Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 573 262


Aldi GmbH & Co. KG, Burgstr. 37, 45476 Mülheim/Ruhr, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Schmidt, von der Osten & Huber Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB, Haumannplatz 28, 45130 Essen, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Sun Snack s.r.o., Dukelských bojovníků 2945/152, 67181 Znojmo, Tschechische Republik (Anmelderin), vertreten durch Jan Juračka, Tovární 881/7, 66902 Znojmo, Tschechische Republik (zugelassener Vertreter).


Am 28/10/2016 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Dem Widerspruch Nr. B 2 573 262 wird für alle angefochtenen Waren stattgegeben.


2. Die Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 221 519 wird in ihrer Gesamtheit zurückgewiesen.


3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 650 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 221 519 ein. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der deutschen Markeneintragung Nr. 30 242 781. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.


Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die deutsche Markeneintragung Nr. 30 242 781 der Widersprechenden.



  1. Die Waren


Der Widerspruch basiert unter anderem auf den folgenden Waren:


Klassen 29 und 30: Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke; Salz- und Laugengebäck; alle vorgenannten Waren auch mit Schokolade, jedoch nicht erkennbar enthaltend Trockenfrüchte, Nüsse, Samenkörner bzw. Kerne; Saucen zum Würzen der vorgenannten Waren.


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren:


Klasse 30: Oblaten; Waffeln [Nahrungsmittel]; Esspapier.


Die angefochtenen Oblaten; Waffeln [Nahrungsmittel]; Esspapier sind Getreidewaren, die in der weiter gefassten Kategorie der Waren Im Extrudier- oder Pelletierverfahren sowie andersartig hergestellte oder zubereitete Mais-, Reis- oder andere Getreideprodukte für Knabberzwecke; alle vorgenannten Waren auch mit Schokolade, jedoch nicht erkennbar enthaltend Trockenfrüchte, Nüsse, Samenkörner bzw. Kerne der Widersprechenden enthalten sind. Klasse 30 enthält laut Nizza-Klassifikation im Wesentlichen für den Verzehr oder die Konservierung zubereitete Nahrungsmittel pflanzlicher Herkunft sowie Zusätze für die Geschmacksverbesserung von Nahrungsmitteln. Deshalb sind sie identisch.



  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch befundenen Waren an das breite Publikum. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich bis unterdurchschnittlich weil es sich bei Snacks um billige Massenwaren handelt.



  1. Die Zeichen


Sunsnacks



Ältere Marke


Angefochtene Marke


Das relevante Gebiet ist Deutschland.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Das angefochtene Zeichen ist eine Bildmarke. Die Wortelemente „Sun“ und „SNACK“ sind in weißer Farbe vor einem grünen Kreis abgebildet und verweisen mit einem blauen Pfeil auf die weiteren in blau gehaltenen, leicht stilisierten, Wortelemente „FEIN GEBACKEN“.


Das in beiden Marken enthaltene generische Wort „Snack(s)“ ist für die relevanten Waren, bei denen es sich allesamt um Snacks handelt, ohne Unterscheidungskraft. Das gilt auch für das beschreibende Wortelement „FEIN GEBACKEN“, das lediglich einen banalen Werbeslogan darstellt. Zudem sind die weiteren figurativen Elemente im angefochtenen Zeichen in der Kennzeichnungskraft extrem geschwächt, weil sie einzig und allein einen Kreis und einen Pfeil zeigen, die Stilisierung der Schrift ist auch banal.


Die Marken weisen keine Elemente auf, die als dominanter (stärker visuell ins Auge springend) als andere Elemente gelten könnte.


Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf den voll unterscheidungskräftigen Bestandteil „SUN“ überein, zudem stimmen sie auch in dem nicht-unterscheidungskräftigen Element „SNACK(S)“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die weiteren nicht-unterscheidungskräftigen Wortelemente im angefochtenen Zeichen und in den simplen, dekorativen und daher kennzeichnungsschwachen Bildelementen der angefochtenen Marke.


