HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT

(MARKEN, MUSTER UND MODELLE)


Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 070 541


Kern Pharma, S.L., pol. Ind. Colon II, Calle Venus, 72, 08228 Terrassa (Barcelona), Spanien (Widersprechende), vertreten durch Sugrañes Patentes y Marcas, Calle de Provenza, 304, 08008 Barcelona, Spanien (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Dr. Theiss Naturwaren GmbH, Michelinstr. 10, 66424 Homburg, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Zeitler Volpert Kandlbinder Patent- Und Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Herrnstr. 44, 80539 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).


Am 09/03/2016 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Dem Widerspruch Nr. B 2 070 541 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben, und zwar


Klasse 5: Nicht verschreibungspflichtige pharmazeutische Präparate, ausgenommen hiervon sind Analgetika basierend auf dem aktiven Wirkstoff Paracetamol; sämtliche vorstehenden Waren ausschließlich zur äußerlichen Anwendung und im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates.


2. Die Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr. 10 876 712 wird für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die übrigen Waren weitergeführt werden.


3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Gemeinschaftsmarkenanmeldung Nr. 10 876 712 ein, und zwar gegen einige der Waren der Klasse 5. Der Widerspruch beruht auf der spanischen Markeneintragung Nr. 625 806. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b GMV.



VORBEMERKUNGEN


Am 03/04/2014 wurde die ältere Marke von der Bayer AG auf die Kern Pharma, S.L. übertragen, welche das Widerspruchsverfahren nunmehr fortführt.


Innerhalb der dreimonatigen Widerspruchsfrist bis zum 13/09/2012 wurde lediglich der Eintragung der angefochtenen Marke für einen Teil der Waren widersprochen, nämlich pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse in Klasse 5.


In dieser Klasse hatte die Anmelderin ursprünglich die folgenden Waren beansprucht:


Pharmazeutische und veterinärmedizinische Erzeugnisse; Hygienepräparate für medizinische Zwecke; diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Pflaster, Verbandmaterial.


Per Schreiben vom 24/09/2015 schränkte die Anmelderin diese Waren wie folgt ein:


Nicht verschreibungspflichtige pharmazeutische Präparate, ausgenommen hiervon sind Analgetika basierend auf dem aktiven Wirkstoff Paracetamol; Nicht verschreibungspflichtige Hygienepräparate für medizinische Zwecke; Nicht verschreibungspflichtige diätetische Erzeugnisse für medizinische Zwecke; Nicht verschreibungspflichtige Pflaster, Verbandmaterial; sämtliche vorstehenden Waren ausschließlich zur äußerlichen Anwendung und im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates.


In ihren späteren Ausführungen beantragt die Widersprechende die Zurückweisung der angefochtenen Marke für alle Waren der Klassen 3 und 5. Da eine Erweiterung des Umfangs des Widerspruchs nach Ablauf der dreimonatigen Widerspruchsfrist jedoch unzulässig ist, beschränkt sich die Reichweite des Widerspruchs auf jene Waren, die von den innerhalb der Widerspruchsfrist angefochtenen pharmazeutischen und veterinärmedizinischen Erzeugnissen umfasst werden, nämlich die folgenden:


Klasse 5: Nicht verschreibungspflichtige pharmazeutische Präparate, ausgenommen hiervon sind Analgetika basierend auf dem aktiven Wirkstoff Paracetamol; sämtliche vorstehenden Waren ausschließlich zur äußerlichen Anwendung und im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates.



BENUTZUNGSNACHWEIS


Gemäß Artikel 42 Absätze 2 und 3 GMV hat die Widersprechende auf Verlangen der Anmelderin den Nachweis zu erbringen, dass sie innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Marke die ältere Marke in den Gebieten, in denen sie geschützt ist, für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, und auf die sie sich zur Begründung ihres Widerspruchs beruft, ernsthaft benutzt hat, oder dass berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.


