LÖSCHUNGSABTEILUNG




LÖSCHUNG Nr. 11 210 C (NICHTIGKEIT)


Abitron Germany GmbH, Adalbert-Stifter-Straße 2, 84085 Langquaid, Deutschland (Antragstellerin), vertreten von Maiwald Patentanwalts- und Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Elisenhof Elisenstr. 3, 80335 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Hetronic International, Inc., 3000 NW 149th Street, Oklahoma City Oklahoma 73134, Vereinigte Staaten von Amerika (Inhaberin der Unionsmarke), vertreten von Gleiss Lutz Hootz Hirsch, Karl-Scharnagl-Ring 6, 80539 München, Deutschland (zugelassener Vertreter).


Am 28.02.2019 trifft die Löschungsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG


1. Der Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit wird vollständig zurückgewiesen.


2. Die Antragstellerin trägt die Kosten, die auf 450 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG


Die Antragstellerin hat einen Antrag auf Nichtigerklärung der Unionsmarke Nr. 13 711 718 „NOVA“ (Wortmarke) (nachstehend die Unionsmarke genannt) eingereicht. Der Antrag richtet sich gegen alle Waren, die von der Unionsmarke erfasst werden, nämlich gegen alle Waren der Klasse 9. Die Antragstellerin beruft sich auf Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b UMV sowie auf Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe c UMV in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 4 UMV.


ZUSAMMENFASSUNG DER ARGUMENTE DER PARTEIEN


Die Antragstellerin trägt vor, dass die Markeninhaberin bei der Anmeldung der Unionsmarke bösgläubig gehandelt habe. Die Marke sei unter Missachtung der der Markeninhaberin seit Jahren bekannten, über Jahrzehnte erfolgten, umfangreichen Benutzung des Zeichens „NOVA“ durch die Antragstellerin angemeldet worden, um die Antragstellerin an der eigenen Nutzung des Zeichens zu hindern und damit wirtschaftlich zu schädigen. Die Antragstellerin zähle zu den führenden Herstellern von qualitativ hochwertigen (Sicherheits-)Funkfernsteuerungen für Krane, Maschinen und Fahrzeuge für die Industrie, den Bausektor, für den Bereich der mobilen Hydraulik sowie den Sonderfahrzeugbau. Bei der NOVA-Serie handele es sich um kleine, robuste Funkfernsteuerungen für digitale und proportionale Anwendungen in speziellem Design in drei unterschiedlichen Größen (M, L, XL). Die Markeninhaberin sei ein US-amerikanisches Unternehmen und gehöre zur HETRONIC-Gruppe. Seit dem 06/06/2014 stünden sich die Parteien mit ihren Produkten als Konkurrenten auf dem deutschen Markt gegenüber. Bereits im Juni 2014 habe die Inhaberin begonnen, die bisherigen Kunden der Antragstellerin zu kontaktieren und abzuwerben.


Die Antragstellerin macht die Firmengeschichte und die Verbindungen zwischen der Antragstellerin und der Markeninhaberin bekannt. Der Ursprung der gesamten HETRONIC-Gruppe befinde sich in Langquaid und gehe bis ins Jahr 1982 zurück. Damals habe Max Heckl mit der Entwicklung der ersten Funkfernsteuerungen begonnen. Aus seiner Firma „Heckl Electronic“ sei am 09/04/1990 die HETRONIC Steuersysteme GmbH hervorgegangen, die am 13/08/2007 in HETRONIC Deutschland GmbH umbenannt worden sei. In den folgenden Jahren sei ein weltweites Netzwerk gegründet worden, unter anderem HETRONIC Asia, HETRONIC Malta, HETRONIC USA, HETRONIC International. Die Entwicklung und die Produktion seien bei der HETRONIC-Steuersysteme GmbH in Deutschland verblieben. Die vom Gründer, Max Heckl, bis 2008 allein geführte HETRONIC-Gruppe sei im Herbst 2008 geteilt worden, und zwar in den Teilkonzern, der mit Unternehmenskaufvertrag von Methode Electronics Inc., USA erworben worden sei, und in die HETRONIC Deutschland GmbH. Die HETRONIC Deutschland GmbH sei nicht Gegenstand des Unternehmenskaufvertrages geworden. Zu den Vermögenswerten der Firma hätten auch die Rechte an der nicht eingetragenen Marke „NOVA“ gehört. Mit Unternehmenskaufvertrag vom 31/03/2010 seien sämtliche Vermögenswerte der HETRONIC Deutschland GmbH an die HETRONIC Germany GmbH verkauft und auf sie übertragen worden - somit auch die Rechte an der nicht eingetragenen Marke „NOVA“. Im Jahre 2013 hätten die Geschäftsführung und ein wesentlicher Teil der technischen Leitung die Antragstellerin verlassen. Am 06/06/2014 seien die vorgenannten Verträge seitens der Markeninhaberin außerordentlich gekündigt worden. Danach sei die Firma der Antragstellerin (Abitron Germany GmbH) am 06/06/2014 gegründet worden. Somit habe die Antragstellerin alle Vermögenswerte der HETRONIC Germany GmbH durch Unternehmenskaufvertrag vom 31/08/2014 erworben.


Des Weiteren führt die Antragstellerin die Historie der NOVA-Produkte der Antragstellerin aus. Die Serie sei in den 90er Jahren von der HETRONIC Steuersystem GmbH entwickelt worden. Die neu entwickelte Funkfernsteuerung sei mit der Kennzeichnung „NOVA“ auf der Messe „BAUMA 1995“ vorgestellt worden. Die vertraglichen Regelungen innerhalb der HETRONIC-Gruppe seien eindeutig gewesen: Die HETRONIC Steuersysteme GmbH sei von Anfang an Inhaberin der Rechte an dem Zeichen „NOVA“ gewesen. Sie allein bzw. die nachfolgende HETRONIC Germany GmbH hätten die NOVA-Produkte in Deutschland vertreiben dürfen. Die Rechte seien zu keinem Zeitpunkt auf die Markeninhaberin übergangen oder übertragen worden. Die Vermögenswerte der HETRONIC Deutschland GmbH sollten ausdrücklich bei dieser verbleiben. Somit sei die Markenanmeldung bösgläubig und zum Zweck erfolgt, die Antragstellerin an der weiteren Verwendung des Zeichens NOVA in Deutschland zu hindern.


