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Widerspruchsabteilung |
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WIDERSPRUCH Nr. B 2 605 601
Kronenbrot Holding GmbH, Guiollettstraße 54, 60325 Frankfurt am Main, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch König Naeven Schmetz Patent- & Rechtsanwälte Schmetz, Augustastr. 14-16, 52070 Aachen, Deutschland (zugelassene Vertreter)
g e g e n
Seyyar File Tarim Hayvancilik Ve Gida Ürünleri Sanayi Ticaret Anonim Sirketi, A.O.S. Sitesi 2. Kisim 7. Sokak No: 225, Maslak Istanbul, Türkei (Anmelderin), vertreten durch Casas Asin S.L., Av. San Francisco Javier 9, Edificio Sevilla 2, 8ª Planta, Oficina 7, 41018 Sevilla, Spanien (zugelassener Vertreter).
Am 11.09.2018 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem
Widerspruch Nr. B
Klasse 35: Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich feine Backwaren und Backwaren auf Mehlbasis, Hefe, Mehl, Kleingebäck, Cracker [Gebäck], Waffeln, Lebensmittel auf Getreidebasis, diese Dienstleistungen von Großhandelsgeschäften
2. Die
Unionsmarkenanmeldung Nr.
3. Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten.
VORBEMERKUNG
Mit Wirkung vom 01/10/2017 wurden die Verordnung (EG) Nr. 207/2009 und Verordnung (EG) Nr. 2868/95 aufgehoben und ersetzt durch die Verordnung (EU) Nr. 2017/1001 (kodifizierte Version, die UMV), die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 2017/1430 (DVUM) und die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 2017/1431 (UMDV), unbeschadet bestimmter Übergangsvorschriften. Mit Wirkung vom 14/05/2018 wurden ferner die Delegierte Verordnung (EU) 2017/1430 und die Durchführungsverordnung (EU) 2017/1431 kodifiziert und durch die Delegierte Verordnung (EU) 2018/625 und die Durchführungsverordnung (EU) 2018/626 aufgehoben. Alle Bezugnahmen auf die UMV, DVUM und UMDV der vorliegenden Entscheidung sollen als Bezugnahmen auf die sich aktuell in Kraft befindlichen Verordnungen verstanden werden, außer wenn dies ausdrücklich anders angegeben ist.
BEGRÜNDUNG:
Die
Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Waren und
Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Die Waren und Dienstleistungen
In ihrer Widerspruchsschrift legte die Widersprechende zunächst Widerspruch gegen einige der Waren und Dienstleistungen der Klassen 29, 30 und 35 der angefochtenen Unionsmarkenanmeldung ein. In ihrer Widerspruchsbegründung vom 08/06/2017 schränkte sie jedoch die Reichweite des Widerspruchs weiter ein, nämlich auf einige der Waren und Dienstleistungen der Klassen 30 und 35. Weiterhin wurde die angefochtene Anmeldung aufgrund der am 01/12/2017 über den Widerspruch Nr. B 2 605 619 ergangenen rechtskräftigen Entscheidung der Widerspruchabteilung teilweise zurückgewiesen.
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:
UM Nr. 407 528 (ältere Marke 1)
Klasse 5: Diätbrot und andere diätetische Backwaren für medizinische Zwecke.
Klasse 30: Brot und Kuchen; Diätbrot für nichtmedizinische Zwecke; Teiglinge, auch tiefgefroren, für die Herstellung von Brot- und Kuchen; backfertige Brot- und Kuchenmischungen; Paniermehl; Backhefe.
Deutsche Marke Nr. 794 289 (ältere Marke 2)
Klasse 30: Back- und Konditorwaren, insbesondere Brot.
Der Widerspruch richtet sich nach der o.g. Einschränkung der Reichweite bzw. teilweiser Zurückweisung der angefochtenen Marke noch gegen die folgenden Dienstleistungen:
Klasse 35: Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich Backpulver, um dem Verbraucher eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, diese Dienstleistungen von Einzelhandelsgeschäften, Großhandelsgeschäften, über elektronische Medien oder über Versandkataloge; Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich feine Backwaren und Backwaren auf Mehlbasis, Hefe, Mehl, Süßwaren, Kleingebäck, Cracker [Gebäck], Waffeln, Lebensmittel auf Getreidebasis, diese Dienstleistungen von Großhandelsgeschäften.
