LÖSCHUNGSABTEILUNG




LÖSCHUNG Nr. 13 980 C (NICHTIGKEIT)


Danjaq LLC, 11400 Olympic Blvd., Suite 1700, Los Angeles, California 90064, Vereinigte Staaten von Amerika (Antragstellerin), vertreten von Boehmert & Boehmert Anwaltspartnerschaft mbB - Patentanwälte Rechtsanwälte, Hollerallee 32, 28209 Bremen, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Daniele Vanhove, 2, rue de drinklange, 9911 Troisvierges, Belgien (Inhaber der Unionsmarke).



Am 22.03.2019 trifft die Löschungsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG


1. Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit wird vollständig zurückgewiesen.


2. Die Antragstellerin trägt die Kosten.



BEGRÜNDUNG


Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit gegen alle Waren der Unionsmarke Nr. 10 640 704 „JAMES BOMB“ (Wortmarke) gestellt. Nach einem Verzicht des Inhabers auf die Waren der Klasse 25 umfasst die Unionsmarke noch folgende Waren:


Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.


Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).


Der Antrag beruht auf den Unionsmarkeneintragungen Nr. 251 918 „JAMES BOND“ und Nr. 2 461 150 „JAMES BOND 007“ für einen Teil der jeweils von diesen erfassten Waren und Dienstleistungen, nämlich folgende:


Klasse 9: Mit Filmen/Kinofilmen bespielte Datenträger, insbesondere DVDs und Videokassetten.


Klasse 25: Kopfbedeckungen, Schuhwaren, Bekleidungsstücke.


Klasse 41: Unterhaltung, nämlich Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen.


Die Antragstellerin macht geltend, dass die älteren Marken für die angegebenen Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 in der Europäischen Union bekannt seien. Sie beruft sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV und Artikel 8 Absatz 5 UMV.



ZUSAMMENFASSUNG DER ARGUMENTE DER PARTEIEN


Die Antragstellerin trägt vor, die Unionsmarke sei vollständig zu löschen.


Die Parteien seien sich aus dem Widerspruchsverfahren B 2 419 300 bekannt, welches mit Entscheidung der Widerspruchsabteilung vom 04/03/2016 in vollem Umfang zugunsten der Widersprechenden (jetzt Antragstellerin) ausgegangen sei, und zwar mit der vollständigen Zurückweisung der Unionsmarkenanmeldung Nr. 12 883 559.


Die beiden älteren Marken der Antragstellerin seien in der Europäischen Union mindestens seit dem 20/12/2002 für die genannten Waren und Dienstleistungen der Klassen 9 und 41 im Rechtssinne bekannt. Die angegriffene Unionsmarke sei daher gemäß Artikel 8 Absatz 5 UMV zu löschen, weil ihre Benutzung die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren bekannten Marken ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.


Zwischen den Marken bestehe eine hohe Zeichenähnlichkeit. Die Waren der Unionsmarke in den Klassen 32 und 33 und die Waren und Dienstleistungen in den Klassen 9 und 41 der älteren Marken, für die Bekanntheit beansprucht würden, seien unterschiedlich.


Wie die in den Anlage 3 bis 17 eingereichten Unterlagen zeigten, seien die älteren Marken, welche die berühmte Filmserie „JAMES BOND“ bzw. „JAMES BOND 007“ bezeichneten, in der EU bekannt. Den Unionsmarken „JAMES BOND“ und „JAMES BOND 007“ komme durch die langjährige und umfassende Benutzung in den Augen der relevanten Verkehrskreise eine über die Maßen gesteigerte Bekanntheit und positive Imagewirkung zu, die sich der Inhaber der angegriffenen Unionsmarke zu eigen machen wolle.