Die Antragstellerin bezieht sich auch auf die nicht eingetragene Marke „NOVA“, die von ihr verwendet werde. Das Zeichen habe durch Benutzung im geschäftlichen Verkehr bereits Ende der 1990er Jahre innerhalb der beteiligten Verkehrskreise als Marke Verkehrsgeltung erlangt. Bei den beteiligten Verkehrskreisen handele sich um gewerbliche Kunden aus den Bereichen Bau, Industrie und Hydraulik. Die Produktreihe sei seit 1995 allein von der HETRONIC Steuersysteme GmbH und seit 2007 von der HETRONIC Deutschland GmbH auf dem deutschen Markt angeboten und verkauft bzw. vermietet worden. Das Zeichen sei seit 1995 umfassend genutzt worden und habe einen enormen wirtschaftlichen Erfolg.


Die Markeninhaberin bestreitet bzw. „berichtigt“ den Vortrag der Antragstellerin bezüglich der Firmengeschichte, der Benutzung des Zeichens „NOVA“ sowie der Verbindungen zwischen der Antragstellerin und der Markeninhaberin. Die Markeninhaberin trägt vor, dass der Gründer Max Heckl im Zuge der Verlagerung des Firmenstammsitzes in die USA alle immateriellen Vermögensgüter, einschließlich aller geistigen Eigentumsrechte der HETRONIC Steuersysteme GmbH und den übrigen verbundenen Unternehmen der HETRONIC-Gruppe, auf die neu gegründete HETRONIC International übertragen habe. Somit seien die Rechte an dem Zeichen „NOVA“ auf die HETRONIC International übergegangen. Die HETRONIC Steuersysteme GmbH habe lediglich als ein nicht-exklusives Montage- und lokales Vertriebsunternehmen für Hetronic-Produkte fungiert. Die Firma sei im Jahr 2007 in HETRONIC Deutschland GmbH umbenannt worden, die auch als nicht-exklusiver Vertriebs- und Montagepartner von HETRONIC International in Deutschland agiert habe. Die von der Firma zusammengebauten Systeme seien mit dem HETRONIC-System-Identifizierungslabel versehen worden. Die HECTRONIC-Gruppe sei mit Unternehmenskaufvertrag vom 30/09/2008 an Methode Electronics Inc. verkauft worden. Somit hätten Methode und deren Tochtergesellschaften sämtliche Vermögensgegenstände und Anteile aller HETRONIC-Gesellschaften der HETRONIC-Gruppe mit Ausnahme der HETRONIC Deutschland erworben. Die Inhaberrechte an den Marken „HETRONIC“ sowie an der deutschen Benutzungsmarke „NOVA“ seien auf Methode und ihre Tochtergesellschaften übertragen worden. Die Firma HETRONIC Deutschland sei nicht Gegenstand des Vertrages und habe weiterhin das Vertriebs- und Montagegeschäft geführt. Einige Unternehmen der Methode-Gruppe hätten unter der Kontrolle der Markeninhaberin weiterhin in ganz erheblichem Umfang diverse Produkte der Marken „HETRONIC“ bzw. „NOVA“ direkt an verschiedene Kunden in Deutschland verkauft. Zwar trage die Antragstellerin richtig vor, dass die HETRONIC Deutschland an HETRONIC Germany GmbH verkauft worden sei, jedoch hätten die Rechte an der deutschen Benutzungsmarke „NOVA“ nicht zu den übertragenen Vermögenswerten gehört. HETRONIC Germany habe das Recht, „NOVA“-Produkte, die sie entweder als fertige Produkte von der Markeninhaberin bezogen oder selbst unter Benutzung von Originalteilen der Markeninhaberin montiert habe, zu beerben, zu vermarkten und zu verkaufen. Stattdessen seien unter Verletzung des Vertrags gefälschte Teile verwendet worden, was zur Beendigung der vertraglichen Beziehungen geführt habe. Nachdem die Markeninhaberin von den Vertragsverstößen Kenntnis erlangt hatte, habe sie den Lizenz- und den Vertriebsvertrag außerordentlich gekündigt. Nach der Beendigung der vertraglichen Beziehungen seien die HETRONIC-Produkte von den mit der Markeninhaberin verbundenen Unternehmen der Methode-Gruppe unter der Kontrolle der Markeninhaberin an Abnehmer in Deutschland geliefert worden. Auch in der Zukunft beachsichtige die Markeninhaberin den Verkauf der „NOVA“-Produkte fortzusetzen. Zwar möge die Antragstellerin durch den Kaufvertrag vom 31/08/2014 sämtliche Vermögenswerte erworben haben, zu diesen zählte aber mitnichten ein Recht an dem Produktnamen „NOVA“. Die Markeninhaberin habe die Antragstellerin mit Schreiben vom 02/07/2015 abgemahnt und aufgefordert, die Benutzung des Zeichens „NOVA“ zu unterlassen. Auf diese Abmahnung habe die Antragstellerin mit dem Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit reagiert.