Gemäß denselben Bestimmungen muss der Widerspruch bei fehlenden Nachweisen zurückgewiesen werden.


Die Anmelderin hat von der Widersprechenden den Benutzungsnachweis der Marke, auf der der Widerspruch beruht, verlangt.


Der Antrag wurde rechtzeitig eingereicht und ist zulässig, da die ältere Marke mehr als fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angefochtenen Anmeldung eingetragen wurde.


Die angefochtene Marke wurde am 13/06/2012 veröffentlicht. Die Widersprechende musste daher nachweisen, dass die Marke, auf der der Widerspruch beruht, in Spanien vom 13/06/2007 bis einschließlich zum 12/06/2012 ernsthaft benutzt wurde. Aus diesem Nachweis muss ferner die Benutzung der Marke in Verbindung mit den Waren hervorgehen, auf deren Grundlage der Widerspruch eingelegt wurde, und zwar folgende:

Klasse 5: Pharmazeutische Erzeugnisse.


Gemäß Regel 22 Absatz 3 GMDV, muss der Benutzungsnachweis aus Angaben über Ort, Zeit, Umfang und Art der Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren und Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde und auf die der Widerspruch gestützt wird, bestehen.


Am 05/01/2015 setzte das Amt in Anwendung von Regel 22 Absatz 2 GMDV der Widersprechenden eine Frist bis zum 10/03/2015 um Benutzungsnachweise für die ältere Marke einzureichen. Diese Frist wurde bis zum 10/05/2015 verlängert. Die Widersprechende legte innerhalb der Frist am 08/05/2015 Beweismittel vor.


Da die Widersprechende beantragte, bestimmte in den Unterlagen enthaltenen Angaben als vertraulich zu behandeln und Dritten nicht zugänglich zu machen, wird die Widerspruchsabteilung die eingereichten Nachweise nur allgemein beschreiben ohne konkrete Daten daraus zu verwenden.


Die in Betracht zu ziehenden Beweismittel sind entsprechend die folgenden:


  • 40 Rechnungen aus dem Zeitraum 2007 bis 2012 an Kunden in Spanien. U.a. ist „DOLOSTOP“ 650 mg 20 bzw. 500 COMPRIMIDOS (zu Deutsch: Tabletten, wie den Übersetzungen der Dokumente zu entnehmen ist) zu sehen.

  • Preislisten für die Jahre 2007 bis 2012, in welchen „Dolostop“ als „Paracetamol 650 mg“ in Packungen zu 20 bzw. 500 Tabletten angeführt ist.

  • Fotografien von Produktverpackungen, auf welchen u.a. die Marke „dolostop“, die Angabe „650 mg“ sowie der Wirkstoff „Paracetamol“ angegeben sind.

  • Tabelle unbekannter Herkunft mit Verkaufs- und Umsatzzahlen für den Zeitraum 2009 bis 2013. U.a. wird „DOLOSTOP“ genannt.

  • Auszug aus der spanischen Medikamentenagentur über die Aussetzung ab dem 26/12/2013 der Zulassung für den Vertrieb des Produkts „DOLOSTOP TABLETTEN“ 650 mg/20 Tabletten.

  • Werbung, undatiert, für „dolostop“ 650 mg Paracetamol. Die Widersprechende, Kern Pharma, ist auf einigen der Dokumente angegeben.

  • Genehmigung des spanischen Gesundheitsministeriums vom 11/04/2012 für einen Fernsehspot zur Bewerbung des Produkts „DOLOSTOP 650 mg Tabletten“, sowie Skizzen des Inhalts dieses Spots.

  • Zusammenfassung der verkauften Produkteinheiten „DOLOSTOP“ von 2013 bis 2015.

  • Vademekum der von der Widersprechenden vertriebenen Medikamente, u.a. „DOLOSTOP“.


Die Anmelderin wendet ein, dass der von der Widersprechenden eingereichte Benutzungsnachweis nicht von der Widersprechenden selbst, sondern von einem anderen Unternehmen stamme.