Die älteren Marken würden nicht allein im Bereich der Filmserie „JAMES BOND 007“ benutzt. Es gäbe eine Vielzahl von lizenzierten Artikeln, die weitere Erlöse für die Antragstellerin ermöglichten. Diese „Partnerschaften“ deckten Warenbereiche in den Klassen 25, 32 und 33 ab. Dies sei insbesondere für die Waren der Klassen 32 und 33 bemerkenswert, für die die älteren Unionsmarken gar nicht eingetragen seien. Dass derartige Partnerschaften für die hier relevanten Produkte möglich seien, liege daran, dass die Hauptfigur in der Filmserie „JAMES BOND 007“, der Geheimagent James Bond, eine Vorliebe für alkoholische Getränke und Bekleidung habe. Dies umfasse insbesondere Champagner und Bier.


Die angegriffene Unionsmarke nutze die Wertschätzung und/oder Unterscheidungskraft der älteren Marken unlauter und ohne rechtfertigenden Grund aus.


Die ältere Marke „JAMES BOND“ werde ausweislich der beigefügten Entscheidungen als eine überaus bekannte Marke im gesamten Territorium der Europäischen Union anerkannt. Gleiches gelte für die Marke „JAMES BOND 007“.


Die Ausnutzung der Wertschätzung der älteren Marken liege hier darin, dass der Inhaber der angegriffenen Unionsmarke „JAMES BOMB“ für sein Zeichen nahezu identisch die älteren Marken in Form von „JAMES BOND“ übernommen und in seine Marke eingefügt habe. Dort bilde es den einzigen Wortbestandteil, der ohne von der Assoziation wegführende Bestandteile mit den älteren Marken assoziiert bzw. verwechselt werden müsse.


Der Verkehr müsse seine Aufmerksamkeit allein auf „JAMES BOMB“ richten und annehmen, bei dem Inhaber der angegriffenen Marke handele es sich um einen weiteren Lizenznehmer der Antragstellerin. Jedoch bestehe zwischen den Parteien keinerlei unternehmerische Verbindung. Die angegriffene Unionsmarke störe die unternehmerischen Interessen der Antragstellerin, die in jahrzehntelanger Arbeit im Rahmen der Film Serie „JAMES BOND 007“ einen hervorragenden Ruf von Luxus und Stil etabliert habe, der im Weg des Imagetransfers auf Produkte in den Klassen 25, 32 oder 33 übertragen worden sei und mit welchem die Vertragspartner jeweils beträchtliche Erlöse erzielten bzw. erzielt hätten. Dieses Image mache sich der Inhaber der angegriffenen Unionsmarke zu eigen, ohne dafür wie alle anderen die Bedingungen der Antragstellerin im Hinblick auf Produktqualität, Werbung, Verbreitung, Exklusivität und auch Bezahlung einzuhalten. Er maße sich eine Position an, die sich in Jahrzehnten noch kein echter Lizenznehmer der Antragstellerin angemaßt habe. Der Verkehr werde ohne weiteres unternehmerische Verbindungen ‑ nämlich insbesondere Lizenzbeziehungen ‑ zwischen den Parteien annehmen müssen, da der Verkehr an solche Partnerschaften der Antragstellerin mit der Industrie gewöhnt sei. Dieses Vertrauen werde enttäuscht, wenn tatsächlich keine solche Beziehung bestehe.


Die angegriffene Unionsmarke sei auch wegen Verwechslungsgefahr nach Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV im Hinblick auf die ursprünglich auch geschützten Waren der Klasse 25 zu löschen.


Zur Stützung dieser Ausführungen hat die Antragstellerin folgende Beweismittel eingereicht:

  • Anlage 1: Kopie der Entscheidung vom 04/03/2016 über den Widerspruch B 2 419 300;

  • Anlage 2: Registerauszüge zu den älteren Unionsmarkeneintragungen Nr. 251 918 „JAMES BOND“ und Nr. 2 461 150 „JAMES BOND 007“;

  • Anlagen 3 bis 17: Umfangreiche Benutzungsunterlagen, welche die von der Antragstellerin geltend gemachte Bekanntheit der beiden älteren Marken in der Europäischen Union belegen sollen.


