HARMONISIERUNGSAMT FÜR DEN BINNENMARKT

(MARKEN, MUSTER UND MODELLE)


Hauptabteilung Kerngeschäft

L123


Teilweise Zurückweisung der Anmeldung einer Gemeinschaftsmarke gemäß Artikel 7 GMV und Regel 11 Absatz 3 GMDV


Alicante, 08/03/2016



Dr. Matthias Schaefer

Balanstr. 73 (Haus 10)

D-81541 München

ALEMANIA


Anmeldenummer:

014629711

Ihr Zeichen:


Marke:

Happy Family

Art der Marke:

Wortmarke

Anmelderin:

Computerhead Software M. Kollmer

Sonnmattstr. 7

CH-3700 Spiez

SUIZA



Das Amt beanstandete am 21. Oktober 2015 die Anmeldung unter Berufung auf deren teilweise beschreibenden Charakter sowie auf teilweise fehlende Unterscheidungskraft gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c) sowie Absatz 2 der Verordnung über die Gemeinschaftsmarke (GMV). Die Mitteilung über teilweise Eintragungshindernisse wurde im beiliegenden Schreiben begründet (Anlage).


Die Anmelderin nahm dazu mit Schreiben vom 25. Januar 2016 Stellung. Die Stellungnahme kann wie folgt zusammengefasst werden:

  1. Zumindest nach Einschränkung des Verzeichnisses in Klasse 45 sei eine Schutzfähigkeit gegeben.

  2. Das Amt habe nicht jede Dienstleistung im Einzelnen beurteilt.

  3. Die Bezeichnung sei „nicht unmittelbar beschreibend“.

  4. Es seien mehrere Gedankenschritte erforderlich, um die Bedeutung der Marke für die Dienstleistungen zu erkennen.

  5. Werbung“ werde in allen Bereichen des wirtschaftlichen Lebens gemacht.

  6. Es bestünden Voreintragungen im amerikanischen und englischen Markenregister sowie im Amt unter der Nr. 1 368 083.



Entscheidung


Gem. Art. 75 GMV trifft das Amt eine Entscheidung. Diese darf nur auf Gründe gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.


Nach eingehender Prüfung der Argumente der Anmelderin hat das Amt entschieden, die (teilweise) Beanstandung aufrechtzuerhalten.



Nunmehr verfahrensgegenständliches Dienstleistungsverzeichnis in den Klassen 35, 38, 39, 41 und 45

35 Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Spielwaren, Spiele, Spielzeug; Online-Werbung in einem Computernetzwerk; Verbreitung von Werbung für Dritte über das Internet; Werbung für Hotels; Werbung für Restaurants; Werbung für die Reisebranche; Promotion [Werbung] für Reisen.


38 Telekommunikationsdienste, insbesondere elektronische Übertragung von Nachrichten, Bildern und anderen Daten; Computerkommunikationsdienste; Online-Kommunikationsdienste; mobile Kommunikationsdienste; Bereitstellung des Zugriffs auf Inhalte, Webseiten und Internetportale im Internet und innerhalb von Mobilfunknetzen; Bereitstellung von Online-Foren; Bereitstellung von Diskussionsforen; Bereitstellung von Internet-Chatrooms; Bereitstellung des Zugriffs auf Online-Bewertungen; Weiterleiten von Nachrichten aller Art und Daten an Internet-Adressen (Web-Messaging) sowie an Mobilfunkgeräte.


39 Reiseinformationen; Erteilung von Auskünften in Bezug auf Reisen; Erteilung von touristischen Reiseauskünften; Vermittlung von Reisen.


41 Erziehung; Bildung; Unterhaltung; sportliche Aktivitäten; kulturelle Aktivitäten; Soziale Aktivitäten [Unterhaltung]; Auskünfte über Freizeitaktivitäten; Bereitstellung von Informationen über Spiele für und/oder mit Kindern oder Jugendlichen; Bereitstellung von Informationen über kulturelle, soziale und sportliche Freizeitaktivitäten [Unterhaltung]; Bereitstellung von Informationen über Ausflüge und Ausflugsziele (kulturelle, soziale und sportliche Aktivitäten) [Unterhaltung]; Bereitstellung von Bastelanleitungen und -ideen; Bereitstellung von Rezepten und Kochanleitungen (Schulung); Bereitstellung von Informationen über Ernährung (Erziehung/Schulung); Bereitstellung von Informationen über Erziehung und Unterricht für Kinder oder Jugendliche; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Unterhaltung; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Computerspiele und Computererweiterungen für Spiele; Bereitstellung von Rezensionen von Büchern; Bereitstellung von Online-Veröffentlichungen; Elektronische Veröffentlichung von Texten; Veröffentlichung von Verzeichnissen zum Thema Reisen; Verlags- und Berichtswesen; Herausgabe von Druckereierzeugnissen; Publikation von Online-Bewertungen.