Wenn Zeichen aus Wort- und Bildbestandteilen bestehen, übt der Wortbestandteil des Zeichens in der Regel und nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Erfahrungssätzen eine stärkere Wirkung auf den Verbraucher aus als der Bildbestandteil. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Publikum nicht dazu tendiert, Zeichen zu analysieren, und sich leichter durch ihr Wortelement als durch ihre Bildelemente auf die fraglichen Zeichen beziehen wird (14/07/2005, T312/03, Selenium-Ace, EU:T:2005:289, § 37; Entscheidung vom 19/12/2011, R 233/20114 Best Tone (fig.) / BETSTONE (fig.), § 24; Entscheidung vom 13/12/2011, R 53/20115, Jumbo (fig.) / DEVICE OF AN ELEPHANT (fig.), § 59).


Die Zeichen sind daher stark ähnlich.


In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen in den Silben „SUN‑SNACK“ in den beiden Zeichen überein, wovon die zweite Silbe ein Wortelement darstellt, das ohne Unterscheidungskraft ist. Die Aussprache unterscheidet sich in dem zusätzlichen Buchstaben „s“ am Markenende des älteren Zeichens und in den Silben „fein‑ge-back-ken“ der angefochtenen Marke, für die es im älteren Zeichen keine Entsprechung gibt, die allerdings auch ohne Unterscheidungskraft sind.


Die Zeichen sind daher stark ähnlich.


Während das gemeinsame kennzeichnungskräftige Element „Sun“ beider Zeichen für das Publikum im maßgeblichen Gebiet begrifflich keine Bedeutung hat, werden die Elemente „Snack“, „fein gebacken“, der Kreis und der Pfeil von den Verbrauchern verstanden. Die Zeichen sind insoweit zu einem gewissen Grad begrifflich ähnlich als sie beide das Element „Snack“ beinhalten, das jedoch ohne Unterscheidungskraft ist.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines nicht kennzeichnungskräftigen Elementes in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Die Waren sind identisch.


Die sich gegenüberstehenden Zeichen sind visuell und klanglich stark ähnlich, weil sie in dem allein voll unterscheidungskräftigen Wortbestandteil „SUN“ übereinstimmen; zudem stimmen sie bildlich, klanglich und sogar begrifflich in demselben Wort „Snack“ überein, auch wenn dieses Wort ohne Unterscheidungskraft ist. Alle weiteren Wortelemente und Bildelemente der Zeichen sind entweder ohne Unterscheidungskraft oder in dieser stark gemindert, sodass die Zeichen im Hinblick auf „SUN“ übereinstimmen und verwechselbar sind. Im Hinblick auf die teilweise geringe Aufmerksamkeit, die billigen Massenwaren wie Getreidesnacks entgegengebracht wird, kann Verwechslungsgefahr zwischen den sich gegenüberstehenden Zeichen nicht ausgeschlossen werden.


Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der deutschen Markeneintragung Nr. 30 242 781 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren zurückgewiesen werden muss.


Da das ältere Recht, nämlich die deutsche Markeneintragung Nr. 30 242 781, für sämtliche Waren, gegen die sich der Widerspruch richtet, die Stattgabe des Widerspruchs und die Ablehnung der angefochtenen Marke begründet, erübrigt sich eine Prüfung der sonstigen älteren Rechte, die die Widersprechende geltend macht (vgl. 16/09/2004, T‑342/02, Moser Grupo Media, S.L., EU:T:2004:268).



KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Regel 94 Absätze 3, 6 und 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.





Die Widerspruchsabteilung


Gregor SCHNEIDER

Lars HELBERT

Claudia MARTINI



Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.


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    Marks And Spencer Plc, Waterside House, 35 North Wharf Road, London W2 1NW, United Kingdom, (opponent), represented by Boult Wade Tennant, Verulam Gardens, 70 Grays Inn Road, London WC1X 8BT, United Kingdom (professional representative)