Der Inhaber der Unionsmarke trägt vor, die Eintragung der angegriffenen Unionsmarke sei mit dem Einverständnis der Antragstellerin erfolgt. Dies ergebe sich aus einer schriftlichen Vereinbarung zwischen den Parteien.


Die Wortmarke „JAMES BOMB“ sei bereits am 17/08/2011 als Benelux-Marke unter der Nr. 877 365 eingetragen worden. Die Antragstellerin habe seinerzeit zwar gegen die Eintragung einen Widerspruch eingelegt, jedoch hätten die Parteien eine gütliche Einigung erzielen und schriftlich festhalten können. Daraufhin habe die Antragstellerin ihren ursprünglich eingelegten Widerspruch zurückgenommen.


Außerdem habe die Antragstellerin gegen die angegriffene Unionsmarke seinerzeit keinen Widerspruch eingelegt.


Das Amt sei nicht zuständig, über diese Angelegenheit zu entscheiden. Es dürfe die Unionsmarke nicht löschen, weil es einen Vertrag zwischen den Parteien gebe, welcher dem Inhaber die Eintragung der Unionsmarke erlaube.


Der Inhaber hat keine Unterlagen zur Stützung dieser Ausführungen vorgelegt.


Die Antragstellerin erwidert darauf, die vom Inhaber erwähnte Vereinbarung decke aus verschiedenen Gründen die Eintragung der angegriffenen Unionsmarke nicht ab und könne daher nicht als Zustimmung der Antragstellerin gewertet werden.


Die vom Inhaber erwähnte Vereinbarung mit der Antragstellerin sei anlässlich eines Konfliktes hinsichtlich der Benelux-Marke Nr. 1 197 499 „JAMES BOMB“ und der Unionsmarke Nr. 9 314 741 „JAMES BOMB“ geschlossen worden. Allerdings sei der damalige Inhaber dieser Marken, Herr Philippe Aritz, und nicht der derzeitige Inhaber, Herr Daniele Vanhove, Partei dieser Vereinbarung.


Selbst wenn sich der Inhaber auf diese Vereinbarung berufen könnte, erfülle die angegriffene Unionsmarke nicht die Voraussetzungen, unter denen nach dem Wortlaut der Vereinbarung eine Zustimmung der Antragstellerin gegeben wäre. Gemäß Ziffer 4 der Vereinbarung setze eine solche Zustimmung nämlich voraus, dass sich die fraglichen Marken (1) auf die Waren der Klassen 30, 32 und 33 beschränkten und (2) keine weiteren Assoziationen mit der Antragstellerin, ihren Marken „JAMES BOND“ oder „007“, den literarischen Werken oder den Filmen und Filmcharakteren oder sonstigen Artefakten aus dem „JAMES BOND“-Universum aufwiesen.


Die angegriffene Unionsmarke erfülle diese Voraussetzung schon deshalb nicht, weil sie mit der ursprünglichen Eintragung, die auch Waren in der Klasse 25 umfasste, über das nach der Vereinbarung Erlaubte hinausgehe.


Im übrigen liege die Beweislast für eine solche angebliche Zustimmung beim Inhaber der Unionsmarke. Diese Beweislast ist er nicht nachgekommen, da er nichts vorgelegt habe, was seine Position belegen würde.


