Widerspruchsabteilung



WIDERSPRUCH Nr. B 2 658 501


Aldi Einkauf GmbH & Co. oHG, Eckenbergstr. 16 A, 45307 Essen, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch Schmidt, von der Osten & Huber Rechtsanwälte Steuerberater Partnerschaft mbB, Haumannplatz 28, 45130 Essen, Deutschland (zugelassener Vertreter)


g e g e n


Jamp GmbH, Gschwendt 24, 4682 Geboltskirchen, Österreich (Anmelderin), vertreten durch Prof. Hintermayr & Partner, Landstr. 12 / Arkade, 4020 Linz, Österreich (zugelassener Vertreter).


Am 23/03/2017 ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende



ENTSCHEIDUNG:


1. Der Widerspruch Nr. B 2 658 501 wird in seiner Gesamtheit zurückgewiesen.


2. Die Widersprechende trägt die Kosten, die auf 300 EUR festgesetzt werden.



BEGRÜNDUNG:


Die Widersprechende legte Widerspruch gegen einige der Dienstleistungen und alle Waren der Unionsmarkenanmeldung Nr. 14 672 001 ein, und zwar gegen alle Waren und Dienstleistungen der Klassen 25 und 35. Der Widerspruch beruht unter anderem auf der Unionsmarkeneintragung Nr. 3 444 684. Die Widersprechende berief sich auf Artikel 8 Absatz 1 Buchstabe b UMV.



VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV


Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.


Der Widerspruch beruht auf mehr als einer älteren Marke. Aus Gründen der Verfahrensökonomie prüft die Widerspruchsabteilung den Widerspruch zuerst in Bezug auf die Unionsmarkeneintragung Nr. 3 444 684 der Widersprechenden.



  1. Die Waren und Dienstleistungen


Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren:


Klasse 24: Webstoffe und Textilwaren, soweit in Klasse 24 enthalten; Bett- und Tischdecken.


Klasse 25: Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren, ausgenommen Spikes und Stollen für Golf- und Sportschuhe sowie deren Teile und Bestandteile.


Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:


Klasse 25: Bekleidung; Kopfbedeckungen; Schuhwaren.


Klasse 35: Werbung, einschließlich Promotion für Waren; Schaufensterdekoration; Vermietung von Werbeflächen; Verkaufsförderung für Dritte; Einzelhandelsdienstleistungen im Bereich Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren, auch online; Großhandelsdienstleistungen im Bereich Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren, auch online.


Eine Auslegung des Wortlautes des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses ist erforderlich, um den genauen Umfang der Schutzbereiche dieser Waren und Dienstleistungen zu bestimmen.


Aus der Verwendung der Worte „auch und einschließlich“ im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der Anmelderin ist ersichtlich, dass die genannten Waren und Dienstleistungen lediglich beispielhaft für die in der Kategorie erfassten genannt werden und sich der Schutz nicht auf sie beschränkt. Anders ausgedrückt, dieses Wort leitet eine nicht erschöpfende Liste von Beispielen ein (siehe Urteil vom 09/04/2003, T‑224/01, Nu‑Tride, EU:T:2003:107).


Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.


Angefochtene Waren in Klasse 25


Die Waren Bekleidung; Kopfbedeckungen sind identisch in beiden Warenverzeichnissen enthalten (einschließlich Synonyme).


Die angefochtenen Schuhwaren enthalten als weiter gefasste Kategorie die Waren Schuhwaren, ausgenommen Spikes und Stollen für Golf- und Sportschuhe sowie deren Teile und Bestandteile der Widersprechenden. Da die Widerspruchsabteilung die weit gefasste Kategorie der angefochtenen Waren nicht von Amts wegen aufgliedern kann, gelten sie als identisch zu den Waren der Widersprechenden.


Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 35


Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich des Verkaufs spezifischer Waren weisen eine geringe Ähnlichkeit zu diesen spezifischen Waren auf. Obgleich die Art, der Zweck und die Verwendungsmethode dieser Waren und Dienstleistungen nicht übereinstimmen, haben sie einige Ähnlichkeiten, da sie sich ergänzen und die Dienstleistungen in der Regel an den gleichen Orten angeboten werden, an denen auch die Waren zum Verkauf angeboten werden. Des Weiteren sprechen sie dieselben Zielgruppen an.


Folglich haben die angefochtenen Einzelhandelsdienstleistungen bezüglich Bekleidung, Kopfbedeckungen und Schuhwaren, auch online eine geringe Ähnlichkeit mit den Waren Bekleidungsstücke; Kopfbedeckungen; Schuhwaren, ausgenommen Spikes und Stollen für Golf- und Sportschuhe sowie deren Teile und Bestandteile der Widersprechenden. Dies gilt analog auch für die weiteren angefochtenen Großhandelsdienstleistungen mit denselben Waren.


Werbungsdienstleistungen bestehen darin, durch die Bewerbung der Markteinführung und/oder des Vertriebs von Waren und Dienstleistungen den Absatz der Kunden zu fördern oder ihre Marktstellung zu festigen und ihnen mittels Öffentlichkeitsarbeit Wettbewerbsvorteile zu verschaffen. Im Interesse dieses Ziels können viele verschiedene Mittel und Produkte eingesetzt werden. Diese Dienstleistungen werden von spezialisierten Unternehmen erbracht, welche die Bedürfnisse ihrer Kunden analysieren und ihnen sämtliche für die Vermarktung ihrer Produkte und Dienstleistungen erforderlichen Informationen sowie eine entsprechende Beratung zur Verfügung stellen. Sie entwerfen eine individuelle Strategie für die Bewerbung von Waren und Dienstleistungen in Zeitungen, auf Websites, in Videos, im Internet usw.


Die Art und der Zweck von Werbungsdienstleistungen unterscheiden sich grundlegend von der Herstellung von Waren oder von der Erbringung vieler anderer Dienstleistungen. Die Tatsache allein, dass einige Waren oder Dienstleistungen in der Werbung erscheinen, ist nicht ausreichend, um eine Ähnlichkeit festzustellen. Folglich besteht keine Ähnlichkeit zwischen der Werbung, einschließlich Promotion für Waren und den Waren der Widersprechenden, die beworben werden.


Dasselbe gilt für den Vergleich der Waren der Widersprechenden in den Klassen 24 und 25 mit den angefochtenen Dienstleistungen Schaufensterdekoration; Vermietung von Werbeflächen; Verkaufsförderung für Dritte.



  1. Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad


Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.


Im vorliegenden Fall wenden sich die für identisch oder ähnlich befundenen Waren und Dienstleistungen an das breite Publikum. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich.



  1. Die Zeichen


JAMP



Ältere Marke


Angefochtene Marke


Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.


Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).


Wenn Verbraucher mit einer Marke konfrontiert werden, neigen sie im Allgemeinen dazu, sich auf den Anfang eines Zeichens zu konzentrieren. Der Grund dafür ist, dass das Publikum von links nach rechts lesen wird, wodurch der linke Teil des Zeichens (der Anfangsteil) derjenige ist, auf den sich die Aufmerksamkeit des Lesers zuerst richtet.


Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf die Buchstabenkombination „*AMP“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die Buchstaben „SH“ bzw. „J“ am Markenanfang beider Zeichen. Zudem unterscheiden sie sich auch in der Gestaltung der älteren Marke, insbesondere in der größeren Darstellung des Buchstabens A.


Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.


In klanglicher Hinsicht stimmt die Aussprache der Zeichen im Klang der Buchstaben „-AMP“ in den beiden Zeichen überein Die Aussprache unterscheidet sich am Zeichenanfang in beiden Zeichen, und zwar „SH“ gegenüber „J“, die zum Beispiel im Englischen als „Sch“ bzw. als „J“ ausgesprochen werden.