45 Bekanntschaftsvermittlungsdienste.



Angesprochene Verkehrskreise


Im vorliegenden Fall handelt es sich bei den von der angemeldeten Marke erfassten Dienstleistungen sowohl um solche für die tägliche Inanspruchnahme, also für Durchschnittsverbraucher, als auch um solche, die sich an Gewerbetreibende richten, deren Kenntnisse besonders hoch sind. Dementsprechend handelt es sich sowohl um verständige Verbraucher als auch um besonders versierte Fachkreise. Der Aufmerksamkeitsgrad der angesprochenen Verkehrskreise ist normal bis erhöht.




Erläuterung des Begriffs der angemeldeten Wortmarke „Happy Family“


Wie bereits in der o. g. Mitteilung ausgeführt, besteht die angemeldete Bezeichnung aus den Bestandteilen „Happy“ und „Family“. Der erste Bestandteil „HAPPY“ bedeutet u.a. „glücklich, sehr zufrieden“ (www.duden.de) , vgl. auch Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-0707/13 vom 30. April 2015, „BE HAPPY“. Der zweite Bestandteil „Family“ ist mit der Bedeutung „Familie“ nahezu international verständlich und bedarf daher keiner weitergehenden Erörterung. Die Gesamtbezeichnung bedeutet somit „glückliche, sehr zufriedene Familie“.



Bezeichnung der Bestimmung, der Beschaffenheit, des Gegenstands und des thematischen Inhalts


Gem. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV sind Marken, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, welche im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes der geographischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können, von der Eintragung ausgeschlossen.


Zum Zwecke der Beurteilung des beschreibenden Charakters ist festzustellen, ob aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise ein hinreichend direkter und konkreter Zusammenhang zwischen dem Ausdruck und den Waren oder Dienstleistungen besteht, deren Eintragung beantragt wird (Urteil vom 20. Juli 2004, Rechtssache T-311/02, Vitaly Lissotschenko und Joachim Hentze/HABM, (LIMO), Slg. II-2957, Randnummer 30).


Wie bereits in der o. g. Mitteilung erläutert, macht der Ausdruck in seiner Gesamtheit den Verbrauchern unmittelbar deutlich, dass die Dienstleistungen der Klasse 35 Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf Spielwaren, Spiele, Spielzeug, der Klasse 39 und 41 derart auf Familien zugeschnitten sind, dass diese glücklich und zufrieden sind bzw. dadurch gemacht werden. Diese Beurteilung trifft etwa auf die Dienstleistungen der Klasse 39 Vermittlung von Reisen und damit im Zusammenhang stehende Auskünfte genauso zu wie auf die der Klasse 41, wie z.B. Unterhaltung; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Unterhaltung; Bereitstellung von Informationen in Bezug auf Computerspiele und Computererweiterungen für Spiele; Bereitstellung von Informationen über Spiele für und/oder mit Kindern oder Jugendlichen. Darüber hinaus wird mit der Bezeichnung üblicherweise auf den verschiedensten Bereichen des wirtschaftlichen Lebens Werbung gemacht, so dass die übrigen Dienstleistungen der Klasse 35 ebenfalls nicht schutzfähig sind. Bekanntschaftsvermittlungsdienste der Klasse 45 haben eine glückliche, sehr zufriedene Familie zum Ziel ihrer Dienste, das damit offensichtlich erreicht werden soll. Es besteht daher ein eindeutiger, markenrechtlich nicht zulässiger Zusammenhang zwischen der Bedeutung der Marke einerseits und den verfahrensgegenständlichen Waren und Dienstleistungen andererseits. Für die übrigen Dienstleistungen der Klasse 38 bestehen keine Eintragungshindernisse, weil insoweit kein ausreichender Zusammenhang zu dem verfahrensgegenständlichen Zeichen vorliegt.


