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HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT (MARKEN, MUSTER UND MODELLE)
Hauptabteilung Kerngeschäft L123 |
Zurückweisung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke gemäß Artikel 7 GMV und Regel 11 Absatz 3 GMDV
Alicante, 21/03/2016
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HABBEL & HABBEL Am Kanonengraben 11 D-48151 Münster ALEMANIA |
Anmeldenummer: |
014572424 |
Ihr Zeichen: |
G20-34593-EGM-e |
Marke: |
Independence |
Art der Marke: |
Wortmarke |
Anmelderin: |
Carl Geringhoff GmbH & Co. KG Gersteinstraße 18 D-59227 Ahlen ALEMANIA |
Das Amt beanstandete am 05/11/2015 die Anmeldung unter Berufung auf den beschreibenden Charakter sowie auf fehlende Unterscheidungskraft gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und c und Artikel 7 Absatz 2 GMV. Die Beanstandung wird im beiliegenden Schreiben begründet.
Die Anmelderin nahm mit Schreiben vom 30/12/2015 hierzu Stellung. Die Stellungnahme kann wie folgt zusammengefasst werden:
Die Anmeldemarke habe keinen beschreibenden Charakter. Auch wenn „Independence“ „übersetzt“ werde als „der Zustand oder die Eigenschaft, unabhängig zu sein“, sei „Independence“ nicht beschreibend für die angemeldeten Waren der Klasse 7. Die Anmeldemarke gebe nämlich keinen unmittelbaren Hinweis auf einen direkten und konkreten Zusammenhang der Bedeutung der Anmeldemarke zu den angemeldeten Waren.
Zudem sei die Anmeldemarke mit einer ausreichenden Unterscheidungskraft ausgestattet. Entgegen der in dem Prüfungsbescheid mitgeteilten Auffassung habe die angemeldete Marke keine eindeutig beschreibende Bedeutung und ermögliche keinen beschreibenden Hinweis auf irgendeine Qualität oder Eigenschaft der angemeldeten Waren. Wenn „Independence“ mit „Unabhängigkeit“ übersetzt werden sollte, so fehle es an einem hinreichenden Bezug zu den angemeldeten Waren.
Somit stelle die Anmeldemarke „Independence“ einen Fantasiebegriff für die angemeldeten Waren dar, der durchaus eine ausreichende Unterscheidungskraft für deren Eintragbarkeit aufweise.
„Independence“ sei allerdings auch keine verkaufsfördernde Bezeichnung oder eine Werbebotschaft, da „Independence“ keinen unmittelbaren Bezug zu den angemeldeten Waren habe. Für eine Werbebotschaft sei die Anmeldemarke nicht geeignet, da sich auch kein allgemeiner Kaufanreiz aus der Anmeldemarke ergebe.
Darüber hinaus sei die Verwendung der Bezeichnung „Independence“ für die angemeldeten Waren der Anmelderin nicht bekannt.
Die Anmelderin verweist auf mehrere nationale sowie zwei Eintragungen des Amtes der Marke „Independence“.
Gemäß Artikel 75 GMV obliegt es dem Amt, eine mit Gründen zu versehende Entscheidung zu treffen, zu denen sich die Anmelderin äußern konnte.
Nach eingehender Prüfung der Argumente der Anmelderin hat das Amt entschieden, die Beanstandung auf der Grundlage des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe b und des Artikels 7 Absatz 2 GMV aufrechtzuerhalten.
Nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV sind „Marken, die keine Unterscheidungskraft haben“, von der Eintragung ausgeschlossen.
Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass jedes der in Artikel 7 Absatz 1 GMV genannten Eintragungshindernisse voneinander unabhängig ist und getrennt geprüft werden muss. Außerdem sind die genannten Eintragungshindernisse im Licht des Allgemeininteresses auszulegen, das jedem von ihnen zugrunde liegt. Das zu berücksichtigende Allgemeininteresse muss je nach dem betreffenden Eintragungshindernis in unterschiedlichen Erwägungen zum Ausdruck kommen (Urteil vom 16.09.2004, C‑329/02 P‚ „SAT.1“, Randnummer 25).
Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV erfasst insbesondere Marken, die es den maßgeblichen Verkehrskreisen nicht ermöglichen, „bei einem späteren Erwerb, wenn ihre Erfahrung beim ersten Erwerb positiv war, die gleiche Wahl oder, wenn sie negativ war, eine andere Wahl zu treffen“ (Urteil vom 27.02.2002, T‑79/00, „LITE“, Randnummer 26). Dies ist namentlich bei Zeichen der Fall, die bei der Vermarktung der betreffenden Waren oder Dienstleistungen üblicherweise verwendet werden (Urteil vom 15.09.2005, T‑320/03, „LIVE RICHLY“, Randnummer 65).
