Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 531 245


Medi plus TEC Medizinisch-technische Handelsgesellschaft mbH, Baerler Straße 100, 47441 Moers, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Ruttensperger Lachnit Trossin Gomoll Patent- und Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Arnulfstrasse 58, 80335 München, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Jörg Thurm, Coebergerstraat 49, 2018 Antwerpen, Belgien (Anmelder), vertreten durch Alexander Plath, Hofweg 58, 22085 Hamburg, Deutschland (zugelassener Vertreter).


Am 19.05.2021 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Der Widerspruch Nr. B 2 531 245 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.


2. Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 768 908 ein. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Marke Nr. 302 013 021 830. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.




VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.


Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 302 013 021 830 der Widersprechenden.



  1. Die Waren und Dienstleistungen


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:



Klasse 32: Alkoholfreie Getränke, einschließlich Erfrischungsgetränke, Energy-Drinks, Molkegetränke und isotonische, hypertonische und hypotonische Getränke; alkoholfreie Fruchtgetränke, Aperitifs, alkoholfreie Cocktails, alkoholfrei; Essenzen für die Zubereitung von Getränken; Biere; Sirupe für Getränke; Wässer (Getränke).


Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere); alkoholische Heiß- und Mischgetränke, einschließlich alkoholhaltige Energy-Drinks; Cocktails; Schnaps, Weine, Spirituosen und Liköre.


Klasse 41: Sportliche und kulturelle Aktivitäten; Unterhaltung, Durchführung von Live-Veranstaltungen, Partyplanung (Unterhaltung), Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe.



Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:


Klasse  32: Nichtalkoholische Getränke; Isotonische Getränke; Energiegetränke.

Klasse  33: Alkoholische Getränke, ausgenommen Bier; Spirituosen; Alkoholische Energiegetränke.

Klasse  35: Werbung.



Einige der angefochtenen Waren und Dienstleistungen sind mit den Waren und Dienstleistungen identisch, auf denen der Widerspruch beruht. Aus Gründen der Verfahrensökonomie nimmt die Widerspruchsabteilung keinen vollständigen Vergleich der oben aufgeführten Waren und Dienstleistungen vor. Die Prüfung des Widerspruchs erfolgt, als ob alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen zu denjenigen der älteren Marke identisch sind.



  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad



Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch angenommenen Waren und Dienstleistungen sowohl an das breite Publikum als auch an Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich bis hoch.




  1. Die Zeichen



Ältere Marke


Angefochtene Marke


Das relevante Gebiet ist Deutschland.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).

Beide Marken sind Bildmarken.


Die ältere Marke besteht aus der Abbildung eines Bullenkopfes, dessen Hörner, einer züngelnden Flamme gleich, weit ausholend und mit nach außen neigenden Spitzen in einem hellen grau dargestellt sind. Der Kopf ist mit Ausnahme eines kleinen schwarzen Dreiecks, welches mittig auf der Stirn abgebildet ist, in weißer Farbe gehalten. Unter dem Bullenkopf sind die Wortelemente „POWER HORN“ in leicht stilisierten schwarzen Großbuchstaben leicht schräg abgebildet.


Demgegenüber besteht die angefochtene Marke aus der Abbildung eines Bullenkopfes, der vor schwarzem Hintergrund in einen lilafarben umrandeten Kreis eingerahmt ist. Die Hörner des Bullen erscheinen kompakt und glatt mit nach innen weisenden Spitzen, und der Stirnbereich ist schwarz gehalten. Der Kopf des Bullen ist von einer lilafarbenen Linie umrandet. Unter dem Bullenkopf platziert sind in weißen Großbuchstaben die Wortelemente „MAD BULL“.


Das Wortelement „POWER“ in der älteren Marke wird vom deutschsprachigen Verkehr ohne weiteres im Sinne von „Kraft, Stärke, Leistung“ (vgl. www.duden.de) verstanden. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren dem Bereich der Getränke zuzuordnen sind, ist dieses Element schwach für diese Waren, da das Wort „POWER“ darauf hinweist, dass der Konsum dieser Getränke Energie bzw. Kraft verleiht. Im Hinblick auf die in Rede stehenden Dienstleistungen weist dieser Ausdruck eine normale Kennzeichnungskraft auf.


Das zweite Wortelement „HORN“ bezeichnet unter anderem einen [gebogenen] spitzen, harten Auswuchs am Kopf bestimmter Tiere (vgl. www.duden.de). Im Hinblick auf die in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen ist dieser Bestandteil daher normal kennzeichnungskräftig.


Das Element „BULL“ im angefochtenen Zeichen weist zwar im Deutschen keinen Bedeutungsgehalt auf. Dennoch ist davon auszugehen, dass der maßgebliche deutschsprachige Verkehr diesen Bestandteil semantisch erfassen wird, da es dem entsprechenden Wort in der Amtssprache des betroffenen Gebiets, nämlich „Bulle“ (also einem geschlechtsreifen männlichen Rind) sehr nahe ist. Darüber hinaus unterstreicht der Ausdruck das figurative Element im angefochtenen Zeichen in Form eines Bullenkopfes. Bestandteil „MAD“ weist hingegen keinen Bedeutungsgehalt in der deutschen Sprache auf.