Außerdem habe der Inhaber in der Vergangenheit selbst mehrfach gegen die Vereinbarung verstoßen, auf die er sich jetzt zu seinem Vorteil berufen möchte. Der Inhaber habe diverse Marken angemeldet, welche unerlaubterweise Waren in der Klasse 25 beansprucht „und/oder“ durch weitere Wort- oder Bildelemente eine über „JAMES BOMB“ hinausgehende Assoziation zum „JAMES BOND“- Universum hergestellt hätten. Dies seien folgende Marken, welche jeweils u.a. für Waren der Klasse 25 eingetragen worden seien:

  • die gegenständliche Unionsmarke “JAMES BOMB”,

  • Benelux Marke Nr. 1 287 382 MY DRINK IS BOMB JAMES BOMB,

  • Benelux Marke Nr. 1 231 019 MY DRINK IS BOMB JAMES BOMB,

  • Benelux Marke Nr. 1 242 447 und

  • Benelux Marke Nummer 1 287 394 “JAMES BOMB”.


Daher stehe der Löschung der angegriffenen Unionsmarke keine „Zustimmung“ der Antragstellerin im Sinne des Artikel 53 Absatz 3 UMV entgegen.


Zur Stützung diese Ausführungen hat die Antragstellerin als Anlage 18 Datenbankauszüge für die genannten Benelux-Marken Nr. 1 287 382, Nr. 1 231 019, Nr. 1 242 447 und Nr. 1 287 394 eingereicht.


In seiner Erwiderung wiederholt der Inhaber im wesentlichen die bereits vorgetragenen Argumente und betont erneut, dass es einen Vertrag zwischen den Parteien gebe. Außerdem sei die Unionsmarke hinsichtlich der Waren in der Klasse 25 aufgegeben worden.


Der Inhaber hat erneut keine Nachweise zur Stützung seiner Ausführungen vorgelegt.



ZUSTIMMUNG DER ANTRAGSTELLERIN ‑ ARTIKEL 60 ABSATZ 3 UMV


Gemäß Artikel 60 Absatz 3 UMV kann die Unionsmarke nicht für nichtig erklärt werden, wenn der Inhaber eines der in Absatz 1 oder 2 genannten Rechte der Eintragung der Unionsmarke vor der Stellung des Antrags auf Nichtigerklärung oder der Erhebung der Widerklage ausdrücklich zustimmt.


Der Inhaber der angegriffenen Unionsmarke argumentiert im wesentlichen, dass eine Zustimmung der Antragstellerin zur Eintragung der Marke vorliege. Diese entstamme einer Vereinbarung, welche im Zusammenhang mit dem Markenkonflikt wegen einer Benelux-Marke „JAMES BOMB“ geschlossen worden sei. Auch die Antragstellerin trägt umfangreich zu einer solchen Vereinbarung vor. Diese decke allerdings aus verschiedenen Gründen nicht die Eintragung der angegriffenen Unionsmarke ab und könne deshalb nicht als Zustimmung der Antragstellerin gewertet werden.


Damit kommt es auf den genauen Inhalt der besagten Vereinbarung an, welche aber von den Parteien nicht vorgelegt wurde.


Allein auf der Grundlage des Vortrags der Parteien kann die Löschungsabteilung nicht annehmen, dass die geltend gemachte Vereinbarung eine ausdrückliche Zustimmung der Antragstellerin zur Eintragung der Wortmarke “JAMES BOMB” in das Unionsmarkenregister durch den Inhaber enthält. Es bleibt nämlich insbesondere unklar, ob die erwähnte Vereinbarung überhaupt den Inhaber betrifft, da sie – nach dem Vortrag der Antragstellerin – mit einem Dritten geschlossen wurde.


Eine ausdrückliche Zustimmung im Sinne von Artikel 60 Absatz 3 UMV kann aus diesen Gründen nicht angenommen werden.


Die von den Parteien diskutierte Frage, ob bestimmte materielle Voraussetzungen der geltend gemachten Vereinbarung vorliegen würden oder nicht, kann in diesem Zusammenhang dahinstehen.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 60 ABSATZ 1 BUCHSTABE a UMV IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Unterscheidungskraft der älteren Marke, die unterscheidungskräftigen und dominanten Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.


Der Antrag beruht auf zwei älteren Unionsmarken.