Zu den Ausführungen der Anmelderin ist zunächst einmal festzustellen, dass sie zu der o. g. Rechtsprechung des Gerichts „BE HAPPY“ nicht Stellung genommen hat; offensichtlich teilt sie insoweit die gemeinschaftsmarkenrechtliche Beurteilung des Amtes. In Bezug auf die in Klasse 45 vorgenommene Einschränkung durch Streichung des Begriffs Partnervermittlungsdienste kann das Amt nicht erkennen, inwiefern sich für die verbleibenden Bekanntschaftsvermittlungsdienste eine Schutzfähigkeit ergeben soll, da sie Teilbegriffe voneinander sind bzw. sich zumindest inhaltlich überschneiden. Hinsichtlich des Vortrags, das Amt habe nicht jede Dienstleistung im Einzelnen geprüft, ist erstens festzustellen, dass die entsprechenden o. g. Oberbegriffe, unter die andere fallen bzw. subsumiert werden können, ausreichend erläutert wurden. Zweitens wurde unter Hinweis auf einige Begriffe eine Aufzählung beispielhaft vorgenommen, so dass für die nicht expressis verbis genannten Bezeichnungen Entsprechendes gilt. Drittens wurde daher für jede Klasse beispielhaft aufgeführt, aus welchen Gründen diese nicht als schutzfähig angesehen wird. Sollte die Anmelderin etwa in Rdnr. 2.4 der Stellungnahme in Klasse 35 etwa Werbung als eintragungsfähig betrachten, reicht der Hinweis auf das Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-0244/12 vom 14. Mai 2013, „fluege.de“, in der diese als Gegenstand des Geschäftsbetriebs ausdrücklich verneint wurde. Die Auffassung der Anmelderin, insoweit eine Schutzfähigkeit zu begründen, widerspricht daher der geltenden Rechtsprechung. Hinsichtlich des weiteren Vortrags, zumindest einige Dienstleistungen, wie etwa in Rdnr. 2.2 der Stellungnahme, Bereitstellung von Informationen über Ernährung (Erziehung/Schulung) seien schutzfähig, ist darauf hinzuweisen, dass Gesichtspunkte der Ernährung auch zur Zufriedenheit der Familie - und damit zum Glück - beitragen, diese sicherstellen bzw. gewährleisten. Entsprechendes gilt für die in Rdnr. 2.1 der Stellungnahme genannten Dienstleistungen: Bereitstellung von Online-Veröffentlichungen; Publikation von Online-Bewertungen haben das Zeichen dabei thematisch zum Inhalt, nämlich Veröffentlichungen und Bewertungen zum Thema „Happy Family“. Auch Spiele von Kindern tragen selbstverständlich ihren Teil zu einer glücklichen Familie bei. Dabei sind auch nicht mehrere Gedankenschritte erforderlich für das Verständnis erforderlich, sondern die Bedeutung ergibt sich für die angesprochenen Verkehrskreise unmittelbar, weil das Zeichen auf dem Dienstleistungsangebot steht. Sofern übrigens die Dienstleistungen an sich nicht schutzfähig sind, teilen deren Vermittlung auch ihr Schicksal.


Ein Wortzeichen kann von der Eintragung ausgeschlossen werden, wenn es zumindest in einer seiner möglichen Bedeutungen ein Merkmal der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen bezeichnet. Diese Grundsätze gelten auch für Anmeldungen, die aus einer Wortverbindung bestehen. Denn im Allgemeinen bleibt die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend. Die bloße Aneinanderreihung solcher Bestandteile ohne Vornahme einer ungewöhnlichen Änderung, insbesondere syntaktischer oder semantischer Art, kann nämlich nur zu einer Marke führen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben besteht, welche im Verkehr zur Bezeichnung von Merkmalen der genannten Waren oder Dienstleistungen dienen können.


Somit hat eine Marke, die sich aus einem Wort mit mehreren Bestandteilen zusammensetzt, von denen jeder Merkmale der Waren oder Dienstleistungen beschreibt, für die die Eintragung beantragt wird, selbst einen die genannten Merkmale beschreibenden Charakter, es sei denn, dass ein merklicher Unterschied zwischen dem Wort und der bloßen Summe seiner Bestandteile besteht; dies setzt entweder voraus, dass das Wort aufgrund der Ungewöhnlichkeit der Kombination in Bezug auf die genannten Waren oder Dienstleistungen einen Eindruck erweckt, der hinreichend weit von dem abweicht, der bei bloßer Zusammenfügung der seinen Bestandteilen zu entnehmenden Angaben entsteht, und somit über die Summe dieser Bestandteile hinausgeht, oder dass das Wort in den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen ist und dort eine ihm eigene Bedeutung erlangt hat, so dass es nunmehr gegenüber seinen Bestandteilen autonom ist, soweit die neue Bedeutung nicht selbst beschreibend ist. Diese Voraussetzungen liegen im vorliegenden Fall nicht vor.