Die Markeninhaberin führt aus, dass kein relativer Nichtigkeitsgrund vorliege. Die Antragstellerin habe nicht beweisen können, dass ihr die Rechte an dem Produktnamen „NOVA“ in Deutschland zustünden. Die Markeninhaberin stimmt zu, dass die Benutzung des Zeichens zur Kennzeichnung von Funkfernsteuerungen in Deutschland bereits Ende der 1990er Jahre begonnen habe, und das Zeichen als Marke Verkehrsgeltung erworben habe. Das Zeichen sei im geschäftlichen Verkehr als Hinweis auf die Herkunft der damit gekennzeichneten Waren aus einem einzigen bestimmten Unternehmen, nämlich dem der HETRONIC Steuersysteme gesehen worden. Mit der Übertragung einer Benutzungsmarke wechsele lediglich die Inhaberschaft an dieser Marke. Für den weiteren Bestand einer Benutzungsmarke komme es nicht darauf an, ob mit der Marke ein konkretes Unternehmen in Verbindung gebracht werde. So sei das Zeichen von HETRONIC Steuersysteme auf HETRONIC International, auf Methode-H (2008) und die Markeninhaberin übertagen worden. Mithin sei die Markeninhaberin bis heute Inhaberin der Benutzungsmarke. Die Antragstellerin sei nicht Inhaberin der älteren deutschen Marke und habe kein älteres Recht nachgewiesen.


Die Markeninhaberin trägt vor, dass die Anmeldung der Unionsmarke keinesfalls als bösgläubig bewertet werden könne. Die bloße Kenntnis genüge nicht für die Annahme der Bösgläubigkeit. Die Markeninhaberin habe mit der Anmeldung eine eigene Benutzungsabsicht verfolgt. Die Inhaberin habe ein berechtigtes Ziel gehabt, da sie gewusst habe, dass die Antragstellerin versuche, Nutzen aus der Verwendung ihres bekannten Zeichens „NOVA“ zu ziehen.


Die Antragstellerin bestreitet die Inhaberschaft der Markeninhaberin an der nicht eingetragenen Marke „NOVA“. Das Vorbringen der Inhaberin sei sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch bezüglich des behaupteten Übertragungsvorgang und -inhalts unsubstantiiert. Es bleibe auch unklar, wann die von der Markeninhaberin behauptete Übertragung stattgefunden haben soll. Es fehlten Vereinbarungen über die Rechte an der nicht eingetragenen Marke „NOVA“. Entgegen der Auffassung der Markeninhaberin sei die Rechtslage eine vollkommen andere. Die Benutzung des Zeichens sei bis August 2014 ausschließlich durch die HETRONIC Steuersysteme GmbH, HETRONIC Deutschland GmbH sowie HETRONIC Germany GmbH erfolgt. Diese Firmen hätten ein exklusives Vertriebsrecht für HETRONIC-Produkte in Deutschland. HETRONIC International bzw. Methode H-International Inc. hätten allein aufgrund der Direktbelieferung von BOMAG durch die HETRONIC Malta Limited kein eigenes Recht an der deutschen nicht eingetragenen Marke „NOVA“ erworben.


Die Markeninhaberin bestreitet weiterhin die Inhaberschaft der Antragstellerin an der nicht eingetragenen Marke. Die Markeninhaberin habe eine Klage gegen die HETRONIC Germany beim United States District Court for the Western District of Oklahoma gestellt. Im Rahmen einer Voruntersuchung des Verfahrens habe eine Zeugenvernehmung stattgefunden. Herr Heckl sei unter anderem zur Entstehung der Marke „NOVA“ befragt worden. Die von Herrn Heckl gemachten Ausführungen bestätigten die in bisherigen Schriftsätzen der Markeninhaberin dargelegte Auffassung der Sach- und Rechtslage. Herr Heckl habe ausdrücklich bestätigt, dass alle eingetragenen und nicht eingetragenen Markenrechte im Jahr 2000 von der HETRONIC Steuersysteme GmbH auf die damals neu gegründete U.S.-Gesellschaft übertragen worden seien. Darüber hinaus seien diese Rechte im Jahr 2010 auf die Methode Electronics Inc. übertragen worden. Herr Heckl bestätige, dass die HETRONIC Steuersysteme ein nicht exklusives Montage- und lokales Vertriebsunternehmen für die HETRONIC Produkte gewesen seien. HETRONIC Deutschland habe auch keine geistigen Eigentumsrechte an den Funkfernsteuerungen.


Die Antragstellerin bestreitet weiterhin die Inhaberschaft der Markeninhaberin. Bezüglich der Aussagen von Herrn Heckl trägt sie vor, dass diese zwar richtig seien, die Schlussfolgerungen daraus hingegen nicht. Herr Heckl sagt aus, die Übertragung sei dokumentiert worden, dieses Dokument sei aber nicht auffindbar. Es wisse niemand mehr, zu welchen Konditionen sie stattgefunden hätte. Des Weiteren sei kein Kaufpreis gezahlt worden. Erhebliche Zweifel drängten sich an der Glaubwürdigkeit von Herrn Heckl auf.


Die Markeninhaberin erwidert, dass an der Glaubwürdigkeit des Herrn Heckl, an der Richtigkeit seiner Aufführungen sowie an der Rechte an der Marke „NOVA“ der Inhaberin keine Zweifel bestünden.



Zur Stützung ihrer Ausführungen hat die Antragstellerin am 20/07/2015 folgende Unterlagen eingereicht:


  • Auszug aus dem Internetauftritt der Antragstellerin www.abitronremote.com vom 14/07/2015. Im Auszug sind NOVA Produkte von Abitron zu sehen.


  • Eidesstattliche Versicherung der Geschäftsführerin der Antragstellerin, Frau Daniela Hammerer, vom 16/07/2015. In der Erklärung wird die Firmengeschichte vorgetragen. Frau Hammerer führt aus, dass die von HETRONIC Germany GmbH angebotenen Funkfernsteuerungen, insbesondere die NOVA-Serie, zum größten Teil in Deutschland hergestellt worden seien. Der Anteil der NOVA-Serie am Gesamtumsatz der HETRONIC Germany GmbH habe in den Jahren 2010-2014 zwischen 40 und 43% umfasst. Bei der ABITRON Germany GmbH sei dieser bisher auf etwa die Hälfte (49%) des Gesamtumsatzes gestiegen. Die HETRONIC International (Markeninhaberin) führe einen Rechtsstreit gegen die HETRONIC Germany GmbH, Gegenstand der Klage sei eine angebliche Vertragsverletzung. Des Weiteren sei eine Klageerweiterung auf die ABITRON Germany GmbH erfolgt.