Eine Auslegung des Wortlautes der Waren- und Dienstleistungsverzeichnisse ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.
Aus der Verwendung des Wortes „insbesondere“ im Warenverzeichnis der Widersprechenden ist ersichtlich, dass die genannten Waren lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (09/04/2003, T‑224/01, Nu‑Tride, EU:T:2003:107).
Das Wort „nämlich“, welches im Dienstleistungsverzeichnis der Anmelderin benutzt wird, um die Beziehung der konkreten Waren und Dienstleistungen zur weiter gefassten Kategorie aufzuzeigen, wirkt hingegen ausschließend und beschränkt den Umfang der Eintragung auf die konkret angegebenen Waren und Dienstleistungen.
Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 33 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza‑Klassifikation erscheinen.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich des Verkaufs spezifischer Waren weisen eine geringe Ähnlichkeit zu diesen spezifischen Waren auf. Obgleich die Art, der Zweck und die Verwendungsmethode dieser Waren und Dienstleistungen nicht übereinstimmen, haben sie einige Ähnlichkeiten, da sie sich ergänzen und die Dienstleistungen in der Regel an den gleichen Orten angeboten werden, an denen auch die Waren zum Verkauf angeboten werden. Des Weiteren sprechen sie dieselben Zielgruppen an. Entsprechendes gilt auch für Groß-, Online- und Versandhandelsdienstleistungen.
Folglich hat die angefochtene Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich feine Backwaren und Backwaren auf Mehlbasis, Hefe, Mehl, Kleingebäck, Cracker [Gebäck], Waffeln, Lebensmittel auf Getreidebasis, diese Dienstleistungen von Großhandelsgeschäften eine geringe Ähnlichkeit mit den Waren der Widersprechenden, denn feine Backwaren und Backwaren auf Mehlbasis, Kleingebäck, Cracker [Gebäck], Waffeln, Lebensmittel auf Getreidebasis sind identisch zu den Back- und Konditorwaren der Widersprechenden (ältere Marke 2), weil sie entweder in diesen enthalten sind oder diese als übergeordnete Kategorie enthalten oder sich mit diesen überschneiden. Des Weiteren enthalten Hefe und Mehl als übergeordnete Kategorien die Backhefe und die backfertigen Brot- und Kuchenmischungen der Widersprechenden (ältere Marke 1) und sind demzufolge auch identisch.
Entsprechendes gilt jedoch nicht für die übrigen angefochtenen Dienstleistungen Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich Backpulver, um dem Verbraucher eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, diese Dienstleistungen von Einzelhandelsgeschäften, Großhandelsgeschäften, über elektronische Medien oder über Versandkataloge; Zusammenstellung von verschiedenen Waren für Dritte, um Verbrauchern eine bequeme Ansicht und den Kauf dieser Waren zu ermöglichen, nämlich Süßwaren, diese Dienstleistungen von Großhandelsgeschäften. Diese sind unähnlich zu sämtlichen Waren der Widersprechenden.
Einzel- und Großhandelsdienstleistungen haben nämlich grundsätzlich keine Ähnlichkeit mit Waren. Sie sind von ihrer Natur her unterschiedlich, da Dienstleistungen immaterieller Natur sind, während Waren materieller Art sind, sie dienen aber auch unterschiedlichen Bedürfnissen. Einzelhandelsdienstleistungen bestehen darin, dass eine breite Auswahl verschiedener Produkte zum Verkauf angeboten werden, wodurch die Verbraucher die Möglichkeit haben, unterschiedliche Einkaufsbedürfnisse in einem einzigen Geschäft zu befriedigen. Dies ist nicht der Zweck der Waren. Des Weiteren unterscheiden sich diese Waren und Dienstleistungen auch im Hinblick auf die Verwendungsmethode. Sie stehen weder miteinander im Wettbewerb noch ergänzen sie sich.
Eine Ähnlichkeit zwischen Einzel- und Großhandelsdienstleistungen bezüglich spezifischer Waren, die von einer Marke erfasst sind, und spezifischen Waren, die von einer anderen Marke erfasst sind, liegt wie bereits oben erwähnt nur dann vor, wenn die im Einzelhandel verkauften Waren und die spezifischen Waren, die von der anderen Marke erfasst sind, identisch sind. Diese Bedingung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt, da die gegenständliche Waren, nämlich Backpulver und Süßwaren, nur ähnlich zu den Waren der Widersprechenden sind, nicht jedoch identisch. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass auch keine Identität zu den Waren der Widersprechenden in Klasse 5 besteht.
Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Bei den fraglichen Großhandelsdienstleistungen handelt es sich um spezielle Dienstleistungen für Geschäftskunden mit besonderen beruflichen Kenntnissen oder besonderem beruflichem Fachwissen.
Angesichts der größeren Mengen, die das spezifische gewerbliche Publikum einkauft, und der Auswirkungen auf die eigene Preispolitik und/oder Geschäftsentwicklung ist von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad auszugehen.
Die Zeichen
WEFA
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Ältere Marken |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union für die ältere Marke 1 bzw. Deutschland für die ältere Marke 2.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C‑251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C‑514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Da das relevante Gebiet für die ältere Marke 2 Deutschland ist, hält es die Widerspruchsabteilung der Übersichtlichkeit halber für angemessen, den Vergleich der Zeichen auch in Bezug auf die ältere Marke 1 auf Deutschland zu richten.
Bei den älteren Marken handelt es sich um die in allen Schreibweisen geschützte Wortmarke „WEFA“.
Diesen steht die angefochtene Bildmarke gegenüber. Sie besteht aus dem Wortbestanteil „Vefa“ in schwarzen leicht stilisierten Buchstaben, die auf einem hellbeigen Hintergrund platziert sind. Zwischen den beiden Schenkeln des Buchstabens „V“ erscheint zudem in hellgrünen, kursiven Buchstaben das Wort „ahde“, jedoch signifikant kleiner. Weiterhin schließt sich an der rechten Schenkelspitze ein grünes Blatt an. Zudem erscheinen links und rechts stilisierte Zweige und Früchte in einer schwachen hellgrünen Farbe.
Die Wortelemente in den strittigen Zeichen, nämlich „WEFA“ in den älteren Marken und „Vefa“ bzw. „ahde“ in der angefochtenen Marke, haben für das relevante Publikum keine Bedeutung und sind somit kennzeichnungskräftig.
Die Bildelemente des angefochtenen Zeichens (Blatt und Zweige mit Früchten) werden mit Pflanzen assoziiert. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren und Dienstleistungen dem Bereich Lebensmittel bzw. dem Handel damit zuzuordnen sind, sind diese Elemente schwach für diese Waren und Dienstleistungen, insofern sie auf eine pflanzliche Herkunft bzw. Zutaten der (Verkaufs-)waren hinweisen.
Das Wortelement „Vefa“ im angefochtenen Zeichen ist das dominante Element, da es am stärksten ins Auge springt. Der Vollständigkeit halber sei daran erinnert, dass die älteren Zeichen als Wortmarken keine dominanten Elemente haben.
In Bezug auf das angefochtenen Zeichen gilt zudem grundsätzlich: Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T‑312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37).
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstaben „*EFA“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in den Buchstaben „W“ und „V“ sowie den zusätzlichen Buchstaben „ahde“ im angefochtenen Zeichen, die jedoch signifikant kleiner als die vorgenannten sind und von jenen visuell dominiert werden. Die Zeichen unterscheiden sich weiterhin in der typographischen und farblichen Ausgestaltung der angefochtenen Marke sowie in ihren Bildelementen. Letztere sind jedoch kennzeichnungsschwächer als die Wortbestandteile.
Die Zeichen sind daher bildlich stark ähnlich.
In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „W(V)EFA“ in den strittigen Zeichen überein, da die Buchstaben „W“ und „V“ identisch ausgesprochen werden. Die Aussprache unterscheidet sich im Klang der zusätzlichen Buchstaben „ahde“ der angefochtenen Marke, für die es in den älteren Zeichen keine Entsprechungen gibt. Allerdings wird der überwiegende Teil des relevanten Publikums letztere ob ihrer geringen Größe übersehen und entsprechend nicht aussprechen.
Die Zeichen sind daher für den überwiegenden Teil des Publikums klanglich identisch. Für den Teil des Publikums, der jedoch das Element „ahde“ trotz seiner geringen Größe ausspricht, besteht lediglich durchschnittliche Ähnlichkeit in klanglicher Hinsicht.