Selbst wenn jedoch die Bezeichnung eine sprachliche Neuschöpfung darstellen würde, ist zu berücksichtigen, dass im Allgemeinen die bloße Kombination von Bestandteilen, von denen jeder Merkmale der beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibt, selbst für diese Merkmale beschreibend bleibt (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-363/99 vom 12. Februar 2004, „Postkantoor“, Rdnrn. 99-102). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall gegeben.


Die Anmelderin übersieht, dass es für die Anwendung der Tatbestandsvoraussetzungen des Artikels 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV ausreichend ist, wenn das Zeichen entsprechend zur Bezeichnung von Merkmalen von Waren und Dienstleistungen verstanden werden kann. Insoweit ist die Möglichkeit ausreichend, das Zeichen entsprechend zu verstehen, um die dafür vorgesehenen Rechtsfolgen eintreten zu lassen. In Bezug auf die Ausführungen, die angemeldete Marke sei nicht „(unmittelbar) beschreibend“, ist zunächst einmal festzustellen, dass der Terminus der sog. „beschreibenden Angabe“ nicht expressis verbis in dieser Rechtsvorschrift genannt ist. Diese gemeinschaftsmarkenrechtliche Beurteilung kann jedoch auch dahingestellt bleiben, weil maßgebend ist, ob ein relevanter Teil der angesprochenen Verkehrskreise, bei denen es sich – wie dargelegt – teilweise um versierte Fachkreise oder um gut informierte Verbraucher handelt, das Zeichen entsprechend verstehen kann. Da dies aus den dargelegten Gründen der Fall ist, sind die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, die die entsprechenden rechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen.


Die Anmelderin hat auch nicht dargelegt, auf welche Art und Weise das Zeichen ansonsten verstanden werden könnte. Eine Mehrdeutigkeit, die im Zusammenhang mit weiteren einschlägigen Faktoren eine Schutzfähigkeit begründen könnte, ist somit nicht gegeben.


Im Übrigen ist es Teil der Prüfung und Hintergrund der Regelung der absoluten Eintragungshindernisse des Artikels 7 Absatz 1 Buchstaben b) bis e) GMV zu vermeiden, dass ein einzelner Wirtschaftsteilnehmer einen unzulässigen Wettbewerbsvorteil durch die Entstehung eines ausschließlichen Rechts an einem Zeichen, das allen frei zur Verfügung überlassen bleiben muss, erlangt. Im vorliegenden Fall muss der Begriff „Happy Family“ auch anderen Mitbewerbern freistehen, um die o. g. Bedeutungen zu dokumentieren.



Daher besteht der Ausdruck „Happy Family“ im Sinne von Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe c) GMV teilweise aus Zeichen oder Angaben, die im Verkehr zur Bezeichnung der Bestimmung, der Beschaffenheit, des Gegenstands und des thematischen Inhalts der angemeldeten Waren und Dienstleistungen dienen können.



Mangelnde Unterscheidungskraft


Gem. Artikel 7 Absatz 1 Buchstabe b) GMV sind Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die keine Unterscheidungskraft haben. Unterscheidungskräftig im Sinne dieser Rechtsvorschrift sind nur solche Zeichen, die im Hinblick auf die konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen in den Augen der angesprochenen Verbraucher geeignet erscheinen, die Waren oder Dienstleistungen dieses Unternehmens von denen eines anderen Unternehmens zu unterscheiden.

Gemäß der Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften kann aufgrund der Tatsache, dass ein Zeichen aus Begriffen besteht, die den Verkehrskreisen Auskunft über ein Merkmal der Waren geben, darauf geschlossen werden, dass das Zeichen keine Unterscheidungskraft besitzt (Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften vom 19. September 2002, Rechtssache C-104/00 P, DKV/HABM (Companyline), Slg. I-7561, Randnummer 21). Dies ist zweifellos auf den vorliegenden Fall anwendbar.


