Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 617 580


Gebr. Willach GmbH, Stein 2, 53809 Ruppichteroth, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Dompatent von Kreisler Selting Werner – Partnerschaft von Patentanwälten von Patentanwälten und Rechtsanwälten mbB, Deichmannhaus am Dom, Bahnhofsvorplatz 1, 50667 Köln, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler GmbH, Ede Platz 1, 42389 Wuppertal, Deutschland (Anmelderin), vertreten durch Wienke & Becker – Köln, Sachsenring 6, 50677 Köln, Deutschland (zugelassener Vertreter).


Am 25/10/2016 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Dem Widerspruch Nr. B 2 617 580 wird teilweise stattgegeben, und zwar für die folgenden angefochtenen Waren:


Klasse 6: Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Befestigungsmaterial aus Metall; Möbelbeschläge aus Metall, Fensterbeschläge aus Eisen, Fensterbeschläge aus Metall, Türbeschläge aus Eisen; Türbeschläge aus Metall.


Klasse 19: Fenster und Türen, nicht aus Metall; Türrahmen, -stöcke, nicht aus Metall.


Klasse 20: Möbelbeschläge, nicht aus Metall; Türbeschläge aus Metall.


2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 959 515 wird für alle obigen Waren zurückgewiesen. Sie kann für die restlichen Waren weitergeführt werden.


3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 13 959 515 ein, und zwar gegen einige der Waren der Klassen 6, 19 und 20. Der Widerspruch beruht auf der deutschen Markeneintragung Nr. 301 50 596. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.



  1. Die Waren


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:


Klasse 6: Schiebtürbeschläge, Schlosserwaren, Schlösser aus Metall (ausgenommen elektrische).


Klasse 20: Profilleisten für Möbel und Laden- und Inneneinrichtungen


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:


Klasse 6: Schlosserwaren und Kleineisenwaren; Befestigungsmaterial aus Metall; Möbelbeschläge aus Metall, Fensterbeschläge aus Eisen, Fensterbeschläge aus Metall, Türbeschläge aus Eisen; Türbeschläge aus Metall.


Klasse 19: Baumaterialien [nicht aus Metall]; Fenster und Türen, nicht aus Metall; Türrahmen, -stöcke, nicht aus Metall.


Klasse 20: Möbelbeschläge, nicht aus Metall; Türbeschläge aus Metall.



Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.



Angefochtene Waren in Klasse 6


Schlosserwaren sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten.


Die angefochtenen Kleineisenwaren überschneiden sich mit Schlosserwaren der Widerspruchsmarke, da es sich um kleine Metallwaren handelt. Somit gelten sie als identisch.


Die angefochtenen Möbelbeschläge aus Metall, Fensterbeschläge aus Eisen, Fensterbeschläge aus Metall stehen in einem Ergänzungsverhältnis mit Schiebtürbeschlägen der Widersprechenden. Beschläge sind Bauteile, die an und auf großflächigen Teilen aus Holz, Holzwerkstoffen oder weichen Kunststoffen angebracht werden. Sie dienen zur Einleitung von Kräften beispielsweise als Scharnier oder Griff oder lediglich als aufgesetztes verzierendes Element. Sie werden über dieselben Verkaufsstellen vermarktet, stammen von demselben Hersteller und richten sich an dieselben Verbraucher. Somit besteht eine hochgradige Ähnlichkeit zwischen den Vergleichswaren.


Die angefochtenen Türbeschläge aus Eisen; Türbeschläge aus Metall enthalten als weiter gefasste Kategorien die Schiebtürbeschläge der Widersprechenden. Da die Widerspruchsabteilung die weit gefassten Kategorien der angefochtenen Waren nicht von Amts wegen aufgliedern kann, gelten sie als identisch zu den Waren der Widersprechenden.


Das angefochtene Befestigungsmaterial aus Metall dient der Befestigung und Verbindung von unterschiedlichen Teilen. Sie stehen in einem Komplementär- oder Konkurrenzverhältnis mit Schiebtürbeschlägen der Widerspruchsmarke, die neben ihrer Verzierungsfunktion dem Zweck dienen, bewegliche Teile zusammenzuhalten und eine Krafteinwirkung zu ermöglichen. Sie stimmen in Vertriebswegen, Herstellern und Verbrauchern überein. Somit sind die Vergleichswaren als ähnlich zu bewerten.



Angefochtene Waren in Klasse 19


Die angegriffenen Fenster und Türen, nicht aus Metall; Türrahmen, -stöcke, nicht aus Metall sind Vorrichtungen in einem Gebäude sowie ihre Ersatzteile. Sie ergänzen sich mit den Waren Schiebtürbeschläge, Schlosserwaren, Schlösser aus Metall (ausgenommen elektrische) der Widerspruchsmarke in Klasse 6. Sie werden über dieselben Verkaufsstellen vermarktet, von demselben Unternehmen hergestellt und richten sich an dieselben Verbraucher. Somit besteht Ähnlichkeit zwischen den Vergleichswaren.


Die angefochtenen Baumaterialien [nicht aus Metall] wie Bauholz, Mörtel oder Gips werden zum Bauen von Gebäuden verwendet. Bei den Waren der Widerspruchsmarke in Klasse 6 handelt es sich um kleine Metallwaren, wie z.B. Schrauben und in Klasse 20 um Möbelersatzteile. Obwohl sie auch zur Einrichtung eines Hauses und beim Bau zur Verwendung kommen können, ist daraus keine markenrechtliche Ähnlichkeit abzuleiten. Sie dienen nicht demselben Verwendungszweck, unterscheiden sich in ihrer Natur und den Herstellern. Somit sind sie unähnlich.