Die Zeichen sind daher durchschnittlich ähnlich.


In begrifflicher Hinsicht hat keines der beiden Zeichen für das Publikum im relevanten Gebiet eine Bedeutung. Da ein begrifflicher Vergleich nicht möglich ist, beeinflusst der begriffliche Aspekt die Beurteilung der Zeichenähnlichkeit nicht.


Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.



  1. Kennzeichnungskraft der älteren Marke


Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.


Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.


Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Dienstleistungen. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich als normal anzusehen.



  1. Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung


Die sich gegenüberstehenden Waren und Dienstleistungen sind teilweise identisch, teilweise zu einem geringen Grad ähnlich und teilweise unähnlich.


Zwar sind die Zeichen bildlich wie auch klanglich durchschnittlich ähnlich, Verwechslungsgefahr besteht hingegen nicht, weil die Unterschiede zwischen den Zeichen im wichtigen ersten Buchstaben auftreten. Auch wenn beide Zeichen keine per se kurzen Zeichen sind, so sind sie auch nicht lang. Bei der angefochtenen Marke sind zwar einige der Buchstaben identisch, diese befinden sich aber am weniger beachteten Markenende.


Zudem gilt, dass in Bekleidungsgeschäften die Kunden im Allgemeinen die Bekleidung, die sie kaufen wollen, selbst auswählen können oder dass sie dabei vom Verkaufspersonal unterstützt werden. Mündliche Bezugnahmen auf das Produkt und die Marke sind zwar nicht ausgeschlossen, die Wahl des Kleidungsstücks erfolgt aber im Allgemeinen visuell. Daher erfolgt die visuelle Wahrnehmung der betroffenen Marken im Allgemeinen vor dem Kauf. Dementsprechend spielt der visuelle Aspekt bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr eine größere Rolle (06/10/2004, T‑117/03 - T‑119/03 & T‑171/03, NL, EU:T:2004:293, § 50). Daher sind die durch die unterschiedlichen Anfangsbuchstaben der Zeichen verursachten beträchtlichen visuellen Unterschiede zwischen den Zeichen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr, die zwischen den Marken besteht, besonders relevant.


Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte, besteht seitens der Öffentlichkeit keine Verwechslungsgefahr. Daher muss der Widerspruch zurückgewiesen werden.


Die Widersprechende hat ihren Widerspruch auch auf die folgende ältere Marke gestützt:


  • Deutsche Markenregistrierung Nr. 1 119 923 für die Wortmarke Shamp


Obwohl die deutsche Marke eine Wortmarke ist, sind die Zeichen trotzdem bildlich nur durchschnittlich ähnlich und die Unterschiede konzentrieren sich auf die unterschiedlichen Anfänge in beiden Zeichen, die wichtiger sind. Daher kann das Ergebnis nicht anders lauten. Zudem verfügt die ältere deutsche Marke über einen engeren Umfang von Waren.



KOSTEN


Gemäß Artikel 85 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.


Da die Widersprechende die unterliegende Partei ist, trägt sie alle der Anmelderin in diesem Verfahren entstandenen Kosten.


Gemäß Regel 94 Absätze 3 und 7 Buchstabe d Ziffer ii UMDV, bestehen die der Anmelderin zu erstattenden Kosten aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.





Die Widerspruchsabteilung


Sigrid DICKMANNS

Lars HELBERT

Martin EBERL



Gemäß Artikel 59 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 60 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.


Die Festsetzung des Betrags der zu erstattenden Kosten kann nur auf Antrag durch eine Entscheidung der Widerspruchsabteilung überprüft werden. Gemäß Regel 94 Absatz 4 UMDV ist ein solcher Antrag innerhalb eines Monats nach Zustellung der Kostenfestsetzung einzureichen; er gilt erst als gestellt, wenn die Gebühr für die Überprüfung der Kostenfestsetzung von 100 EUR (Anhang I Abschnitt A Nummer 33 UMV) entrichtet worden ist.


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