Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 298 555


Lars Schwenk, Böttgerstraße 1b, 20148 Hamburg, Deutschland (Widersprechender), vertreten durch Hauck Patentanwaltspartnerschaft mbB, Kaiser-Wilhelm-Straße 79-87, 20355 Hamburg, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Erbacher Food Intelligence GmbH & Co. KG, Im Steiner 2-4, 63924 Kleinheubach, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Astrid Nitz, Goldbacher Str. 14, 63739 Aschaffenburg, Deutschland (zugelassener Vertreter).


Am 04.02.2019 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Dem Widerspruch Nr. B 2 298 555 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.


2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 12 043 022 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.


3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG:


Der Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 12 043 022 (Wortmarke Mjam!) ein, und zwar gegen alle Waren der Klassen 29, 30 und 32. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 302 010 001 516 (Wortmarke mjam). Der Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a und b UMV.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.



a) Die Waren und Dienstleistungen


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:


Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild; Fleischextrakte; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees); Konfitüren, Kompotte; Eier, Milch und Milchprodukte; Speiseöle und –fette.


Klasse 30: Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Sago, Kaffee-Ersatzmittel; Mehle und Getreidepräparate; Brot, feine Backwaren und Konditorwaren, Speiseeis; Honig, Melassesirup; Hefe, Backpulver; Salz; Senf; Essig, Saucen (Würzmittel); Gewürze; Kühleis.


Klasse 35: Werbung; Geschäftsführung; Unternehmensverwaltung; Büroarbeiten.


Klasse 43: Dienstleistungen zur Verpflegung und Beherbergung von Gästen.


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:


Klasse 29: Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte, Eier, Milch und Milchprodukte, Speiseöle und –fette, geröstete Nüsse, geschälte Nüsse, gesalzene Nüsse, Nüsse (verarbeitet), essbare Nüsse, Nusspaste, Obst- und Nussmischungen.


Klasse 30: Nahrungsmittel auf der Grundlage von Getreide, Müsli, Zerealien, Snackriegel, Kekse, Mehle, Getreideprodukte, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Cormflakes, Getreidesnacks, Kekse, Waffeln, Kleingebäck, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Soja, Kaffee-Ersatzmittel, Nüsse mit Schokoladenüberzug.


Klasse 32: Biere; alkoholfreie Getränke, Molkegetränke, Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.


Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 33 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza‑Klassifikation erscheinen.


Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.


Angefochtene Waren in Klasse 29


Fleisch, Fisch, Geflügel und Wild, Fleischextrakte, konserviertes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Gallerten (Gelees), Konfitüren, Kompotte, Eier, Milch und Milchprodukte, Speiseöle und –fette sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten (einschließlich Synonyme).


Die angefochtenen Waren Obstmischungen sind in der breiten Kategorie der Waren getrocknetes Obst des Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit dieser; deshalb sind sie identisch.


Die angefochtenen Waren geröstete Nüsse, geschälte Nüsse, gesalzene Nüsse, Nüsse (verarbeitet), essbare Nüsse, Nusspaste, Nussmischungen sind mindestens geringfügig ähnlich zu den Waren konserviertes Obst, da sie in Hersteller, Vertriebskanälen und Zielpublikum übereinstimmen.


Angefochtene Waren in Klasse 30


Getreideprodukte, Brot, feine Backwaren und Konditorwaren; Speiseeis, Honig, Melassesirup, Hefe, Backpulver, Salz, Senf, Essig, Saucen (Würzmittel), Gewürze, Kühleis, Kaffee, Tee, Kakao, Zucker, Reis, Tapioka, Soja, Kaffee-Ersatzmittel, Mehle sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten (einschließlich Synonyme).


Die angefochtenen Waren Nahrungsmittel auf der Grundlage von Getreide, Müsli, Zerealien, Snackriegel, Kekse, Cornflakes, Getreidesnacks, Kekse, Waffeln, Kleingebäck sind in der breiten Kategorie der Waren Getreidepräparate des Widersprechenden enthalten oder überschneiden sich mit dieser; deshalb sind sie identisch.


Die angefochtenen Waren Nüsse mit Schokoladenüberzug sind den Waren Getreidepräparate des Widersprechenden ähnlich, da sie in Hersteller, Vertriebskanälen und Zielpublikum übereinstimmen. Zudem haben sie denselben Zweck und stehen im Wettbewerb zueinander.