Die Eintragung „einer Marke, die aus Zeichen oder Angaben besteht, die sonst als Werbeschlagworte, Qualitätshinweise oder Aufforderungen zum Kauf der Waren oder Dienstleistungen, auf die sich diese Marke bezieht, verwendet werden, ist nicht schon wegen einer solchen Verwendung ausgeschlossen“ (Urteil vom 04.10.2001, C‑517/99, „Merz & Krell“, Randnummer 40). „Zudem sind an Slogans keine strengeren Maßstäbe anzulegen als an sonstige Arten von Zeichen“ (Urteil vom 11.12.2001, T‑138/00, „DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT,“ Randnummer 44).
Obwohl die Kriterien für die Beurteilung der Unterscheidungskraft dieselben wie die für die einzelnen Markenkategorien geltenden Kriterien sind, nehmen die maßgeblichen Verkehrskreise im Zusammenhang mit der Anwendung dieser Kriterien nicht jede dieser Kategorien zwangsläufig in gleicher Weise wahr, weshalb es schwieriger sein kann, die Unterscheidungskraft der Marken bestimmter Kategorien nachzuweisen (Urteil vom 29.04.2004, verbundene Rechtssachen C‑456/01 P und C‑457/01 P, “Henkel“, Randnummer 38).
Ferner ist nach ständiger Rechtsprechung zu berücksichtigen, dass die Wahrnehmung einer Marke durch die betroffenen maßgeblichen Verkehrskreise durch den Grad der Aufmerksamkeit dieser Kreise beeinflusst wird, der je nach der fraglichen Waren- oder Dienstleistungskategorie variieren kann (Urteil vom 05.03.2003, T‑194/01, “Tablette ovoïde“, Randnummer 42 und Urteil vom 03.12.2003, T‑305/02, “Forme d’une bouteille“, Randnummer 34).
Ein Zeichen, wie beispielsweise ein Werbeschlagwort, das in der Regel andere Funktionen als die einer Marke im herkömmlichen Sinne erfüllt, „ist nur dann unterscheidungskräftig im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b GMV, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren und Dienstleistungen des Markeninhabers ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können“ (Urteil vom 05.12.2002, T‑130/01, „REAL PEOPLE, REAL SOLUTIONS“, Randnummer 20 und Urteil vom 03.07.2003, T‑122/01, „BEST BUY“, Randnummer 21).
Darüber hinaus reicht die Tatsache, dass das fragliche Zeichen verschiedene Bedeutungen haben oder ein Wortspiel sein kann oder es als ironisch, überraschend oder unerwartet wahrgenommen werden kann, nicht aus, dass das Zeichen als unterscheidungskräftig angesehen werden kann. Diese verschiedenen Umstände können dem Zeichen nur Unterscheidungskraft verleihen, wenn es unmittelbar als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren der Anmelderin wahrgenommen werden könnte, so dass die maßgeblichen Verkehrskreise die Waren der Anmelderin ohne Verwechslungsgefahr von denen anderer betrieblicher Herkunft unterscheiden können.
(Vgl. Urteil vom 15.09.2005, T‑320/03, „LIVE RICHLY“, Randnummer 84).
Der betreffende Verbraucher wird das Wort „Independence“ als Ausdruck mit einer bestimmten Bedeutung verstehen, nämlich als Unabhängigkeit, also die Eigenschaft, unabhängig zu sein.
Das Fehlen der Unterscheidungskraft kann bereits festgestellt werden, wenn der semantische Gehalt des fraglichen Wortzeichens, ohne klar beschreibend in Bezug auf die betreffenden Waren zu sein, bloß als Information in Bezug auf die Waren und nicht ihre betriebliche Herkunft angebend wahrgenommen würde oder den Verbraucher auf ein Merkmal der Waren hinweist, das deren Verkehrswert betrifft und, ohne präzise zu sein, eine verkaufsfördernde oder eine Werbebotschaft enthält, die von den maßgebenden Verkehrskreisen in erster Linie als eine solche und nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren wahrgenommen werden wird (siehe Urteil vom 12/07/2012, T-470/09, „medi“, Randnr. 22; Urteil vom 30.6.2004, T-281/02, „Mehr für Ihr Geld“, Randnummer 31).