Begrifflich haben, obwohl das Publikum im relevanten Gebiet die Bildelemente des angefochtenen Zeichens zumindest mit einer pflanzlichen Herkunft assoziieren wird, wie oben erklärt, die anderen Zeichen keine Bedeutung in diesem Gebiet. Da die älteren Zeichen keine Bedeutung haben, sind die Zeichen begrifflich nicht ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.
Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Zeichen sind in bildlicher Hinsicht stark ähnlich, wobei für den überwiegenden Teil des Publikums sogar von einer klanglichen Identität auszugehen ist. Die Dienstleistungen sind geringfügig ähnlich bzw. unähnlich. Der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums ist eher erhöht.
Verwechslungsgefahr besteht dann, wenn der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder wenn der Verbraucher eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren/Dienstleistungen vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
Im vorliegenden Fall liegen die Übereinstimmungen zwischen den Marken in den Wörtern „WEFA“ und „VEFA“, wobei ersteres der einzige Bestandteil der älteren Wortmarken ist, und letzteres das dominante Element des angefochtenen Zeichens. Wie bereits oben im Teil c) erwähnt, orientiert sich jedoch der Verkehr in erster Linie an den Wortbestandteilen von kombinierten Wort-Bildmarken. Die weiteren Elemente in der angefochtenen Marke sind entweder kennzeichnungsschwach (Pflanzenteile etc.) oder werden visuell dominiert („ahde“). Die geringe Größe des letztgenannten Elements führt für den überwiegenden Teil des Publikums sogar zu einer klanglichen Identität der beiden Marken.
Die Unterschiede können mithin die visuellen und v.a. klanglichen Übereinstimmungen der Zeichen nicht aufwiegen, zumal darüber hinaus bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr von dem Erfahrungssatz auszugehen ist, „dass sich dem Durchschnittsverbraucher nur selten die Möglichkeit bietet, verschiedene Marken unmittelbar miteinander zu vergleichen, sondern dass er sich auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat“ (22/06/1999, C‑342/97, Lloyd Schuhfabrik, EU:C:1999:323, § 26).
Zwar ist von einem erhöhten Aufmerksamkeitsgrad des angesprochen Publikums auszugehen, aber „selbst Verbraucher mit einem hohen Maß an Aufmerksamkeit müssen sich auf ihr unvollkommenes Bild von Marken verlassen“ (21/11/2013, T‑443/12, ancotel, EU:T:2013:605, § 54).
Weiter gilt, dass „die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren impliziert, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt“ (29/09/1998, C‑39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17). Vorliegend gleicht die starke bildliche Ähnlichkeit und die (zumindest für den Großteil des Publikums) klangliche Identität der Zeichen den geringfügigen Grad an Ähnlichkeit der in Rede stehenden Dienstleistungen aus. Daher kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Verbraucher direkt die einander gegenüberstehenden Marken verwechselt oder zumindest eine Verbindung zwischen den einander gegenüberstehenden Zeichen zieht und annimmt, dass die betreffenden Waren vom gleichen Unternehmen oder von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen.
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte kommt die Widerspruchsabteilung zu dem Schluss, dass beim Publikum bzw., was die ältere Marke 1 angeht, seinem deutschsprachigen Teil, Verwechslungsgefahr besteht; und aus diesem Grund der Widerspruch teilweise auf Grundlage der Unions- und der deutschen Markeneintragung der Widersprechenden begründet ist. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Aus dem Obigen folgt, dass die angefochtene Marke für die Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss, bezüglich derer festgestellt wurde, dass sie mit denen der älteren Marke geringfügig ähnlich sind.
Die übrigen angefochtenen Dienstleistungen sind unähnlich. Da die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen eine notwendige Voraussetzung für die Anwendung von Artikel 8 Absatz 1 UMV ist, muss der Widerspruch, soweit er sich gegen diese Dienstleistungen richtet, auf der Grundlage dieses Artikels zurückgewiesen werden.
KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten. Gemäß Artikel 109 Absatz 3 UMV beschließt die Widerspruchsabteilung eine andere Kostenteilung, soweit die Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterliegen oder soweit es die Billigkeit erfordert.
Da der Widerspruch nur für Teile der angefochtenen Dienstleistungen Erfolg hat, sind beide Beteiligten jeweils in einem oder mehreren Punkten unterlegen. Daher trägt jede Partei ihre eigenen Kosten.
Die Widerspruchsabteilung
Tobias KLEE |
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Lars HELBERT
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Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.