  • Auszug aus dem Unternehmenskaufvertrag vom 31/03/2010. Der Vertrag sei zwischen der HETRONIC Deutschland GmbH (Verkäufer) und der HETRONIC Germany GmbH (Käufer) entstanden. Der Verkäufer verkaufe und übergebe unter anderem „sämtliche immateriellen Vermögensgegenstände“ an den Käufer. Die Antragstellerin trägt vor, dass auch die Rechte an der nicht eingetragenen Marke „NOVA“ dazu gehörten. Im Vertrag erscheint diese Bezeichnung jedoch nicht, und es gibt keinen einzigen Hinweis auf die konkreten Produkte, insbesondere auf NOVA-Produkte.


  • Auszug aus dem Lizenzvertrag (License Agreement) vom 31/03/2010. Der Vertrag sei zwischen der HETRONIC International (Markeninhaberin) und der HETRONIC Germany GmbH entstanden. Die Anlage ist auf Englisch, es fehlt die deutsche Übersetzung. Es ist jedoch festzustellen, dass es sich im Dokument um die Bezeichnung „HETRONIC“ handelt, das Zeichen bzw. die Benennung „NOVA“ erscheint nicht.


  • Auszug aus dem Vertriebsvertrag (Distribution und Assembling Partner Agreement) vom 31/03/2010. Der Vertrag sei zwischen der HETRONIC Germany GmbH und der HETRONIC International (Markeninhaberin) entstanden. Das Dokument ist in englischer Sprache verfasst, es fehlt die deutsche Übersetzung. Es handelt sich um „HETRONIC“-Produkte, es gibt aber keinen Hinweis auf die konkreten „NOVA“-Waren.


  • Auszug aus dem Unternehmenskaufvertrag vom 31/08/2014 zwischen der HETRONIC Germany GmbH und der ABITRON Germany GmbH. Der Verkäufer verkaufe und übertrage „sämtliche immateriellen Vermögensgegenstände“ an den Käufer. Im Dokument gibt es keine bestimmten Regelungen über die „Nova“-Waren bzw. über die Benutzung der Bezeichnung.


  • Eidesstattliche Versicherung des Herrn Anton Mayer, Mitarbeiter der Antragstellerin, vom 16/07/2015. Im Jahre 1993 sie von Herrn Max Heckl ein Auftrag an eine Designagentur vergeben worden, um für die Fernfunksteuerung ein neues Gehäuse zu entwickeln. Zwei Namen seien im Spiel gewesen, und zwar NAUTILUS und NOVA.


  • Konstruktionszeichnungen „NAUTILUS“ vom 30/09/2014 sowie Konstruktionszeichnungen „NOVA“ vom 20/06/1995 und 20/12/1996. In den Unterlangen erscheinen die Firma HETRONIC Steuersysteme und die Bezeichnungen NAUTILUS und NOVA.


  • Werbeanzeigen für NOVA in den Zeitschriften „Bauwoche“ vom Juni 1995 mit Abbildungen und „Hebezeuge und Fördermittel“ vom Juli 1995. In der letzteren erscheint der Produktname „NOVA“. Die Quellen, d. h. die Zeitschriftnamen und die Ausgabedaten, werden von der Antragstellerin in Handschrift angegeben.


  • Abmahnschreiben vom 02/07/2015. Mit dem Abmahnschreiben fordert die Markeninhaberin die Antragstellerin auf, die Nutzung der Bezeichnung „NOVA“ in Deutschland ab sofort zu unterlassen. Ein weiteres gerichtliches Vorgehen gegen die Antragstellerin sei zu befürchten.


  • Kundenanschreiben der HETRONIC Germany GmbH vom 26/08/2014 und der Antragstellerin vom 01/09/2014. Die Schreiben informieren die Kunden, dass sich die Firmengruppe und ihre Produkte ab 01/09/2014 unter dem neuen Namen ABITRON präsentierten. In den Unterlagen werden allgemeine Angaben gemacht und unter „ARBITRON Produkte“ sind auch allgemeine Informationen zu finden. Das Zeichen „NOVA“ erscheint nicht in den Schreiben.


  • Fotos von Messeauftritten auf der BAUMA 2010 und 2013 , Hannovermesse 2013 und 2014, CV-Show 2015. Auf den Fotos erscheinen die Bezeichnungen HETRONIC und NOVA zusammen sowie ABITRON und NOVA zusammen mit den Abbildungen der Produkte. Die Unterlagen sind undatiert. Ausstellungsort und -zeit werden von der Antragstellerin angegeben.


  • Werbeanzeigen und Pressemitteilungen über NOVA-Produkte aus dem Zeitraum 1996-2013. Die Unterlagen enthalten Informationen über die NOVA-Serie. Als Kontaktpartner werden Hydronic Handelsges.m.b.H., HETRONIC Steuersysteme, HETRONIC Deutschland angegeben.


  • Deckblatt Bedienungsanleitung NOVA – undatiert.


  • 2 Rechnungen aus dem Jahre 1999. Die Rechnungen wurden von HETRONIC Steuersysteme an zwei Adressaten in Deutschland ausgestellt und beziehen sich auf jeweils 1 Stück NOVA-Funkfernsteuerung.



Am 24/12/2015 hat die Inhaberin der Unionsmarke zur Stützung ihrer Ausführungen folgende Unterlagen eingereicht:


  • Eine bildliche Darstellung des Sachverhalts bezüglich der Firmengeschichte und der Verbindungen zwischen der Antragstellerin und der Markeninhaberin:




  • Eidesstattliche Versicherung des Herrn Mark Shermetaro vom 18/12/2015. In der Versicherung werden Details über die Firmengeschichte, wie Gründung, Entwicklung, Teilung, Verbindungen, Kündigung usw., vorgetragen.


