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Widerspruchsabteilung |
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WIDERSPRUCH Nr. B 3 032 409
Herrmann's Feinkost GmbH & Co. KG, Im Vorderkehr 3, 67112 Mutterstadt, Deutschland (Widersprechende), vertreten durch LEXTM Rechtsanwälte, Friedensstr. 11, 60311 Frankfurt a. Main, Deutschland (zugelassener Vertreter)
g e g e n
Neuburger Fleischlos GmbH, Dreisesselbergstraße 6, 4161 Ulrichsberg, Österreich (Anmelderin), vertreten durch Hintermayr Burgstaller & Partner, Landstr. 12 / Arkade, 4020 Linz, Österreich (zugelassener Vertreter).
Am 26.04.2019ergeht durch die Widerspruchsabteilung die folgende
ENTSCHEIDUNG:
1. Dem
Widerspruch Nr. B
2. Die
Unionsmarkenanmeldung Nr.
3. Die Anmelderin trägt die Kosten, die auf 620 EUR festgesetzt werden.
BEGRÜNDUNG:
Die
Widersprechende legte Widerspruch gegen alle Waren und
Dienstleistungen der Unionsmarkenanmeldung Nr.
VERWECHSLUNGSGEFAHR – ARTIKEL 8 ABSATZ 1 BUCHSTABE b UMV
Verwechslungsgefahr liegt vor, wenn die Gefahr besteht, dass das Publikum der Auffassung sein könnte, die mit den infrage stehenden Marken gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen stammten von demselben Unternehmen oder gegebenenfalls von wirtschaftlich verbundenen Unternehmen. Ob eine Verwechslungsgefahr besteht, hängt bei einer umfassenden Beurteilung von der Abwägung mehrerer, voneinander abhängiger Faktoren ab. Zu diesen Faktoren gehören die Ähnlichkeit der Zeichen, die Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen, die Kennzeichnungskraft der älteren Marke, die kennzeichnenden und dominierenden Elemente der in Konflikt stehenden Zeichen sowie das relevante Publikum.
Die Waren und Dienstleistungen
Der Widerspruch basiert auf den folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 29: Brotaufstrich (fetthaltig); zubereitete Salate; konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse; Pickles; Gallerten (Gelees); Kompotte.
Klasse 30: Salat-Dressings; Salatsoßen; Salz; Senf; Essig; Gewürze; Chutneys (Würzmittel); Taboulé; Reis; Tapioka und Sago.
Klasse 35: Großhandelsdienstleistungen betreffend Brotaufstrich (fetthaltig), zubereitete Salate, konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Pickles, Gallerten (Gelees), Kompotte, Salat-Dressings, Salatsoßen, Salz, Senf, Essig, Gewürze, Chutneys (Würzmittel), Taboulé, Reis, Tapioka und Sago.
Der Widerspruch richtet sich gegen die folgenden Waren und Dienstleistungen:
Klasse 31: Frische Pilze.
Klasse 35: Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf frische Pilze.
Einleitend ist festzustellen, dass nach Artikel 33 Absatz 7 UMV Waren und Dienstleistungen nicht deswegen als ähnlich oder unähnlich angesehen werden, weil sie in derselben Klasse oder in verschiedenen Klassen der Nizza‑Klassifikation erscheinen.
Zu den relevanten Faktoren im Zusammenhang mit dem Vergleich der Waren oder Dienstleistungen zählen unter anderem die Art und der Zweck der Waren oder Dienstleistungen, die Vertriebswege, die Verkaufsstätten, die Hersteller, die Nutzung und ob sie miteinander konkurrieren oder einander ergänzen.
Angefochtene Waren in Klasse 31
Die angefochtenen Waren frische Pilze sind geringfügig ähnlich zu den Waren konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Gemüse der Widersprechenden in Klasse 29, da sie in Endverbraucher und Vertriebskanälen übereinstimmen können. Des Weiteren stehen diese Waren im Wettbewerb zueinander.
Angefochtene Dienstleistungen in Klasse 35
Die angefochtenen Groß- und Einzelhandelsdienstleistungen in Bezug auf frische Pilze und die Großhandelsdienstleistungen betreffend Brotaufstrich (fetthaltig), zubereitete Salate, konserviertes, tiefgekühltes, getrocknetes und gekochtes Obst und Gemüse, Pickles, Gallerten (Gelees), Kompotte, Salat-Dressings, Salatsoßen, Salz, Senf, Essig, Gewürze, Chutneys (Würzmittel), Taboulé, Reis, Tapioka und Sago der Widersprechenden werden als ähnlich betrachtet. Die verglichenen Dienstleistungen sind derselben Art, da beide Einzelhandels- bzw. Großhandelsdienstleistungen sind, sie haben denselben Zweck, nämlich es den Verbrauchern zu erlauben, verschiedene Einkaufsbedürfnisse zu befriedigen und sie haben dieselbe Benutzungsmethode. Des Weiteren stimmen die Zielgruppe und die Vertriebskanäle überein.
Relevantes Publikum – Aufmerksamkeitsgrad
Der Durchschnittsverbraucher der betreffenden Warenart gilt als durchschnittlich gut informiert, aufmerksam und verständig. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass der Aufmerksamkeitsgrad des Durchschnittsverbrauchers je nach der betreffenden Art von Waren oder Dienstleistungen unterschiedlich hoch sein kann.
Im vorliegenden Fall wenden sich die für (teilweise gering) ähnlich befundenen Waren und Dienstleistungen an das breite Publikum und an Geschäftskunden.
Der Aufmerksamkeitsgrad des Publikums kann je nach Preis, Komplexität oder den Geschäftsbedingungen, zu denen die Waren und Dienstleistungen erworben werden, von durchschnittlich bis hoch variieren.