Nach Artikel 15 Absatz 2 GMV gilt die Benutzung der Gemeinschaftsmarke mit Zustimmung der Inhaberin als Benutzung durch die Inhaberin. Diese Bestimmung bezieht sich zwar auf Gemeinschaftsmarken, kann jedoch analog auf ältere, in Mitgliedstaaten eingetragene Marken angewendet werden.


Aus der Tatsache, dass die Widersprechende von einem Dritten stammende Benutzungsnachweise für ihre Marke eingereicht hat, ergibt sich implizit ihre Zustimmung zu dieser Benutzung (vgl. in diesem Sinne 08/07/2004, T‑203/02, Vitafruit, EU:T:2004:225).

Da davon ausgegangen werden kann, dass die von der Widersprechenden eingereichten Beweismittel implizit dessen Zustimmung zur Benutzung belegen, ist der Einwand der Anmelderin unbegründet.


Folglich geht die Widerspruchsabteilung davon aus, dass die Benutzung durch andere Unternehmen mit Zustimmung der Widersprechenden erfolgte und daher nach Artikel 15 Absatz 2 GMV als Benutzung durch die Widersprechende selbst gilt.


Die Rechnungen und Preislisten beweisen, dass der Benutzungsort Spanien ist. Dies kann abgeleitet werden aus der Sprache der Dokumente (Spanisch), der genannten Währung (Euro) und einigen Adressen in Spanien. Die Nachweise beziehen sich also auf das relevante Gebiet.


Ein Teil der Nachweise, nämlich die Rechnungen, Preislisten, die Tabelle mit Verkaufs- und Umsatzzahlen sowie ein Teil der Werbung, stammen aus dem relevanten Zeitraum. Bezüglich der Werbung, auf welcher der Name der Widersprechenden, Kern Pharma, zu sehen ist, ist festzustellen, dass diese aus einer Zeit nach dem maßgeblichen Zeitraum stammen muss, da innerhalb des gesamten maßgeblichen Zeitraums die Bayer AG Inhaberin der älteren Marke war.


Hinsichtlich des Umfangs der Benutzung sind alle erheblichen Faktoren und Umstände in Betracht zu ziehen, wie insbesondere die Art der Waren oder Dienstleistungen und die Merkmale des betreffenden Marktes, die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, der quantitative Umfang der Benutzung, ihre Dauer und Regelmäßigkeit.


Die Beurteilung impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den zu berücksichtigenden Faktoren. So kann ein geringes Volumen von unter der Marke vertriebenen Waren durch eine große Häufigkeit oder zeitliche Konstanz der Benutzungshandlungen dieser Marke ausgeglichen werden und umgekehrt. Zudem ist die Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, nur einer der Faktoren, der neben anderen zu berücksichtigen ist, so dass eine gebietsmäßig nur eingeschränkte Benutzung durch ein bedeutendes Handelsvolumen oder eine erhebliche Benutzungsdauer ausgeglichen werden kann.


Die eingereichten Unterlagen liefern der Widerspruchsabteilung zwar keine umfangreichen Angaben über das Handelsvolumen der Benutzung. In diesem Zusammenhang sei festgestellt, dass die Tabelle mit Verkaufs- und Umsatzzahlen unbekannter Herkunft ist und folglich geringen Beweiswert hat. Jedoch geht aus dem Material hervor, dass unter der Marke „Dolostop“ in Spanien ein bestimmtes Medikament verkauft wurde, und zwar regelmäßig und im gesamten maßgeblichen Zeitraum. Die Hinweise zur Größe des Gebiets, in dem die Marke benutzt wurde, sowie zur Dauer und Häufigkeit der Benutzung sind folglich ausreichend. Diese Umstände lassen im Rahmen der umfassenden Beurteilung der Frage, ob die ältere Marke ernsthaft benutzt wurde, den Schluss zu, dass die Benutzung einen gewissen Umfang hatte.


