NICHTIGKEITSGRÜNDE – ARTIKEL 52 ABSATZ 1 BUCHSTABE A IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 7 UMV


Gemäß Artikel 52 Absatz 1 Buchstabe a und Absatz 3 UMV wird eine Unionsmarke auf Antrag beim Amt für nichtig erklärt, wenn sie entgegen den Bestimmungen von Artikel 7 UMV eingetragen worden ist. Liegt ein Nichtigkeitsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für welche die Unionsmarke eingetragen ist, so kann sie nur für diese Waren oder Dienstleistungen für nichtig erklärt werden.


Ferner folgt aus Artikel 7 Absatz 2 UMV, dass Artikel 7 Absatz 1 UMV auch dann Anwendung findet, wenn die Eintragungshindernisse nur in einem Teil der EU vorliegen.


Bezüglich der Beurteilung der absoluten Eintragungshindernisse gemäß Artikel 7 UMV, die bereits vor Eintragung der Unionsmarke von Amts wegen geprüft worden sind, führt die Löschungsabteilung grundsätzlich keine eigene Recherchen durch, sondern beschränkt sich auf eine Analyse der Tatsachen und Argumente, die von den Parteien des Nichtigkeitsverfahrens vorgebracht werden.


Die Beschränkung auf eine Prüfung der ausdrücklich vorgebrachten Tatsachen schließt jedoch nicht aus, dass die Löschungsabteilung ihrer Beurteilung darüber hinaus allgemein bekannte Tatsachen zugrunde legt, d. h. Tatsachen, die jedermann bekannt sein dürften oder aus allgemein zugänglichen Quellen stammen.


Diese Tatsachen und Argumente müssen zwar aus dem Zeitraum stammen, in dem die Unionsmarke angemeldet wurde. Tatsachen aus einem darauf folgenden Zeitraum können jedoch ebenfalls herangezogen werden um die Situation zum Zeitpunkt der Anmeldung zu bewerten (23/04/2010, C‑332/09 P, Flugbörse, EU:C:2010:225, § 41 und 43).



Beschreibender Charakter – Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV


Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV sind von der Eintragung ausgeschlossen „Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können.“


Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass jedes der in Artikel 7 Absatz 1 UMV genannten Eintragungshindernisse voneinander unabhängig ist und getrennt geprüft werden muss. Außerdem sind die genannten Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem von ihnen zugrunde liegt. Das zu berücksichtigende Allgemeininteresse muss je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen (16/09/2004, C‑329/02 P, SAT/2, EU:C:2004:532, § 25).


Mit dem Ausschluss solcher Zeichen oder Angaben als Unionsmarke verfolgt Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c UMV das im Allgemeininteresse liegende Ziel, dass Zeichen und Angaben, die Waren oder Dienstleistungen beschreiben, für die die Eintragung beantragt wird, von jedermann frei verwendet werden können. Diese Bestimmung erlaubt es daher nicht, dass solche Zeichen oder Angaben durch ihre Eintragung als Marke einem einzigen Unternehmen vorbehalten werden (23/10/2003, C‑191/01 P, Doublemint, EU:C:2003:579, § 31).


Unter Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c [GMV] fallen damit solche Zeichen und Angaben, die im normalen Sprachgebrauch aus Sicht der Verbraucher die Waren oder Dienstleistungen, die eingetragen werden sollen, entweder unmittelbar oder durch Hinweis auf eines ihrer wesentlichen Merkmale bezeichnen können“ (Urteil vom 26.11.2003, T‑222/02, „ROBOTUNITS“, Randnummer 34). Es spielt … keine Rolle, ob die Merkmale der Waren oder Dienstleistungen, die beschrieben werden können, wirtschaftlich wesentlich oder nebensächlich sind. Der Wortlaut von [Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c GMV] unterscheidet nicht danach, welche Merkmale die Zeichen oder Angaben, aus denen die Marke besteht, bezeichnen können. Tatsächlich muss angesichts des dieser Bestimmung zugrunde liegenden Allgemeininteresses jedes Unternehmen solche Zeichen oder Angaben frei nutzen können, um ein beliebiges Merkmal seiner eigenen Waren unabhängig von dessen wirtschaftlicher Bedeutung zu beschreiben (Vgl. Urteil vom 12.02.2004, C‑363/99, „Koninklijke KPN Nederland“, Randnummer 102.)


Die Unterscheidungskraft und der beschreibende Charakter einer Marke sind im Hinblick auf die Waren oder Dienstleistungen, für die das betreffende Zeichen eingetragen werden soll, und nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise, die aus den Verbrauchern dieser Waren oder Dienstleistungen bestehen, zu beurteilen (Urteil vom 27.11.2003, T‑348/02, „Quick“, Randnummer 29).


Die Aufmerksamkeit des Durchschnittsverbrauchers kann je nach Art der betreffenden Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein (Urteil vom 22.6.1999, C‑342/97, „Lloyd Schuhfabrik Meyer“, Randnummer 26).


Im vorliegenden Fall richten sich die angegriffenen Waren und Dienstleistungen, die von der Gemeinschaftsmarke erfasst werden, an Aquarien interessierte Durchschnittsverbraucher sowie an Fachkreise aus dem Bereich der Tierhaltung (Aquarien). Angesichts der Art der Waren und Dienstleistungen wird der Grad der Aufmerksamkeit der maßgeblichen Verkehrskreise vergleichsweise hoch sein.