  1. Vergleich der Waren und Dienstleistungen


Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebskanäle, die Verkaufsstellen, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.


Der Antrag basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen (siehe „Ergänzungsblatt Nr. 1“ des Nichtigkeitsantrags vom 02/11/2016):


Klasse 9: Mit Filmen/Kinofilmen bespielte Datenträger, insbesondere DVDs und Videokassetten.


Klasse 25: Kopfbedeckungen, Schuhwaren, Bekleidungsstücke.


Klasse 41: Unterhaltung, nämlich Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen.


Folgende Waren werden angegriffen:


Klasse 32: Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.


Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere).


Bei einem Abgleich zwischen den Angaben auf dem Nichtigkeitsantrag und dem Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der beiden älteren Marken (Nr. 251 918 „JAMES BOND“ und Nr. 2 461 150 „JAMES BOND 007“) ergibt sich folgendes: Zwar weisen die älteren Unionsmarke sowohl in der Klasse 9 als auch in der Klasse 41 jeweils Waren und Dienstleistungen auf. Diese umfassen aber gerade nicht die von der Antragstellerin angegebenen Waren der Klasse 9 („bespielte Datenträger“). Zudem findet sich im Dienstleistungsverzeichnis zwar „Unterhaltung“ und bei der Unionsmarke Nr. 2 461 150 auch „Videoverleih (Kassetten)“, aber nicht die von der Antragstellerin angegebenen Dienstleistungen „Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen“.


Diese Abweichung ist aber aus folgendem Grund für die das Ergebnis der Prüfung des Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV ohnehin unbeachtlich: Selbst wenn man annehme, dass alle von der Antragstellerin angegebenen Waren und Dienstleistungen von den älteren Unionsmarken erfasst wären, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, welche auf eine Ähnlichkeit zwischen diesen und den angegriffenen Waren der Klassen 32 und 33 hindeuten. So geht auch die Antragstellerin selbst in ihrem Vortrag ausdrücklich von einer Unähnlichkeit der zu vergleichenden Waren und Dienstleistungen aus.


Gemäß Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV ist die Ähnlichkeit der Waren oder Dienstleistungen Voraussetzung für die Annahme einer Verwechslungsgefahr. Da die angegriffenen Waren und die von der Antragstellerin geltend gemachten Waren und Dienstleistungen der älteren Marken eindeutig unähnlich sind, ist eine der notwendigen Voraussetzungen des Artikels 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV nicht erfüllt.


Der Antrag muss daher zurückgewiesen werden, soweit er auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV gestützt ist.



BEKANNTHEIT – ARTIKEL 60 ABSATZ 1 BUCHSTABE a UMV IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 8 ABSATZ 5 UMV


Eine Unionsmarke ist auf Antrag der Inhaberin einer älteren Marke im Sinne von Artikel 8 Absatz 2 UMV für nichtig zu erklären, wenn sie mit der älteren Marke identisch ist oder dieser ähnlich ist und für Waren oder Dienstleistungen eingetragen werden soll, die nicht denen ähnlich sind, für die die ältere Marke eingetragen ist, wenn es sich im Falle einer älteren Unionsmarke um eine in der Union bekannte Marke und im Falle einer älteren nationalen Marke um eine in dem betreffenden Mitgliedstaat bekannte Marke handelt und die Benutzung der angefochtenen Marke die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.