Die Benutzung der Marke braucht nicht immer umfangreich zu sein, um als ernsthaft eingestuft zu werden. Insoweit ist auch zu beachten, dass die Anforderung einer ernsthaften Benutzung der älteren Marken nicht dazu dient, den kommerziellen Erfolg des betreffenden Unternehmens zu bewerten. Folglich befindet die Widerspruchsabteilung, dass die Widersprechende einen ausreichenden Nachweis für den Benutzungsumfang der älteren Marke geliefert hat.


Die Beweismittel belegen, dass die Marke wie eingetragen und in Verbindung mit von der Eintragung beanspruchten Waren benutzt wurde.


Das Gerichtshof hat befunden, dass eine „ernsthafte Benutzung“ einer Marke vorliegt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion – die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren – benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Darüber hinaus wird mit der Bedingung einer ernsthaften Benutzung der Gemeinschaftsmarke verlangt, dass die Marke, so wie sie in dem fraglichen Gebiet geschützt ist, öffentlich und nach außen benutzt wird (11/03/2003, C‑40/01, Minimax, EU:C:2003:145, sowie 12/03/2003, T‑174/01, Silk Cocoon, EU:T:2003:68).


Die von der Widersprechenden vorgelegten Beweismittel zeigen jedoch keine ernsthafte Benutzung der Marke in Verbindung mit allen durch die ältere Marke erfassten Waren. Pharmazeutische Erzeugnisse sind eine sehr weite Kategorie, während die ältere Marke einzig für ein bestimmtes Medikament benutzt wurde, nämlich Tabletten mit 650 mg des Wirkstoffs Paracetamol.


Gemäß Artikel 42 Absatz 2 GMV gilt die ältere Marke, wenn sie nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, benutzt worden ist, zum Zwecke der Prüfung des Widerspruchs nur für diesen Teil der Waren oder Dienstleistungen als eingetragen.


Nach der einschlägigen Rechtsprechung sollten folgende Punkte bei der Anwendung der oben genannten Bestimmung berücksichtigt werden:


„…Wenn eine Marke für eine Gruppe von Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden ist, die so weit ist, dass darin verschiedene Untergruppen ausgemacht werden können, die sich jeweils als selbständig ansehen lassen, wird der Schutz, der aus dem Nachweis fließt, dass die Marke für einen Teil dieser Waren oder Dienstleistungen ernsthaft benutzt worden ist, in einem Widerspruchsverfahren nur derjenigen Untergruppe oder denjenigen Untergruppen zuteil, zu der oder zu denen die Waren oder Dienstleistungen gehören, für die die Marke tatsächlich benutzt worden ist. Ist dagegen eine Marke für Waren oder Dienstleistungen eingetragen worden, die so genau definiert worden sind, dass es nicht möglich ist, innerhalb der betreffenden Gruppe eindeutige Unterteilungen vorzunehmen, deckt der Nachweis der ernsthaften Benutzung der Marke für diese Waren oder Dienstleistungen für die Zwecke des Widerspruchsverfahrens zwangsläufig diese ganze Gruppe ab.


Bezweckt nämlich der Begriff der teilweisen Benutzung, dass nicht Marken die Verfügbarkeit genommen wird, die für eine bestimmte Warengruppe nicht benutzt worden sind, so darf dieser Begriff doch nicht bewirken, dass der Inhaber der älteren Marke jeden Schutz für Waren verliert, die zwar nicht völlig mit den Waren identisch sind, für die er eine ernsthafte Benutzung hat nachweisen können, die sich jedoch von diesen nicht wesentlich unterscheiden und zu ein und derselben Gruppe gehören, bei der jede Unterteilung willkürlich wäre. Schließlich ist es dem Inhaber einer Marke praktisch unmöglich, deren Benutzung für alle denkbaren Varianten der von der Eintragung betroffenen Waren nachzuweisen. Infolgedessen kann der Begriff „Teil der Waren oder Dienstleistungen“ nicht so verstanden werden, dass er sich auf alle kommerziellen Ausprägungen ähnlicher Waren oder Dienstleistungen, sondern nur auf jene Waren oder Dienstleistungen bezieht, die unterschiedlich genug sind, um kohärente Gruppen oder Untergruppen bilden zu können.“


(14/07/2005, T‑126/03, Aladin, EU:T:2005:288).