Angefochtene Waren in Klasse 32


Die angefochtenen Waren alkoholfreie Getränke sind ähnlich zu den Waren Kaffee des Widersprechenden in Klasse 30, da sie in Hersteller, Vertriebskanälen und Zielpublikum übereinstimmen. Zudem stehen sie im Wettbewerb zueinander.


Die angefochtenen Waren Biere; Molkegetränke, Mineralwässer und andere kohlensäurehaltige Wässer; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken sind geringfügig ähnlich zu den Dienstleistungen zur Verpflegung von Gästen in Klasse 43, da sie in Hersteller und Vertriebskanälen übereinstimmen. Zudem sind sie komplementär.



b) Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren und Dienstleistungen an das breite Publikum. Da es sich teilweise um günstige Massenware wie Getränke handelt, variiert der Aufmerksamkeitsgrad von gering bis durchschnittlich.



c) Die Zeichen


mjam


Mjam!



Ältere Marke


Angefochtene Marke


Das relevante Gebiet ist Deutschland.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Beide Zeichen sind Wortmarken. Im Falle von Wortmarken ist das Wort an sich geschützt und nicht seine Schreibweise. Folglich ist die Benutzung von Groß- oder Kleinschreibung irrelevant.


Das Ausrufezeichen am Zeichenende der angefochtenen Marke als gewöhnliches Satzzeichen, welches lediglich der Hervorhebung des vorstehenden Wortelements dient, hat keine Unterscheidungskraft. Da es auch nicht ausgesprochen wird spielt es für den Zeichenvergleich eine sehr untergeordnete Rolle.


Das Element „mjam“ in beiden Zeichen wird von einem Teil des relevanten Publikums möglicherweise als Onomatopoetikum eines Schmatzgeräusches und somit als Anspielung auf etwas Schmackhaftes verstanden, gleich wie das orthografisch korrekte Wort „njam“; es gilt somit für einen Teil des Publikums als kennzeichnungsschwach für Lebensmittel, für den größeren Teil der relevanten Verbraucher hat es hingegen keine Bedeutung. Die Widerspruchsabteilung wird sich im weiteren Vergleich auf diesen Teil der Verbraucher stützen.



Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „mjam“ überein; sie unterscheiden sich allein in dem Ausrufezeichen in der angefochtenen Marke.


Die Zeichen sind daher stark ähnlich.


In klanglicher Hinsicht sind die Zeichen identisch, da ein Ausrufezeichen nicht ausgesprochen wird und es auch keinen Einfluss auf die Aussprache des davorgesetzten Wortes hat.


In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



d) Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Der Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass seine Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.



e) Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Die Waren und Dienstleistungen sind identisch bzw. zu verschiedenen Graden ähnlich. Die Zeichen sind bildlich stark ähnlich und klanglich identisch. Der Aufmerksamkeitsgrad variiert von gering bis durchschnittlich und die Kennzeichnungskraft der älteren Marke gilt als durchschnittlich.


Aufgrund der klanglichen Identität und der bildlichen starken Ähnlichkeit besteht eindeutig Verwechslungsgefahr, da die ältere Marke in dem angefochtenen Zeichen komplett enthalten ist und sich dieses nur in dem nicht unterscheidungskräftigen zusätzlichen Ausrufezeichen von der älteren Marke unterscheidet.


Es ist in der Tat höchst denkbar, dass der relevante Verbraucher die angefochtene Marke als Untermarke wahrnimmt, d. h. als Abwandlung der älteren Marke, die je nach Art der mit ihr gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen verschiedene Gestaltungen aufweist (23/10/2002, T‑104/01, Fifties, EU:T:2002:262, § 49).


Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 302 010 001 516 des Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.


Da dem Widerspruch aufgrund von Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV in vollem Umfang stattgegeben wurde, besteht keine Notwendigkeit zur Prüfung des anderen Widerspruchsgrunds, nämlich Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe a UMV. Dieser Grund wäre sowieso nicht anwendbar, da die die Zeichen offensichtlich nicht identisch sind.



KOSTEN


Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle dem Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die dem Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.





Die Widerspruchsabteilung


Tobias KLEE

Lars HELBERT

Swetlana BRAUN



Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


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