Die folgenden Voraussetzungen müssen für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 5 UMV erfüllt sein (16/12/2010, T-345/08 & T-357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, bestätigt durch 10/05/2012, C-100/11 P, Botolist / Botocyl, EU:C:2012:285):


  1. Ältere eingetragene Marke, die im maßgeblichen Gebiet Bekanntheit genießt;

  2. Identität oder Ähnlichkeit der angefochtenen Unionsmarkenanmeldung mit der älteren Marke;

  3. die Benutzung der angemeldeten Marke muss in der Lage sein, die Unterscheidungskraft oder die Wertschätzung der älteren Marke in unlauterer Weise auszunutzen oder zu beeinträchtigen;

  4. Fehlen eines rechtfertigenden Grundes für eine solche Benutzung.


Diese Voraussetzungen müssen zusammen erfüllt sein, und eine Anwendung der Bestimmung scheidet aus, wenn nur eine von ihnen nicht vorliegt (25/05/2005, T-67/04, Spa-Finders, EU:T:2005:179, § 30; 22/03/2007, T-215/03, Vips, EU:T:2007:93, § 34; 16/12/2010, T-345/08 & T- 357/08, Botolist / Botocyl, EU:T:2010:529, § 41).



  1. Bekanntheit der älteren Marken


Nach Angaben der Antragstellerin sind die älteren Unionsmarken in der Europäischen Union bekannt für folgende Waren und Dienstleistungen:


Klasse 9: Mit Filmen/Kinofilmen bespielte Datenträger, insbesondere DVDs und Videokassetten.


Klasse 41: Unterhaltung, nämlich Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen.


Diese Waren und Dienstleistungen werden nicht ausdrücklich von den Waren- und Dienstleistungsverzeichnissen der beiden älteren Marken (Nr. 251 918 „JAMES BOND“ und Nr. 2 461 150 „JAMES BOND 007“) erfasst, wie bereits oben angemerkt wurde.


Die älteren Unionsmarken umfassen nicht den Schutz für „mit Filmen/Kinofilmen bespielte Datenträger, insbesondere DVDs und Videokassetten“ in der Klasse 9. Daher können sie auch im Hinblick auf diese Waren nicht in der EU bekannt sein.


Die von der Antragstellerin geltend gemachten Dienstleistungen „Unterhaltung, nämlich Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen“ werden immerhin vom Oberbegriff Unterhaltung umfasst, für welchen die älteren Unionsmarke geschützt sind.


Anhand der als Anlagen 3 bis 17 eingereichten Beweismittel wird die lange und intensive Benutzung der älteren Unionsmarken und deren Bekanntheit in der EU deutlich. Die durch die Beweismittel nachgewiesenen Angaben über die eingespielten Kinoumsätze der James Bond-Filme sowie die verschiedenen Erwähnungen des Erfolgs der Marke in einschlägigen Portalen bieten Hinweise für einen hohen Bekanntheitsgrad der Marke beim maßgeblichen Publikum. Auch wenn die Antragstellerin keine Verbraucherumfragen zum Bekanntheitsgrad eingereicht hat, wird aus den vorgelegten Zahlen im Hinblick auf die mit den Filmen erzielten Umsätze und Gesamterlöse deutlich, dass die Unionsmarken „JAMES BOND“ und „JAMES BOND 007“ nicht nur in Europa, sondern weltweit einen hohen Grad an Bekanntheit genießen und wohl zu einer der erfolgreichsten Filmreihen der Filmgeschichte gehören. Die maßgeblichen Verbraucher sind mit der Figur des James Bond vertraut und auch mit den geltend gemachten Unterhaltungsdienstleistungen, nämlich Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen.


Bei Betrachtung der Gesamtheit der vorgelegten Beweismittel ist davon auszugehen, dass die älteren Unionsmarken beim maßgeblichen Publikum in der Union einen hohen Grad an Bekanntheit für Produktion und Vertrieb/Vermietung von Filmen/Kinofilmen genießen.


  1. Gefahr der Beeinträchtigung oder Ausnutzung


Artikel 8 Absatz 5 UMV schützt die Bekanntheit der älteren Marke nicht als solche in dem Sinne, dass er nicht beabsichtigt, die Eintragung aller Marken zu verhindern, die mit der bekannten Marke identisch oder ihr ähnlich sind. Darüber hinaus muss es eine Wahrscheinlichkeit geben, dass die Benutzung der Marke, die Gegenstand des Widerspruchs ist, die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der älteren Marke ohne rechtfertigenden Grund in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.