Im vorliegenden Fall beweist der Nachweis die Benutzung nur für Schmerzmittel. Diese Waren können als objektive Unterkategorie von pharmazeutischen Erzeugnissen angesehen werden. Folglich geht die Widerspruchsabteilung davon aus, dass der Nachweis die ernsthafte Benutzung der Marke nur für Schmerzmittel beweist.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b GMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.



  1. Die Waren


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:


Klasse 5: Schmerzmittel.


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:


Klasse 5: Nicht verschreibungspflichtige pharmazeutische Präparate, ausgenommen hiervon sind Analgetika basierend auf dem aktiven Wirkstoff Paracetamol; sämtliche vorstehenden Waren ausschließlich zur äußerlichen Anwendung und im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates.


Die angefochtenen Waren nicht verschreibungspflichtige pharmazeutische Präparate, ausgenommen hiervon sind Analgetika basierend auf dem aktiven Wirkstoff Paracetamol; sämtliche vorstehenden Waren ausschließlich zur äußerlichen Anwendung und im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates umfassen nicht verschreibungspflichtige Schmerzmittel, die auf anderen als dem aktiven Wirkstoff Paracetamol basieren, und zur äußerlichen Anwendung im Zusammenhang mit der Behandlung des menschlichen Bewegungsapparates gedacht sind, wie z.B. Rheumasalben oder andere schmerzlindernde Salben zur Anwendung bei Gelenksbeschwerden. Daher überschneiden sie sich mit den Schmerzmitteln der Widersprechenden. Daher werden die Waren als identisch betrachtet.


  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für zu verschiedenen Graden ähnlich befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch an medizinisches Fachpersonal.


Aus der Rechtsprechung geht hervor, dass der Aufmerksamkeitsgrad des relevanten Publikums in Bezug auf pharmazeutische Erzeugnisse relativ hoch ist, unabhängig davon, ob diese verschreibungspflichtig sind oder nicht (Urteil vom 15/12/2010, T-331/09, Tolposan, EU:T:2010:520, § 26; und vom 15/03/2012, T-288/08, Zydus, EU:T:2012:124, § 36 sowie zitierte Rechtsprechung).


Insbesondere medizinisches Fachpersonal bringt bei der Verschreibung von Arzneimitteln einen hohen Grad an Aufmerksamkeit auf. Unabhängig davon, ob die Arzneimittel verschreibungspflichtig sind oder nicht, zeigt ein nicht gewerbliches Publikum ebenfalls einen höheren Aufmerksamkeitsgrad, da sich diese Erzeugnisse auf seine Gesundheit auswirken.



  1. Die Zeichen



DOLOSTOP


dolotop



Ältere Marke


Angefochtene Marke



Das relevante Gebiet ist Spanien.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, [] wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Beide Zeichen sind Einwortmarken. Hieraus ergibt sich, dass die Marken keine Elemente aufweisen, die als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnten.


Im Falle von Wortmarken ist das Wort an sich geschützt und nicht seine jeweilige Schreibweise. Mithin ist die Benutzung von Groß- oder Kleinbuchstaben unerheblich.


Nach dem Dafürhalten des Gerichts nimmt zwar der Durchschnittsverbraucher eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten. Er wird dennoch ein von ihm wahrgenommenes Wortzeichen in die Wortbestandteile zerlegen, die ihm eine konkrete Bedeutung vermitteln oder die ihm bekannten Wörtern ähnlich sind (Urteil vom 13/02/2007, T-256/04, Respicur, EU:T:2007:46, § 57).