Die maßgeblichen Verkehrskreise werden den Ausdruck „Independence“ als eine verkaufsfördernde, lobende Aussage wahrnehmen, deren Funktion darin besteht, dem Verbraucher zu vermitteln, dass die Waren ihm zu Unabhängigkeit verhelfen – sei es in Bezug auf die Aussaat, bei welcher er nicht an einen bestimmten Reihenabstand gebunden ist, oder im größeren Sinne, z.B. wirtschaftliche Unabhängigkeit dank höherer Erträge. Entgegen der Auffassung der Anmelderin ist dieses Kriterium der Unabhängigkeit durchaus geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers positiv zu beeinflussen. Obwohl eine Marke sowohl als Werbebotschaft als auch als Hinweis auf die betriebliche Herkunft verstanden werden kann, werden im vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt die maßgeblichen Verkehrskreise nicht dazu veranlasst werden einen Hinweis auf eine besondere betriebliche Herkunft in dem Zeichen wahrzunehmen, der über die vermittelte Werbeaussage hinausgeht, die lediglich dazu dient, positive Aspekte der betreffenden Waren hervorzuheben (Urteil vom 21.1.2010, C-398/08 P, „Audi“, Randnummer 45; und Urteil vom 12.7.2012, C-311/11 P, „Smart Technologies“, Randnummer 34).
Der Ausdruck „Independence“ enthält keine Bestandteile, die es über seine offenkundig werbende und anpreisende Bedeutung hinaus den maßgebenden Verkehrskreisen ermöglichen könnten, sich dieses Zeichen ohne Weiteres und unmittelbar als unterscheidungskräftige Marke für die betreffenden Waren einzuprägen (Urteil vom 5.12.2002, T-130/01, „REAL PEOPLE, REAL SOLUTIONS“, Randnummer 28).
Demzufolge besitzt die angemeldete Marke in ihrer Gesamtheit gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 7 Absatz 2 GMV keine Unterscheidungskraft und ist nicht geeignet, die angemeldeten Waren von anderen zu unterscheiden.
Zum Argument der Anmelderin, dass keine anderen Wettbewerber die gleichen Kombinationen verwenden: „die Unterscheidungskraft einer Marke auf der Grundlage der Tatsache bestimmt wird, dass eine Marke von den maßgeblichen Verkehrskreisen unmittelbar als Kennzeichnung der betrieblichen Herkunft der fraglichen Waren oder Dienstleistungen wahrgenommen werden kann … Die fehlende vorherige Benutzung ist nicht notwendig ein Anhaltspunkt dafür, dass die Marke so wahrgenommen werden wird.“ (Urteil vom 15.09.2005, T‑320/03, „LIVE RICHLY“, Randnummer 88).
Hinsichtlich der von der Anmelderin angeführten nationalen Entscheidungen gemäß ständiger Rechtsprechung:
ist die Gemeinschaftsregelung für Marken ein autonomes System, das aus einer Gesamtheit von ihm eigenen Zielsetzungen und Vorschriften besteht und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist … Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke darf somit nur auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung beurteilt werden. Daher ist das Amt und gegebenenfalls der Gemeinschaftsrichter nicht an eine auf der Ebene eines Mitgliedstaats oder gar eines Drittlands ergangene Entscheidung gebunden, in der die Eintragungsfähigkeit desselben Zeichens als nationale Marke bejaht wird. Dies ist auch dann der Fall, wenn eine solche Entscheidung gemäß mit der Richtlinie 89/104 harmonisierten nationalen Rechtsvorschriften oder in einem Land erlassen wurde, das zu dem Sprachraum gehört, in dem das Wortzeichen seinen Ursprung hat.
(Vgl. Urteil vom 27.02.2002, T‑106/00, „STREAMSERVE“, Randnummer 47.)
Zum Argument der Anmelderin, dass vom Amt bereits eine Reihe ähnlicher Eintragungen vorgenommen wurde, genügt der Hinweis darauf, dass nach ständiger Rechtsprechung die „zu treffenden Entscheidungen über die Eintragung eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke… keine Ermessensentscheidungen, sondern gebundene Entscheidungen sind“. Die Eintragungsfähigkeit eines Zeichens als Gemeinschaftsmarke ist daher allein auf der Grundlage dieser Verordnung in der Auslegung durch den Gemeinschaftsrichter zu beurteilen und nicht auf der Grundlage einer früheren Praxis des Amtes (Urteil vom 15.09.2005, C‑37/03 P, „BioID“, Randnummer 47 und Urteil vom 09.10.2002, T‑36/01, „Surface d’une plaque de verre“, Randnummer 35).
„Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes muss die Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung mit der Beachtung des Gebots rechtmäßigen Handelns in Einklang gebracht werden, das besagt, dass sich niemand auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen kann“ (Urteil vom 27.02.2002, T‑106/00, „STREAMSERVE“, Randnummer 67).
Aus den oben genannten Gründen und gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b und Artikel 7 Absatz 2 GMV wird hiermit die Anmeldung für die Gemeinschaftsmarke Nr. 14 572 424 für alle Waren der Anmeldung zurückgewiesen.
Gemäß Artikel 59 GMV können Sie gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 GMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Darüber hinaus ist innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst mit der Zahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 800 EUR als eingelegt.
Natascha GALPERIN
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