Diese Beeinträchtigung oder unlautere Ausnutzung muss die Folge einer gedanklichen Verknüpfung der fraglichen Marken beim Publikum sein (14/09/1999, C-375/97, Chevy, EU:C:1999:408, § 23). Wenn die mutmaßliche Beeinträchtigung oder unlautere Ausnutzung nicht das Ergebnis einer gedanklichen Verknüpfung zwischen den beiden Marken ist, sondern auf andere, äußere Gründe zurückzuführen ist, kann dies folglich nicht mit einer Klage nach Artikel 8 Absatz 5 UMV rechtlich geltend gemacht werden.


In diesem Zusammenhang argumentiert die Antragstellerin, die Kommerzialisierung der Filmserie „JAMES BOND 007“ erfolge auch über eine Lizenzierung von verschiedenen Waren. Dies umfasse Waren der Klasse 25, welche nach dem Teilverzicht des Inhabers nun nicht mehr zum Verfahrensgegenstand gehören, sowie auch Waren der Klassen 32 und 33. Letzteres liege daran, dass die Hauptfigur in der Filmserie, der Geheimagent James Bond, eine Vorliebe für alkoholische Getränke habe.


Es kann als allgemein bekannt vorausgesetzt werden, dass im Zusammenhang mit Filmproduktionen der Verkauf und die Lizenzierung von sogenannten Merchandising-Artikeln eine bedeutende wirtschaftliche Rolle spielen kann. Allerdings kann nach Überzeugung der Löschungsabteilung der Umstand allein, dass es sich um irgendeine „Ware“ handelt, nicht ausreichen, um diese zu einem potentiellen Merchandising-Artikel zu erklären. Anders als im Falle von Bekleidungsstücken gehören Getränke jedenfalls normalerweise nicht zu jenen Waren, welche im Zusammenhang mit Filmen vermarktet werden. In den Filmen der Antragstellerin mag nun die Figur des James Bond eine Vorliebe für alkoholische Getränke haben. Würde dies aber schon für die Annahme einer „gedanklichen Verbindung“ ausreichen, geriete die Anwendung des Artikels 8 Absatz 5 UMV ins Uferlose. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin muss vielmehr davon ausgegangen werden, dass eine Benutzung der angegriffenen Unionsmarke „JAMES BOMB“ für Getränke in den Klassen 32 und 33 in einen von den Dienstleistungen der Produktion, des Vertriebs und des Verleihs von Filmen gänzlich unterschiedlichen Produktbereich führen würde.


Auch kann diesem Zusammenhang nicht unberücksichtigt bleiben, dass die einander gegenüberstehenden Zeichen “JAMES BOND” und “JAMES BOMB” zwar ähnlich, aber nicht identisch sind. Der relevante Verkehr wird die Unterschiede zwischen den Zeichen wahrnehmen und in der angegriffenen Unionsmarke “JAMES BOMB” bestenfalls eine Parodie von “JAMES BOND” erkennen. Der Verkauf von Getränken unter der angegriffenen Unionsmarke würde daher vom Verkehr mitnichten als Teil der Vermarktung der Filmreihe „JAMES BOND“ angesehen.


Selbst wenn man eine gedankliche Verknüpfung zwischen den beiden Marken annehmen wollte, ist nicht erkennbar, inwiefern diese zu einer Gefahr der Beeinträchtigung oder Ausnutzung der Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der älteren Marken führen soll. Etwas anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang auch nicht aus dem Vortrag der Antragstellerin.


Es sind mithin keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass die Benutzung der angegriffenen Unionsmarke „JAMES BOMB“ für Getränke in den Klassen 32 und 33 die Unterscheidungskraft oder Wertschätzung der älteren Marken “JAMES BOND” und “JAMES BOND 007” in unlauterer Weise ausnutzen oder beeinträchtigen würde.