Als Ganzes existiert keines der beiden Zeichen im Spanischen. In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei den in Rede stehenden Waren um Medikamente handelt, werden die maßgeblichen Verbraucher jedoch den in beiden Zeichen enthaltene Wortbestandteil „DOLO“ als auf dolor, Schmerz, hindeutend wahrnehmen.


In Bezug auf die ältere Marke werden die Verbraucher darüber hinaus den Wortbestandteil „STOP“ verstehen, da dieses Wort auch im Spanischen Verwendung findet und Verbrauchern bekannt ist, und im Zusammenhang mit Schmerzmitteln und dem Bestandteil „DOLO“ auf die schmerzstillenden Eigenschaften der Waren hindeutet.


Beide Elemente sind daher als kennzeichnungsschwach zu beurteilen, da alle gegenständlichen Waren schmerzstillend sind oder sein können.


Hingegen ist es unwahrscheinlich, dass die maßgeblichen Verbraucher im Hinblick auf die gegenständlichen Waren den Wortbestandteil „top“ in der angefochtenen Marke mit irgendeiner Bedeutung assoziieren.


Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstaben „DOLO(*)TOP“ überein. Sie unterscheiden sich lediglich in Bezug auf den nur der älteren Marke enthaltenen Buchstaben „S“.


Die Länge der Zeichen kann sich auf die Wahrnehmung der Unterschiede zwischen ihnen auswirken. Je kürzer ein Zeichen ist, desto leichter fällt es dem Publikum, alle seine einzelnen Elemente wahrzunehmen. Daher führen bei kurzen Wörtern schon geringe Abweichungen häufig zu einem abweichenden Gesamteindruck. Umgekehrt werden Abweichungen bei längeren Zeichen vom Publikum seltener wahrgenommen.


In Anbetracht der Tatsache, dass beide Zeichen relativ lang sind, an sich im Spanischen nicht vorkommen, und der einzige unterschiedliche Buchstabe „S“ sich in der Zeichenmitte befindet, wo er weniger ins Auge fällt, wird festgestellt, dass die Zeichen bildlich hochgradig ähnlich sind.


In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den Silben „DO-LO-TOP“ in den beiden Zeichen überein, haben also denselben Rhythmus, dieselbe Intonation und dieselbe Vokalfolge. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang des Buchstabens „S“ vor der Silbe „TOP“ in der älteren Marke, für den es im angefochtenen Zeichen keine Entsprechung gibt.


Die Zeichen sind daher auch klanglich hochgradig ähnlich.


Begrifflich wird der in beiden Zeichen enthaltene Wortbestandteil „DOLO*“ – obwohl die Zeichen als Ganzes gesehen im Spanischen nicht existieren – mit dolor, Schmerz, in Verbindung gebracht.


Der in der älteren Marke enthaltene Wortbestandteil „STOP“, der im Zusammenhang mit der auf Schmerz hindeutenden Begrifflichkeit des Bestandteils „DOLO*“ und im Hinblick auf die gegenständlichen Waren in dem Sinne wahrgenommen werden wird, dass die Waren schmerzstillende Eigenschaften haben, ergänzt diese Begrifflichkeit lediglich. Verbraucher werden nämlich sowohl die ältere Marke als auch das angefochtene Zeichen als auf die schmerzstillenden Eigenschaften der Waren hindeutend wahrnehmen, da die Annahme, sie könnten Schmerz verursachen, schlicht widersinnig wäre.


Obgleich diese Begrifflichkeit die entsprechenden Wortbestandteile in Bezug auf die gegenständlichen Waren kennzeichnungsschwach macht, resultiert aus ihr eine hohe begriffliche Ähnlichkeit der Zeichen.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.