Die Antragstellerin trägt insbesondere vor, dass der Begriff „Balling“ in deutschsprachiger Fachliteratur beschreibend benutzt werde und reicht dafür entsprechende Nachweise ein. Daher sind die maßgeblichen Verkehrskreise, in Bezug auf die das absolute Eintragungshindernis geprüft werden muss, deutschsprachige Verbraucher. (Urteil vom 22.6.1999, C‑342/97, „Lloyd Schuhfabrik Meyer, Randnummer 26; und Urteil vom 27.11.2003, T‑348/02, „Quick“, Randnummer 30).


Die angegriffene Gemeinschaftsmarke besteht aus dem Wort „Balling“, und wurde für folgende Waren und Dienstleistungen angemeldet und eingetragen:


Klasse 1: Salze, Salze (chemische Erzeugnisse); Kalziumsalze und Karbonate.


Klasse 40: Wasseraufbereitung; Dienstleistungen und Beratungen im Zusammenhang mit Wasseraufbereitung und Wasseraufbereitungssystemen.


Die von der Antragstellerin eingereichten Nachweise machen deutlich, dass die von Herrn H-W. Balling entwickelte Methode mindestens seit 2002 und auf jeden Fall zum Zeitpunkt der Anmeldung (08/12/2010) unter der Bezeichnung „Balling Methode“ in Deutschland bekannt war. Die Nachweise beziehen sich auf den Zeitraum 2002 bis 2008.


Hierzu der von der Antragstellerin vorgelegte Auszug aus der Internetseite www.korallenriff.de der am 09/09/2007 erschienen ist.


Ebenso wird in dem Artikel von A. Glaser: „Calcium und Karbonathärte.“ (Meerwasseraquarianer 3/2003, S. 58-65) folgendes festgestellt:



Und in dem Artikel von H. Schönrock, H.(2007): „Reinstsalze: Aqua Reinstsalze für die Ballingmethode“ wird folgendes angeführt:





Zum Zwecke der Beurteilung des beschreibenden Charakters ist festzustellen, ob aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und den Waren oder Dienstleistungen besteht, die unter der Marke eingetragen sind (Urteil vom 20.7.2004, T‑311/02, „LIMO“, Randnummer 30).


Die eingereichten Unterlagen erklären unmissverständlich, worin die „Ballingmethode“ besteht, nämlich in einer Methode, die es erlaubt, den Calcium- , Carbonat- und Magnesiumgehalt im Aquarium zu regeln.


Es kann also davon ausgegangen werden, dass der Begriff „Balling“ für den relevanten deutschsprachigen Verkehr bereits zum Zeitpunkt der Anmeldung eine beschreibende Angabe für eine konkrete Methode der Wasseraufbereitung darstellte. Da zur korrekten Anwendung diese Methode verschiedene Salze benötigt werden, liegt es für den interessierten Durchschnittsverbraucher und für den Fachverkehr auf der Hand, dass der Begriff „Balling“ beschreibend ist für die Art und den Zweck der Waren in Klasse 1 (Salze, Salze (chemische Erzeugnisse); Kalziumsalze und Karbonate). Auch in Bezug auf die Dienstleistungen in Klasse 40 im Bereich der Wasseraufbereitung ist der Begriff „Balling“ klar beschreibend. Mit der Balling Methode wird das Wasser im Aquarium aufbereitet, insofern bezeichnet der Begriff lediglich die Art der Dienstleistungen


Demzufolge besteht die Marke im Wesentlichen aus einem Ausdruck, der offensichtliche und direkte Informationen vermittelt zu Art und Bestimmung der betreffenden Waren und Dienstleistungen.


Der Zusammenhang zwischen der Marke „BALLING“ und den vorgenannten angegriffenen Waren und Dienstleistungen wird daher als eng genug angesehen, um die Anwendung der in Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c und Artikel 7 Absatz 2 GMV festgelegten Eintragungshindernisse auf das Zeichen zu rechtfertigen.


Der Inhaber der Unionsmarke hatte keine Gegenargumente vorgetragen.


Schlussfolgerung


In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Löschungsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Antrag vollständig erfolgreich ist und die Unionsmarke für alle angegriffenen Waren und Dienstleistungen für nichtig zu erklären ist.



KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Inhaberin der Unionsmarke die unterliegende Partei ist, trägt sie die Löschungsgebühr sowie die der Antragstellerin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 6 sowie Absatz 7 Buchstabe d Ziffer iii UMDV sind die an die Antragstellerin zu zahlenden Kosten die Löschungsgebühr und die Vertretungskosten, die auf Grundlage der dort festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.






Die Löschungsabteilung


Adriana VAN ROODEN


Dorothee SCHLIEPHAKE


Robert MULAC




Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Löschungsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.

Latest News

  • FEDERAL CIRCUIT AFFIRMS TTAB DECISION ON REFUSAL
    May 28, 2021

    For the purpose of packaging of finished coils of cable and wire, Reelex Packaging Solutions, Inc. (“Reelex”) filed for the registration of its box designs under International Class 9 at the United States Patent and Trademark Office (“USPTO”).

  • THE FOURTH CIRCUIT DISMISSES NIKE’S APPEAL OVER INJUNCTION
    May 27, 2021

    Fleet Feet Inc, through franchises, company-owned retail stores, and online stores, sells running and fitness merchandise, and has 182 stores, including franchises, nationwide in the US.

  • UNO & UNA | DECISION 2661950
    May 22, 2021

    Marks And Spencer Plc, Waterside House, 35 North Wharf Road, London W2 1NW, United Kingdom, (opponent), represented by Boult Wade Tennant, Verulam Gardens, 70 Grays Inn Road, London WC1X 8BT, United Kingdom (professional representative)