  • Auszüge aus dem Markenregister des Deutschen Patent- und Markenamtes bezüglich der deutschen Wortmarke Nr. 397 33 732 „HETRONIC“ sowie der deutschen Bildmarke Nr. 397 33 733 . Die Anmelderin der Marken war die HETRONIC Steuersysteme GmbH im Jahre 1997. Aus der Registerauskunft geht hervor, dass die Marken auf die HETRONIC International Inc. (USA) übertagen wurden.


  • Abbildung des HETRONIC-System-Identifizierungslabels, mit dem sämtliche von HETRONIC Deutschland zusammengebauten Teile versehen worden seien.


  • Konstruktionszeichnungen von NOVA-Funkfernsteuerungen mit Artikelnummern. In den Unterlagen erscheint das Zeichen und die BOMAG GmbH als „Customer“.


  • 4 Rechnungen von der HETRONIC Malta an die BOMAG GmbH. Die Rechnungen stammen aus 2009, 2010 und 2014. In den Rechnungen erscheinen das Zeichen „NOVA“ und/oder die Artikelnummer der berechneten Waren.


  • Kataloge aus den Jahren 2008, 2009 und teilweise undatiert. In den Unterlagen erscheinen „NOVA“-Produkte mit dem Kennzeichen HETRONIC. Als Hersteller erscheint HETRONIC bzw. die HETRONIC-Gruppe wie folgt:




  • Übertragungsvereinbarungen zwischen der HETRONIC Deutschland GmbH und der HETRONIC Steuersysteme GmbH einerseits und der HETRONIC International Inc. andererseits bezüglich der HETRONIC-Marken vom 26/09/2008.


  • Distribution and Assembling Partner Agreement zwischen der HETRONIC Deutschland GmbH als Partner und der HETRONIC International Inc. vom 25/08/2008. Der Vertrag legt fest, dass der Partner Produkte direkt von HETRONIC’s Massenfertigungsanlagen in Malta und Asien zu den in diesem Vertrag festgelegten Bedingungen beziehen könne. Der Partner erhalte das Recht, HETRONIC Funkfernsteuerungen in Übereinstimmung mit den HETRONIC Standards, Dokumentationen und Plänen zusammenbauen. Alle vom Partner zusammengebauten Systeme müssten mit dem HETRONIC-System-Identifizierungslaben in seiner neuesten Version versehen sein.


  • Übertragungsvereinbarungen zwischen der HETRONIC International Inc. und der HETRONIC Malta einerseits und der Methode-H International Inc. andererseits bezüglich der HETRONIC-Marken aus dem Jahre 2008.


  • Rechnungen aus 2009 von der HETRONIC Malta an die BOMAG GmbH. Die berechneten Waren werden mit Artikelnummern, die sich auf NOVA-Produkte beziehen, identifiziert.


  • Affidavit des Herrn Sean C. Filfield vom 18/12/2015 mit der Anlage „Asset and Share Purchase Agreement“ (ASPA) sowie eine beglaubigte Übersetzung des Affidavits. In der Eidesstattlichen Versicherung wird vorgetragen, dass die Firma „Methode“ und deren Tochtergesellschaften (Methode-Gruppe) sämtliche Vermögensgegenstände und Anteile aller Hetronic-Gesellschaften der Hetronic-Gruppe, mit Ausnahme des Montage- und Vertriebsgeschäfts der Hetronic-Deutschland GmbH, erworben hätten. Der Erwerb des Hetronic-Geschäfts durch Methode habe Hetronic Deutschland nicht eingeschlossen. ASPA definiere auch den Begriff „geistiges Eigentum“, somit gehörten zu den verkauften Vermögenswerten sämtliche Marken (sowohl die eingetragenen als auch die nicht eingetragenen). Folglich seien alle Rechte an der Benutzungsmarke „NOVA“ Gegenstand des ASPA, und die Inhaberrechte seien auf Methode bzw. ihre Tochtergesellschaften übertragen worden. Die Unterlagen enthalten allgemeine Regelungen, aber keine konkreten Bestimmungen hinsichtlich der Bezeichnung „NOVA“.


  • Bill of Sale and Assigment der HETRONIC International vom 30/09/2008 – in englischer Sprache. Die Markeninhaberin führt aus, dass sich aus dem Dokument ergebe, dass sämtliche Vermögenswerte auf die Methode-H International Inc. übertragen worden seien.


  • Auszug aus dem Handelsregister des U.S.-Bundesstaates Delaware. Mit Wirkung vom 01/10/2008 habe die Methode-H in die HETRONIC International Inc. umfirmiert.


  • Distribution and Assembling Partner Agreement zwischen der HETRONIC Deutschland GmbH als Partner und der Methode-H vom 30/09/2008. Es handele sich um einen Vertriebs- und Montagepartnervertrag.


  • Protective Order des United States District Court for the Western District of Oklahoma vom 12/09/2014. Die vollständige Kopie wird als “Confidential” (vertraulich) erklärt.


  • Distribution and Assembling Partner Agreement zwischen der HETRONIC Germany GmbH als Partner und der HETRONIC International Inc. vom 02/04/2010.


  • Produktbeschreibungen von „NOVA“-Funkfernsteuerungen mit Artikelnamen und -nummern.


  • Rechnungen aus Jahren 2010-2014 von der HETRONIC Malta an die BOMAG GmbH. Die berechneten Waren werden mit Artikelnummern, die sich auf NOVA-Produkte beziehen, identifiziert.