  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Anmelderin behauptet in ihren Stellungnahmen, dass die ältere Marke eine geringe Kennzeichnungskraft habe, da es im Zusammenhang mit pharmazeutischen Produkten bereits viele Marken gebe, die den Bestandteil „DOLO*“ enthalten. Zur Unterstützung dieses Arguments nimmt die Anmelderin Bezug auf eine alphabetische Liste internationaler Medikamentennamen aus der Internetseite drugs.com, Screenshots mit auf dem spanischen Markt erhältlichen Medikamenten, sowie mehrere in Spanien eingetragene Marken.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall wurde zwar festgestellt, dass das Wort „DOLOSTOP“ als solches im Spanischen nicht existiert, jedoch beide Wortbestandteile der Marke zusammengenommen darauf hindeuten, dass die Waren schmerzstillende Eigenschaften haben. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als unterdurchschnittlich anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist das Vorliegen von Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen; diese Beurteilung hängt von einer Vielzahl von Umständen ab, insbesondere dem Bekanntheitsgrad der Marke auf dem Markt, der gedanklichen Verbindung, die das Publikum zwischen den beiden Zeichen aufbauen könnte sowie dem Grad der Ähnlichkeit zwischen den Zeichen und zwischen den Waren und Dienstleistungen (Urteil vom 11/11/1997, C-251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 22).


Der Gerichtshof hat ferner den wesentlichen Grundsatz aufgestellt, dass die Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere zwischen dem zuvor festgestellten Grad der Ähnlichkeit zwischen den Marken und den Waren oder Dienstleistungen, impliziert. Daher kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (Urteil vom 29/09/1998, C-39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).


Den maßgeblichen Verbrauchern ist zwar der Wortbestandteil „DOLO*“ als Indikator für die schmerzstillende Eigenschaften eines Medikaments geläufig, weshalb er kennzeichnungsschwach in Bezug auf die gegenständlichen Waren ist.


Allerdings gilt zu beachten, dass sich die Übereinstimmungen zwischen den Zeichen nicht auf diesen Zeichenbestandteil beschränken. Tatsächlich ist die angefochtene Marke komplett im älteren Zeichen enthalten, der einzige Unterschied besteht in dem zusätzlichen Buchstaben „S“ der älteren Marke.


Sowohl visuell als auch klanglich führt dieser Buchstabe in der Zeichenmitte nur zu einem minimalen Abstand zwischen den Zeichen. Und auch begrifflich kann er zu keinem wesentlichen Unterschied beitragen, denn obwohl der Wortbestandteil „STOP“ in der angefochtenen Marke nicht enthalten ist, ergänzt er lediglich die ohnehin gegebene Begrifflichkeit des Bestandteils „DOLO*“, nämlich die Andeutung, dass die Waren schmerzstillende Eigenschaften haben.


Eben diese Waren wurden zudem für identisch befunden.


Überdies ist die Länge der Zeichen zu berücksichtigen und der Erfahrungssatz, dass der Verkehr die in Frage stehenden Kennzeichen regelmäßig nicht gleichzeitig wahrnimmt und miteinander vergleicht, sondern seine Auffassung aufgrund eines undeutlichen Erinnerungseindrucks gewinnt, kommt. Darüber hinaus können visuelle Unterschiede im Falle von handschriftlich ausgestellten Verschreibungen leichter übersehen werden.


Folglich können die oben genannten Unterschiede trotz eines erhöhten Aufmerksamkeitsgrades der maßgeblichen Verbraucher nicht die überwältigenden Übereinstimmungen der Zeichen aufwiegen.


Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht beim Publikum Verwechslungsgefahr.


Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der spanischen Markeneintragung Nr. 625 806 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.



KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 GMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i GMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.




Die Widerspruchsabteilung


Reiner SARAPOGLU


Natascha GALPERIN

Sigrid DICKMANNS




Gemäß Artikel 59 GMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 GMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen; innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 800 EUR entrichtet worden ist.


Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 GMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Artikel 2 Nr. 30 GMGebV) entrichtet worden ist.


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