Angefochtene Waren in Klasse 20


Die angegriffenen Möbelbeschläge, nicht aus Metall stehen in einem engen Ergänzungsverhältnis mit Profilleisten für Möbel und Laden- und Inneneinrichtungen der Widerspruchsmarke. Sie werden aus demselben Material hergestellt und dienen demselben Verwendungszweck. Sie stimmen in Verkaufsstätten, Abnehmerkreisen und Herstellern überein. Zwischen den Vergleichswaren besteht eine hochgradige Ähnlichkeit.


Die angefochtenen Türbeschläge aus Metall dienen demselben Zweck wie Schiebtürbeschläge der Widerspruchsmarke in Klasse 6. Sie werden lediglich aus unterschiedlichen Materialien hergestellt. Sie stehen in einem engen Wettbewerbsverhältnis. Sie stimmen in Verkaufsstätten, Verbrauchern und Herstellern überein. Zwischen den Vergleichswaren besteht eine hochgradige Ähnlichkeit.





  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren sowohl an das breite Publikum als auch Profi- und Hobbyverbraucher im Baumarkt. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich, da es sich nicht um teure Waren handelt.



  1. Die Zeichen



VITRIS


VOTRIS



Ältere Marke


Angefochtene Marke


Das relevante Gebiet ist Deutschland.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Die Marken weisen keine Elemente auf, die als eindeutig kennzeichnungskräftiger oder als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente erachtet werden können.



Bildlich handelt es sich bei den Zeichen um Einzelwortmarken, die aus sechs Buchstaben bestehen. Sie stimmen in Bezug auf „V*TRIS“ überein, d. h. fünf von den sechs Buchstaben sind identisch und identisch in den Zeichen platziert. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf dem jeweils zweiten Buchstaben „I“ vs „O“ der Zeichen.


Die Zeichen sind daher stark ähnlich.



In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „V*TRIS“ in den beiden Zeichen überein. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der jeweils zweiten Buchstaben „I“ bzw. „O“ der Zeichen.


Die Zeichen sind daher stark ähnlich.



In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.



Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als durchschnittlich anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Die Vergleichswaren wurden teilweise für identisch, teilweise für ähnlich (zum unterschiedlichen Grad) und teilweise für unähnlich befunden.


Die ältere Marke verfügt über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft.


Die Zeichen sind in bildlicher und klanglicher stark ähnlich. Es handelt sich um Phantasiebegriffe, die keinen konkreten Bedeutungsgehalt aufweisen.


Die Unterschiede in den Zeichen sind weniger auffällig als die Übereinstimmungen. Aufgrund der visuellen und klanglichen großen Ähnlichkeit und des Fehlens jeglicher dominanter oder nicht kennzeichnungskräftiger Elemente in den Zeichen besteht Verwechslungsgefahr.


Im vorliegenden Fall unterscheiden sich die Zeichen lediglich im zweiten Buchstaben bzw. Phonem. Dieser Unterschied ist für das Publikum unter Zugrundelegung eines durchschnittlichen Aufmerksamkeitsgrades nicht so auffällig, als sie die Zeichen unterscheiden können, vor allem wenn sie die Marken nicht gleichzeitig wahrnehmen.


Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C‑39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).


Allerdings ist zu berücksichtigen, dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C‑342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).



Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass beim Publikum Verwechslungsgefahr besteht; und aus diesem Grund der Widerspruch teilweise auf Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 301 50 596 der Widersprechenden begründet ist.


Aus dem Obigen folgt, dass die angefochtene Marke für die Waren zurückgewiesen werden muss, bezüglich derer festgestellt wurde, dass sie mit denen der älteren Marke identisch oder ihnen ähnlich sind.


Die übrigen angefochtenen Waren sind unähnlich. Da die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV ist, muss der Widerspruch, soweit er sich gegen diese Waren richtet, auf der Grundlage dieses Artikels zurückgewiesen werden.



KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 85 Absatz 2 UMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.


Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Waren Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.





Die Widerspruchsabteilung



Gregor SCHNEIDER

Judit NÉMETH

Sigrid DICKMANNS




Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


Latest News

  • FEDERAL CIRCUIT AFFIRMS TTAB DECISION ON REFUSAL
    May 28, 2021

    For the purpose of packaging of finished coils of cable and wire, Reelex Packaging Solutions, Inc. (“Reelex”) filed for the registration of its box designs under International Class 9 at the United States Patent and Trademark Office (“USPTO”).

  • THE FOURTH CIRCUIT DISMISSES NIKE’S APPEAL OVER INJUNCTION
    May 27, 2021

    Fleet Feet Inc, through franchises, company-owned retail stores, and online stores, sells running and fitness merchandise, and has 182 stores, including franchises, nationwide in the US.

  • UNO & UNA | DECISION 2661950
    May 22, 2021

    Marks And Spencer Plc, Waterside House, 35 North Wharf Road, London W2 1NW, United Kingdom, (opponent), represented by Boult Wade Tennant, Verulam Gardens, 70 Grays Inn Road, London WC1X 8BT, United Kingdom (professional representative)