  • Kündigungsschreiben vom 06/06/2014 der HETRONIC International an die HETRONIC Germany nebst Zustellungsnachweis vom 10/06/2014. Die Markeninhaberin habe den Lizenzvertrag außerordentlich gekündigt. Daraufhin habe sie einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Landgericht München I gestellt, der zurückgenommen worden sei. Danach habe die Markeninhaberin eine Klage gegen die HETRONIC Germany beim United States District Court for the Western District of Oklahoma gestellt. Das Verfahren sei noch nicht abgeschlossen.


  • Rechnungen aus 2014 von der HETRONIC Malta an die BOMAG GmbH. Die berechneten Waren werden mit Artikelnummern, die sich auf NOVA-Produkte beziehen, identifiziert.



VORBEMERKUNGEN


Sowohl die Antragstellerin als auch die Markeninhaberin führen in ihren Stellungsnahmen langatmig die Firmengeschichte und die Verbindungen der Parteien aus, um ein angebliches Inhaberschaftsrecht darzulegen. Beide Beteiligten stellen die Firmengeschichte aber unterschiedlich dar.


Die Löschungsabteilung stellt fest, dass die etwaigen Streitigkeiten der Parteien nach nationalem (bürgerlichem) bzw. Gesellschaftsrecht nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens sind.


Im hiesigen Nichtigkeitsverfahren werden lediglich die Ausführungen der Parteien geprüft, die verfahrensgegenständlich relevant sind.



ABSOLUTE NICHTIGKEITSGRÜNDE – ARTIKEL 59 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Allgemeine Grundsätze


Gemäß Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b UMV wird eine Unionsmarke für nichtig erklärt, wenn die Anmelderin bei Einreichung der Markenanmeldung bösgläubig gehandelt hat.


Es gibt keine genaue rechtliche Definition für den Begriff „Bösgläubigkeit“, der verschiedene Auslegungen zulässt. Bösgläubigkeit ist ein subjektiver Zustand, der in den Absichten des Anmelders bei Einreichung der Anmeldung einer Unionsmarke wurzelt. Grundsätzlich ziehen Absichten an sich keine rechtlichen Folgen nach sich. Damit Bösgläubigkeit bejaht werden kann, muss erstens ein Handeln des Inhabers der Unionsmarke vorliegen, das eindeutig ein unredliche Absicht erkennen lässt, und muss zweitens ein objektiver Bewertungsmaßstab existieren, anhand dessen solch ein Handeln gemessen und anschließend als bösgläubig qualifiziert werden kann. Es liegt Bösgläubigkeit vor, wenn das Verhalten des Anmelders der Unionsmarke von den anerkannten Grundsätzen ethischen Verhaltens oder den anständigen Gepflogenheiten in Gewerbe und Handel abweicht, was sich durch eine Würdigung der objektiven Umstände des Einzelfalls anhand dieser Maßstäbe ermitteln lässt (siehe Schlussanträge der Generalanwältin Sharpston vom 12/03/2009, C‑529/07, Lindt Goldhase, EU:C:2009:361, § 60).


Ob der Inhaber einer Unionsmarke bei der Einreichung einer Markenanmeldung bösgläubig gehandelt hat, muss unter Berücksichtigung aller für den Einzelfall relevanten Faktoren einer Gesamtbeurteilung unterzogen werden (11/06/2009, C‑529/07, Lindt Goldhase, EU:C:2009:361, § 37).


Die Beweislast für das Vorhandensein von Bösgläubigkeit obliegt dem Nichtigkeitsantragsteller; es gilt die Vermutung der Gutgläubigkeit, bis das Gegenteil bewiesen ist.



Beschreibung der relevanten Fakten


Der eidesstattlichen Versicherung der Antragstellerin nebst Anlagen ist die Firmengeschichte und -entwicklung der HETRONIC-Gruppe zu entnehmen. Zwar wurden diverse Verträge und Vereinbarungen vorgelegt, in den Dokumenten erscheint das Zeichen „NOVA“ jedoch nicht. Es fehlen jedenfalls jegliche Regelungen und Bestimmungen bezüglich des Zeichens sowie der „NOVA“-Produkte. Aus den Unterlagen geht hervor, dass eine gesellschaftliche Beziehung zwischen den Parteien bestanden hat, aber es ist nicht klar, welche Verpflichtungen und Rechte die Parteien bezüglich des Kennzeichens hatten oder haben. Die vorgelegten Unterlagen beziehen sich auf die „HETRONIC“-Marken, nicht auf das Zeichen „NOVA“.


Die Markeninhaberin hat auch zahlreiche Unterlagen eingereicht. Aus den Dokumenten geht aber nicht eindeutig hervor, dass sie über die nicht eingetragene deutsche Marke „NOVA“ verfügt. Sie trägt vor, dass die HETRONIC Steuersysteme GmbH und ihre Rechtsnachfolger lediglich als ein nicht-exklusives Montage- und lokales Vertriebsunternehmen für Hetronic-Produkte fungiert hätten.


Die Unterlagen belegen nicht, ob die Antragstellerin oder die Markeninhaberin ein ausschließliches Recht an dem Zeichen hatten, also allein berechtigt waren, das Zeichen anzumelden oder zu benutzen. Die Ausführungen vermitteln jedoch den Eindruck, dass sowohl die Antragstellerin als auch die Inhaberin befugt waren, die Kennzeichnung zu benutzen.


Bösgläubigkeit kann dann vorliegen, wenn eine gewerbliche Einheit aufgrund der Benutzung eines Zeichens auf dem Markt dafür einen gewissen Grad an rechtlichem Schutz erlangt hat, und ein Wettbewerber anschließend mit der Absicht, mit dem ursprünglichen Benutzer des Zeichens in unfairen Wettbewerb zu treten, das Zeichen eintragen lässt.