Die angefochtene Marke weist kein Element auf, das als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) oder kennzeichnungskräftiger als andere Elemente gelten könnte. Selbst wenn das Bildelement im Vergleich zu den Wortelementen mehr Raum einnimmt, kommt diesem keine visuell eindeutig dominantere Bedeutung zu, zumal sich das in weißer Farbe gehaltene Wortelement stark vom dunklen Hintergrund abhebt.


Ferner weist die ältere Marke kein Element auf, das als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.



Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Abbildung eines Bullenkopfes überein, der jedoch unterschiedlich in den Zeichen ausgestaltet ist. Sie unterscheiden sich ferner in Bezug auf die zusätzlichen Wortelemente in der älteren Marke „POWER HORN“, denen die Wortelemente „MAD BULL“ im angefochtenen Zeichen entgegenstehen, sowie in den farblichen und graphischen Ausgestaltungselementen in den Zeichen.


Vor dem Hintergrund, dass für den Gesamteindruck einer Marke in der Regel der Wortbestandteil maßgeblich ist, weil sich der Verkehr in erster Linie hieran orientiert, um das mit der Marke gekennzeichnete Produkt zu identifizieren, ergibt sich, dass die Zeichen nur geringfügig ähnlich sind.


In klanglicher Hinsicht wird die ältere Marke als „POW-ER-HORN“, die angefochtene Marke als „MAD-BULL“ ausgesprochen.


Angesichts des Fehlens jeglicher klanglichen Übereinstimmung zwischen den Zeichen wird festgestellt, dass die Zeichen aus klanglicher Sicht nicht ähnlich sind.


Begrifflich hat zwar keines der beiden Zeichen als Ganzes für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Der maßgebliche Verkehr wird indes den Wortbestandteil „POWER“ im Sinne von „Kraft, Energie“ wahrnehmen, weswegen dieser Bestandteil im Hinblick auf die in Rede stehenden Getränke in den Klassen 32 und 33 kennzeichnungsschwach ist, weil es auf die Wirkung dieser Getränke hinweist. Der Verkehr wird seine Aufmerksamkeit daher stärker auf den zweiten Wortbestandteil „HORN“ richten, der normal kennzeichnungskräftig ist.


Im Hinblick auf die angefochtene Marke wird der Verkehr den Bestandteil „BULL“ im angefochtenen Zeichen aufgrund seiner lexikalischen Nähe zur deutschen Entsprechung „BULLE“ semantisch im Sinne eines männlichen Rindes auffassen.


Der Bildbestandteil in Form eines Bullenkopfes, der in beiden Zeichen abgebildet ist, wird vom maßgeblichen Publikum wahrgenommen und entsprechend verstanden.


Daraus ergibt sich, dass die Zeichen insoweit begrifflich ähnlich sind, als sie einen Bullenkopf darstellen, während sie im Hinblick auf die Wortbestandteile begrifflich unähnlich sind.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren und Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Der Vergleich der einander gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen erfolgte aufgrund der Annahme, dass alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen mit denen identisch sind, die durch die ältere Marke erfasst werden.


Die sich gegenüber stehenden Zeichen sind schriftbildlich und begrifflich insoweit ähnlich, als sie beide einen Bullenkopf abbilden, unterscheiden sich aber im Übrigen. Selbst wenn beide Zeichen den Kopf desselben Tieres darstellen, so weisen diese doch graphisch und farblich erhebliche Unterschiede auf. So sind die Hörner der älteren Marke als züngelnde, hohe Flammen dargestellt, deren Spitzen nach außen neigen, während die Hörner des Bullen im angefochtenen Zeichen als kleine kompakte mit nach innen weisenden Spitzen abgebildet sind. Auch erscheint der Bullenkopf im angefochtenen Zeichen innerhalb eines lila umrandeten schwarzen Kreises, während der Bullenkopf im älteren Zeichen vor einem weißen Hintergrund abgebildet ist.


Ferner sind die Wortbestandteile in beiden Zeichen visuell, klanglich und begrifflich unähnlich. Grundsätzlich gilt: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37; Entscheidung vom 19/12/2011, R 233/20114 Best Tone (fig.) / BETSTONE (fig.), § 24; Entscheidung vom 13/12/2011, R 53/20115, Jumbo (fig.) / DEVICE OF AN ELEPHANT (fig.), § 59).


Dies führt insgesamt dazu, dass die Zeichen, entgegen der Ansicht der Widersprechenden, visuell einen unterschiedlichen Gesamteindruck hervorrufen.


Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, und selbst unter der Annahme, dass die Waren und Dienstleistungen identisch wären, besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch zurückgewiesen werden.


Die Widersprechende hat ihren Widerspruch auch auf die folgende ältere Marke gestützt:



Deutsche Bildmarke Nr. 302 010 066 702 .


Da diese Marke für Schmuckwaren (Klasse 14), Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien (Klasse 16), Regenschirme und Sonnenschirme (Klasse 18) und Glaswaren, Porzellan und Steingut (Klasse 21) geschützt ist, die den angefochtenen Waren und Dienstleistungen unähnlich sind, fehlt bereits eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV. Das Ergebnis kann daher kein anderes sein.






KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle dem Anmelder in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die dem Anmelder zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.





Die Widerspruchsabteilung


Claudia MARTINI


Sigrid DICKMANNS

Karin KUHL



Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.


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