Da die Marke in Bezug auf einige Dienstleistungen, für die sie angemeldet wurde, eine eindeutig beschreibende Bedeutung besitzt, wird die Marke bei den maßgeblichen Verkehrskreisen den Eindruck erwecken, dass sie in erster Linie beschreibenden Charakter hat, wodurch jegliche Annahme, dass die Marke eventuell eine Herkunft bezeichnet, ausgeschlossen ist.


Ein Nachweis darüber, dass die Zeichen und Angaben, aus denen die Marke besteht, zum Zeitpunkt der Anmeldung für die aufgeführten Dienstleistungen oder für ihre Merkmale bereits verwendet werden, ist nicht erforderlich (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-64/02 P vom 21. Oktober 2004, „DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT“, Rdnr. 46; Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-385/08 vom 08. Juli 2010, „Darstellung eines Hundes“, Rdnr. 34).


Da keine darüber hinausgehenden Angaben vorliegen, wird der Verkehr das Zeichen somit teilweise nicht als betriebliche Kennzeichnungsfunktion wahrnehmen. Die Hauptfunktion einer Marke, nämlich die Dienstleistungen eines Unternehmens von denen anderer zu unterscheiden, wird daher von dem angemeldeten Zeichen teilweise nicht erfüllt. Diese Beurteilung wird zusätzlich dadurch gestützt, dass sich der nur eine angemessene Aufmerksamkeit aufbringende Durchschnittsverbraucher, wenn ihn das Zeichen nicht sofort auf die Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung hinweist, sondern ihm lediglich eine rein werbende und abstrakte Aussage vermittelt, nicht die Zeit nehmen wird, über die verschiedenen möglichen Funktionen des Zeichens nachzudenken oder es als eine Marke wahrzunehmen.



Voreintragungen des amerikanischen und des englischen Amts


Zunächst einmal hat die Anmelderin keine Nachweise über diese vermeintlichen Voreintragungen vorgelegt, so dass eine materiell-rechtliche Überprüfung nicht erfolgen kann. Im Übrigen gilt Folgendes:

Bestehende Eintragungen möglicherweise vergleichbarer Marken sind nur ein Umstand, der im Zusammenhang mit der Eintragung berücksichtigt werden kann. Die Anmeldemarke muss jedoch auf der Grundlage der einschlägigen Gemeinschaftsregelung beurteilt werden. Dabei handelt es sich um ein autonomes rechtliches System, mit dem ihm eigene Zielsetzungen verfolgt werden und dessen Anwendung von jedem nationalen System unabhängig ist (Urteil des Gerichts in der Rechtssache T-307/07 vom 21. Januar 2009, „AIRSHOWER“, Rdnr. 45). Folglich ist das HABM weder gehalten, sich die von der zuständigen Markenbehörde des Ursprungslands gestellten Anforderungen und vorgenommene Beurteilung zu eigen zu machen, noch dazu verpflichtet, die Anmeldemarke deshalb zur Eintragung zuzulassen, weil diese nationale Behörde das Zeichen als lediglich anspielend und nicht als unmittelbar beschreibend angesehen hat (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-238/06 P vom 25. Oktober 2007, „Form einer Kunststoffflasche“, Rdnrn. 72 und 73). Im Übrigen hat die Anmelderin kein substanzielles Argument vorgetragen, das sich diesen nationalen Entscheidungen entnehmen und als Verstoß gegen die genannten Artikel anführen ließe. Ferner sind dem Amt die Entscheidungsgrundlagen, die zu den Eintragungen geführt haben, nicht bekannt.