In solchen Fällen hat der Gerichtshof der Europäischen Union (11/06/2009, C‑529/07, Lindt Goldhase, EU:C:2009:361, § 48 und 53) festgestellt, dass insbesondere die folgenden Faktoren zu berücksichtigen sind:


  1. die Tatsache, dass die Inhaberin der Unionsmarke weiß oder wissen muss, dass ein Dritter ein identisches oder ähnliches Zeichen für ein identisches oder ähnliches Produkt benutzt, für das eine Verwechslungsgefahr mit der angefochtenen Unionsmarke bestehen kann;


  1. die Absicht der Antragstellerin, „diesen Dritten an der weiteren Verwendung eines solchen Zeichens zu hindern“;


  1. der „Grad des rechtlichen Schutzes, den das Zeichen des Dritten und das angemeldete Zeichen“, für das eine Eintragung angestrebt wird, genießen; und


  1. ob die Inhaberin der Unionsmarke bei der Anmeldung der angefochtenen Unionsmarke ein rechtmäßiges Ziel verfolgt hat.


Das Vorhergehende enthält nur einige Beispiele für eine Reihe von Faktoren, die bei der Bestimmung, ob die Inhaberin der Unionsmarke mit Einreichen der Anmeldung bösgläubig gehandelt hat oder nicht, berücksichtigt werden können; es können auch andere Faktoren Berücksichtigung finden (14/02/2012, T‑33/11, Bigab, EU:T:2012:77, § 20-21; und 21/03/2012, T‑227/09, FS, EU:T:2012:138, § 36).


Bösgläubigkeit kann vorliegen, wenn die beteiligten Parteien in einer Beziehung stehen oder gestanden haben, etwa in (vor-/nach-)vertraglichen Beziehungen, aus denen gegenseitige Pflichten und eine Verpflichtung zu fairem Verhalten bezüglich der rechtmäßigen Interessen und Erwartungen der anderen Partei erwachsen sind (13/11/2007, R 336/2007‑2, CLAIRE FISHER / CLAIRE FISHER, § 24).


Den Dokumenten ist zu entnehmen, dass das Zeichen zusammen mit „HETRONIC“ benutzt wurde.


Die Tatsache, dass die Inhaberin der Unionsmarke die angegriffene Unionsmarke lange Zeit unabhängig von der Nichtigkeitsantragstellerin benutzt hat, muss ebenfalls gewürdigt werden.


Aus den Unterlagen geht hervor, dass die Inhaberin der Unionsmarke zum Zeitpunkt der Anmeldung der Unionsmarke Kenntnis vom Vorhandensein des Zeichens „NOVA“ hatte.


Die Dokumente enthalten jedoch keinerlei Regelungen bezüglich des Zeichens, d.h. wer, wenn überhaupt jemand, befugt war, das Zeichen zu besitzen, zu benutzen oder anzumelden. Die Antragstellerin hat diesbezüglich keinerlei Beweismittel eingereicht.


Gemäß der Rechtsprechung ist jedoch die Tatsache, dass die Inhaberin der Unionsmarke weiß oder wissen muss, dass die Nichtigkeitsantragstellerin ein identisches/ähnliches Zeichen für identische/ähnliche Waren benutzt hat, für das Verwechslungsgefahr bestehen könnte, als Beleg für Bösgläubigkeit nicht ausreichend (11/06/2009, C‑529/07, Lindt Goldhase, EU:C:2009:361, § 40). Um zu ermitteln, ob Bösgläubigkeit vorlag, müssen ebenfalls die Absichten der Inhaberin der Unionsmarke zum Zeitpunkt der Anmeldung berücksichtigt werden.


Es ist ebenfalls zu würdigen, ob die Inhaberin der Unionsmarke mit der Anmeldung rechtmäßige Ziele verfolgt.


Dies kann der Fall sein, wenn beispielsweise die Inhaberin der Unionsmarke zum Zeitpunkt der Anmeldung der angegriffenen Unionsmarke die angegriffene Unionsmarke bereits rechtmäßig benutzt.


Im vorliegenden Fall ist festzustellen, dass (auch) die Markeninhaberin das Zeichen benutzt hat. Die Benutzung des Zeichens geschah aufgrund verschiedener Vereinbarungen.


Somit kann sich die Löschungsabteilung dem Vorwurf der Bösgläubigkeit nicht anschließen. Aus den eingereichten Beweismitteln geht nicht eindeutig hervor, dass die Inhaberin „zum Zeitpunkt der Anmeldung der Marke bösgläubig war“, was gemäß Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b UMV das erforderliche Kriterium ist. Die bloße Kenntnis der Verwendung eines Zeichens durch einen Dritten, das der angegriffenen Unionsmarke entspricht, genügt allein nicht (29/02/2008, R 633/2007-2, CHOOSI). Aus Sicht der Löschungsabteilung liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte vor, um auf eine Bösgläubigkeit im Sinne von Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe b UMV schließen zu können.


In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Löschungsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Antrag diesbezüglich zurückgewiesen werden muss.



RELATIVE NICHTIGKEITSGRÜNDE – ARTIKEL 60 ABSATZ 1 BUCHSTABE c UMV IN VERBINDUNG MIT ARTIKEL 8 ABSATZ 4 UMV


Im Fall eines Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit gestützt auf Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe c UMV in Verbindung mit Artikel 8 Absatz 4 UMV muss der Antragsteller auf Erklärung der Nichtigkeit die Benutzung der Marke im geschäftlichen Verkehr mit mehr als örtlicher Bedeutung vor dem Tag der Anmeldung der streitigen UM (oder gegebenenfalls dem Prioritätsdatum) nachweisen. In Nichtigkeitsverfahren hat der Antragsteller außerdem zu beweisen, dass das Kennzeichen im geschäftlichen Verkehr zu einem anderen Zeitpunkt, nämlich zum Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Erklärung der Nichtigkeit, mit mehr als örtlicher Bedeutung benutzt wurde. Diese Voraussetzung ergibt sich aus dem Wortlaut von Artikel 60 Absatz 1 Buchstabe c UMV, der festlegt, dass eine UM für nichtig erklärt wird, „wenn ein in Artikel 8 Absatz 4 genanntes älteres Kennzeichenrecht besteht und die Voraussetzungen des genannten Absatzes erfüllt sind“ (05/10/2004, 606 C und R 1822/2010-2, Baby Bambolina (Bildmarke), § 15). Nach erfolgtem Nachweis wird diese Anforderung weiterhin zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Nichtigkeit als erfüllt angesehen, sofern kein Beweis des Gegenteils erfolgt (z. B. ein Firmenname wird geltend gemacht, aber die Firma existiert nicht mehr).