Es ist vor diesem Hintergrund auch nicht überraschend, dass die der Vereinbarung über die Zustimmung zur Eintragung von Marken “JAMES BOMB” zugrundeliegenden Bewertungskriterien, wie sie von den Parteien geschildert werden, zum gleichen Ergebnis führen. Es ist dabei davon auszugehen, dass jene Vereinbarung unter Berücksichtigung der vernünftigen wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten geschlossen wurde. Die Antragstellerin trägt nämlich vor, dass Ziffer 4 der Vereinbarung eine Zustimmung zur Eintragung derartiger Marken vorsieht, wenn diese sich auf die Waren der Klassen 30, 32 und 33 beschränkten und keine weiteren Assoziationen mit der Antragstellerin, ihren Marken „JAMES BOND“ oder „007“, den literarischen Werken oder den Filmen und Filmcharakteren oder sonstigen Artefakten aus dem „JAMES BOND“-Universum aufwiesen. Diese Voraussetzungen würde die gegenständliche Unionsmarke erfüllen. Ihr Schutz erstreckt sich nicht (mehr) auf Waren der Klasse 25, sondern nur auf Waren der Klassen 32 und 33; als reine Wortmarke „JAMES BOMB“ kann sie auch keine „weiteren Assoziationen“ zur Antragstellerin (im Sinne der Vereinbarung) aufweisen. Damit erfüllt sie die Anforderungen, unter welchen die Antragstellerin ‑ unter Wahrung ihrer eigenen wirtschaftlichen Interessen ‑ im Rahmen jener Vereinbarung ihre Zustimmung zur Eintragung gegeben hätte.


Anhand des Gesamteindrucks unter Berücksichtigung aller für den Einzelfall relevanten Faktoren kann aus diesen Gründen eine Gefahr der Beeinträchtigung oder Ausnutzung nicht angenommen werden.


Der Antrag muss daher auch zurückgewiesen werden, soweit er auf Artikel 8 Absatz 5 UMV gestützt ist.



SCHLUSSFOLGERUNG


Die Antragstellerin beruft sich in ihrem Vortrag ausdrücklich auf die Entscheidung vom 04/03/2016 über den Widerspruch B 2 419 300, in deren Folge die Unionsmarkenanmeldung Nr. 12 883 559 vollständig zurückgewiesen wurde. Dazu ist anzumerken, dass sich jenes Verfahren vom vorliegenden Fall bereits dadurch unterscheidet, als es sich um die Anmeldung der Bildmarke u.a. für Waren der Klasse 25 handelte. Soweit im übrigen tatsächliche Parallelen überhaupt einen Vergleich dieser beiden Verfahren zulassen, weicht die vorliegende Löschungsentscheidung jedenfalls aus den genannten Gründen von der genannten Widerspruchsentscheidung ab.

Der Nichtigkeitsantrag ist vollständig zurückzuweisen.



KOSTEN


Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die in einem Nichtigkeitsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Antragstellerin die unterliegende Partei ist, trägt sie alle dem Inhaber der Unionsmarke in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Artikel 109 Absatz 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii UMDV sind die an den Inhaber der Unionsmarke zu zahlenden Kosten die Vertretungskosten, die auf Grundlage der dort festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind. Im vorliegenden Fall hat der Inhaber der Unionsmarke keinen zugelassenen Vertreter im Sinne von Artikel 120 UMV bestellt. Daher sind ihm keine Vertretungskosten entstanden.




Die Löschungsabteilung


Plamen IVANOV

Martin LENZ

Elena NICOLÁS GÓMEZ



Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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    Marks And Spencer Plc, Waterside House, 35 North Wharf Road, London W2 1NW, United Kingdom, (opponent), represented by Boult Wade Tennant, Verulam Gardens, 70 Grays Inn Road, London WC1X 8BT, United Kingdom (professional representative)