Voreintragung des Amts mit der Nr. 1 368 083 für die gleiche Wortmarke


Was das Argument betrifft, das Harmonisierungsamt hätte die o. g. Marke akzeptiert, so ist darauf hinzuweisen, dass diese Entscheidung nicht Gegenstand des Verfahrens sind. Das Amt muss in jedem Fall den konkreten Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand des Verfahrens ist, und kann keinen Vergleich mit sämtlichen anderen Entscheidungen anstellen, die in Bezug auf Anmeldungen ähnlicher Marken getroffen wurden. Ferner ist festzustellen, dass die Entscheidungen des Amtes über die Eintragung eines Zeichens gemäß GMV gebundene Entscheidungen und keine Ermessenentscheidungen sind. Die Rechtmäßigkeit dieser Entscheidungen ist daher allein auf der Grundlage der GMV und nicht auf der Grundlage einer vorherigen Entscheidungspraxis zu beurteilen (Urteil des Gerichtshofes in der Rechtssache C-173/04 P vom 12. Januar 2006, „Standbeutel“, Rdnrn. 48, 49). Daher stellen Voreintragungen höchstens ein Indiz dar, welches in Betracht gezogen werden kann, ohne dass ihm innerhalb des Anmeldeverfahrens ein wesentliches Gewicht zukommt. Dies wurde vom Gericht in neuester Rechtsprechung bestätigt (vgl. Urteil vom 12. September 2013, T-492/11, „Tampon“, Randnr. 33-34). In der vorliegenden Entscheidung ist die Voreintragung berücksichtigt worden, sie vermag aber aus den dargelegten Gründen die Auffassung des Amts nicht zu ändern. Im Übrigen ist streng und umfassend im Einzelfall zu prüfen, ob im gleichen Sinn zu entscheiden ist, um aus Gründen der Rechtssicherheit eine ungerechtfertigte Eintragung von Marken zu verhindern (Urteil des Gerichts vom 30. Juni 2011, T-463/08, „Dynamic HD“, Randnr. 62 ff.). Niemand darf sich auf eine fehlerhafte Rechtsanwendung zugunsten eines anderen berufen, um eine identische Entscheidung zu erlangen (siehe Beschluss des Gerichtshofes in den verbundenen Rechtssachen C-39/08 und C-43/08 vom 12. Februar 2009, „Volks.Handy“, Randnr. 18). Darüber hinaus sind die Waren und Dienstleistungen unterschiedlich, so dass auch insoweit keine Vergleichbarkeit der Fälle besteht. Weiterhin wurde über die Schutzfähigkeit am 31. März 2000 entschieden. Die Entscheidung liegt daher mehr als 15 Jahre zurück und spiegelt somit nicht die aktuelle Eintragungspraxis wider. Weiterhin hat sich die Rechtsprechung innerhalb der letzten mehr als 15 Jahre weiterentwickelt (s.o.) und dabei Prüfungskriterien aufgestellt, die bei der zitierten Eintragung noch nicht berücksichtigt werden konnten. Es bestehen daher mehrere Gründe für eine fehlende Indizwirkung.


Ganz abgesehen von der Frage, ob überhaupt ein vergleichbarer Sachverhalt vorliegt, kann sich eine Anmelderin auf eine Gleichbehandlung nur in dem Rahmen berufen, den die Verwaltung als gleich zu behandeln anerkannt hat. Dieser Rahmen besteht nicht aus individuellen Einzelfallentscheidungen aus der großen Masse der ca. 1 Million eingetragener Gemeinschaftsmarken, denen u.U. ebenso viele Gegenbeispiele gegenübergestellt werden könnten, sondern er besteht nur in dem Rahmen, den das Amt in Form seiner Prüfungsrichtlinien offiziell und transparent niedergelegt hat. Das ist also nicht das Ergebnis aus individuellen Einzelfallentscheidungen, sondern eines Rückkopplungsprozesses zwischen den Entscheidungen in zahlreichen Einzelfällen, der daraus resultierenden Rechtsprechung und den Richtlinien. Selbstverständlich ist die Frage, ob Marken mit den o. g. Bestandteilen eintragbar sind, nicht Gegenstand der Prüfungsrichtlinien, so dass schon deshalb die Berufung der Anmelderin auf eine generelle Praxis, solche Marken einzutragen, ohne jede tatsächliche Grundlage ist.



Das angemeldete Zeichen ist daher nach Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c) GMV teilweise nicht schutzfähig.


In Anwendung des Artikel 7 Absatz 2 GMV liegen die genannten Eintragungshindernisse nur in einem Teil der Gemeinschaft vor, nämlich in den Teilen, in denen Englisch gesprochen und verstanden wird.



Ergebnis


Aufgrund der oben angeführten Gründe und gemäß Artikel 7 Absatz 1 Buchstaben b) und c), Absatz 2 sowie Artikel 37 GMV wird hiermit das Zeichen für die angemeldeten Dienstleistungen – mit Ausnahme derer der Klasse 38 –zurückgewiesen.



Sie haben das Recht, nach Artikel 59 der Verordnung des Rates gegen diese Entscheidung Beschwerde einzulegen. Gemäß Artikel 60 der Verordnung ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung schriftlich beim Amt einzureichen. Innerhalb von vier Monaten nach diesem Datum ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst mit der Zahlung der Beschwerdegebühr in Höhe von 800 Euro als eingelegt.




Peter QUAY

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Tel. +34 96 513 7759 • Fax +34 96 513 1344

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