Diesbezüglich hat die Antragstellerin die nicht eingetragene Marke „NOVA“ in Deutschland als Art des Rechts angegeben.


Artikel 8 Absatz 4 UMV besagt, dass auf Widerspruch der Inhaberin einer nicht eingetragenen Marke oder eines sonstigen im geschäftlichen Verkehr benutzten Kennzeichenrechts von mehr als lediglich örtlicher Bedeutung die angemeldete Marke von der Eintragung ausgeschlossen ist, wenn und soweit nach dem für den Schutz des Kennzeichens maßgeblichen Recht der Union oder des Mitgliedstaats:


  1. Rechte an diesem Kennzeichen vor dem Tag der Anmeldung der Unionsmarke, gegebenenfalls vor dem Tag der für die Anmeldung der Unionsmarke in Anspruch genommenen Priorität, erworben worden sind


  1. dieses Kennzeichen seiner Inhaberin das Recht verleiht, die Benutzung einer jüngeren Marke zu untersagen.



Diese Regelungen sind entsprechend auf das Nichtigkeitsverfahren zu übertragen.


Die Antragstellerin stützt den Antrag auf die nicht eingetragene Marke „NOVA“. Sie bezieht sich auf die folgenden Rechtsvorschriften nach deutschem Recht:


In Deutschland wird ein Recht an einer nicht eingetragenen Marke durch eine Benutzung („Benutzungsmarke“) erworben, welche zur Anerkennung durch die betreffenden Verkehrskreisen als Marke geführt hat („Verkehrsgeltung“).


Es handelt sich im vorliegenden Fall um eine sog. „Benutzungsmarke“. Die Antragstellerin legte zahlreiche Unterlagen zur Benutzung des Zeichens „NOVA“ in Deutschland vor. Wie oben analysiert, sind den eingereichten Nachweisen nicht eindeutig zu entnehmen, wer und inwieweit befugt war, das Zeichen zu benutzen. Zwar sind Rückschlüsse auf das Zeichen „NOVA“ in einigen Dokumenten zu finden, erscheint jedoch das Kennzeichen/Firmenname „HETRONIC“ in den meisten der Unterlagen.


Des Weiteren ist auch die Verkehrsgeltung des Zeichens zu beweisen. Gemäß Entscheidungspraxis setzen unterscheidungskräftige Kennzeichen eine Anerkennung von 20 bis 25 % voraus, während nichtunterscheidungskräftige Kennzeichen von 50 % der maßgeblichen Verkehrskreise anerkannt sein müssen. (Prüfungsrichtlinien vor dem Amt, Teil C, Widerspruchsverfahren)


Im vorliegenden Fall ist die Unterscheidungskraft der Marke als durchschnittlich zu bewerten. Somit soll die Antragstellerin nachzuweisen, dass das Zeichen über eine Verkehrsgeltung von 20 bis 25 % erworben hat. Zwar trägt die Antragstellerin vor, dass die Marke innerhalb der beteiligten Verkehrskreise Verkehrsgeltung erlangt habe, hat sie diesbezüglich keinerlei Nachweise vorgelegt. Die Ausführungen bezüglich der Verkehrsgeltung wurden mit keinerlei Dokumenten substantiiert. Die Markeninhaberin bestreitet auch nicht die Bekanntheit des Zeichens, aber sie trägt vor, dass das Recht an dem Produktnamen „NOVA“ der Markeninhaberin und nicht der Antragstellerin zustehe. Die Einwände der Markeninhaberin ändern nichts an der Tatsache, dass die Verkehrsgeltung des Zeichens nicht nachgewiesen wurde.


Die Unterlagen beweisen nicht den Bekanntheitsgrad des Zeichens innerhalb der Verkehrskreise. Regelmäßig wird sie erst dann angenommen, wenn ein nicht unerheblicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise das Zeichen wieder erkennt und eine Verbindung zwischen dem Zeichen und einem bestimmten Unternehmen herstellt.


Die Löschungsabteilung stellt fest, dass mit den von der Antragstellerin vorgelegten Beweismitteln nicht nachgewiesen wird, dass das Zeichen durch seine Benutzung Verkehrsgeltung erworben hat. Die Beweismittel weisen die Benutzung des Zeichens nach, enthalten jedoch keine Angaben zur Wiedererkennung durch das maßgebliche Publikum.


Wie oben dargestellt, ist die Verkehrsgeltung des Zeichens Voraussetzung für die Stattgabe des Nichtigkeitsantrags nach Artikel 8 Absatz 4 UMV, wenn es sich um eine nicht eingetragene Marke in Deutschland handelt. Da die Verkehrsgeltung des älteren Zeichens nicht festgestellt wurde, ist eine der in Artikel 8 Absatz 4 UMV genannten notwendigen Voraussetzungen nicht erfüllt und der Antrag diesbezüglich zurückzuweisen.



Schlussfolgerung


In Anbetracht des Vorstehenden kommt die Löschungsabteilung zu dem Ergebnis, dass der Antrag zurückgewiesen werden muss.



KOSTEN


Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die in einem Nichtigkeitsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Antragstellerin die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Inhaberin der Unionsmarke in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Artikel 109 Absatz 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer ii UMDV sind die an die Inhaberin der Unionsmarke zu zahlenden Kosten die Vertretungskosten, die auf Grundlage der dort festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.




Die Löschungsabteilung



Natascha GALPERIN


Judit NÉMETH


Plamen IVANOV



Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.

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