Die Zeichen
Hermanns Feinkost
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HERRMANN
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Ältere Marke |
Angefochtene Marke |
Das relevante Gebiet ist die Europäische Union.
„Bei dieser umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, im Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind“ (11/11/1997, C‑251/95, Sabèl, EU:C:1997:528, § 23).
Der einheitliche Charakter der Unionsmarke bedeutet, dass der Verweis auf eine ältere Unionsmarke in Widerspruchsverfahren gegen die Anmeldung zur Eintragung einer Unionsmarke statthaft ist, die den Schutz der ersten Marke beeinträchtigen würde, wenn auch nur in Bezug auf die Wahrnehmung von Verbrauchern in Teilen der Europäischen Union (18/09/2008, C‑514/06 P, Armafoam, EU:C:2008:511, § 57). Für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung ist es daher hinreichend, dass nur für einen Teil des relevanten Publikums der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Alle Elemente der Zeichen haben eine Bedeutung in bestimmten Gebieten, zum Beispiel in Ländern, in denen Deutsch verstanden wird. Somit hält es die Widerspruchsabteilung für angemessen, den Vergleich der Zeichen auf den Teil des relevanten Publikums zu richten, der Deutsch spricht.
Herrmann wie auch Hermann in den Zeichen wird als männlicher Vorname oder auch als deutscher Familienname verstanden. Das Schreiben von Hermann mit doppeltem R ist nicht weiter merkwürdig, da diese Schreibweise des Namens viele Jahre in Deutschland und auch anderen deutschsprachigen Ländern üblich war.
Das Element „Feinkost“ der älteren Marke ist, unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die entsprechenden Waren und Dienstleistungen dem Lebensmittelbereich zuzuordnen sind, nicht kennzeichnungskräftig für diese Waren und Dienstleistungen.
Bildlich stimmen die Zeichen in Bezug auf „HER*MANN“ überein. Sie unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die zusätzlichen Buchstaben „r“ in der Mitte des ersten Worts sowie „s“ am Ende des ersten Worts in der älteren Marke sowie in dem nicht kennzeichnungskräftigen Bestandteil „Feinkost“ dieser Marke.
Die Zeichen sind daher stark ähnlich.
In klanglicher Hinsicht sind die Zeichen stark ähnlich, da der zusätzliche Bestandteil „Feinkost“ in der älteren Marke nicht kennzeichnungskräftig ist und Herrmann und Hermann gleich ausgesprochen werden. Der einzige Unterschied ist der zusätzliche Buchstabe „s“ in der älteren Marke, der am Ende des unterscheidungskräftigen Bestandteils kaum ins Gewicht fällt.
Begrifflich wird auf die zuvor getroffenen Erwägungen bezüglich des semantischen, von den Marken vermittelten Inhalts verwiesen. Da die Zeichen als ähnlich wahrgenommen werden, sind sie begrifflich stark ähnlich.
Da beim Vergleich der Zeichen zumindest ein ähnlicher Aspekt festgestellt wurde, wird die Prüfung der Verwechslungsgefahr fortgesetzt.
Kennzeichnungskraft der älteren Marke
Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist einer der Faktoren, die bei der umfassenden Beurteilung der Verwechslungsgefahr zu berücksichtigen sind.
Die Widersprechende machte nicht ausdrücklich geltend, dass ihre Marke aufgrund intensiver Benutzung oder Bekanntheit über eine besondere Kennzeichnungskraft verfügt.
Folglich stützt sich die Beurteilung der Kennzeichnungskraft der älteren Marke auf ihre Kennzeichnungskraft von Haus aus. Im vorliegenden Fall hat die ältere Marke als Ganzes aus der Perspektive des Publikums im relevanten Gebiet keine Bedeutung im Hinblick auf die gegenständlichen Waren. Die Kennzeichnungskraft der älteren Marke ist folglich trotz der Präsenz eines nicht kennzeichnungskräftigen Elements in der Marke, wie oben unter Punkt c) der Entscheidung ausgeführt, als normal anzusehen.
Umfassende Beurteilung, andere Argumente und Schlussfolgerung
Die Waren und Dienstleistungen sind (teilweise geringfügig) ähnlich. Die Zeichen sind klanglich, begrifflich und bildlich stark ähnlich, da das Element „Feinkost“ der älteren Marke ohne Kennzeichnungskraft ist. Der Aufmerksamkeitsgrad gilt als durchschnittlich, für die Kennzeichnungskraft der älteren Marke gilt dies ebenso.
Entgegen der Ansicht der Anmelderin ist die Verwendung des einfachen oder doppelten R im klar als deutscher Name erkennbaren Wort Her*mann nicht entscheidend. Da der deutschsprechende Verbraucher diese als Varianten desselben Namens ansehen wird, sind die Zeichen insgesamt stark ähnlich.
Es besteht Verwechslungsgefahr, weil die Unterschiede zwischen den Zeichen auf nicht kennzeichnungskräftige oder sekundäre Elemente und Aspekte beschränkt sind.
Die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr impliziert eine gewisse Wechselbeziehung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. So kann ein geringer Grad der Ähnlichkeit der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Marken ausgeglichen werden und umgekehrt (29/09/1998, C‑39/97, Canon, EU:C:1998:442, § 17).
Unter Berücksichtigung aller oben genannten Punkte besteht mindestens beim deutschsprachigen Teil des Publikums Verwechslungsgefahr. Wie oben in Abschnitt c) dieser Entscheidung erwähnt, ist es für die Zurückweisung der angefochtenen Anmeldung hinreichend, dass nur für einen Teil der maßgeblichen Verkehrskreise der Europäischen Union Verwechslungsgefahr besteht.
Daher ist der Widerspruch auf der Grundlage der Unionsmarkeneintragung Nr. 10 810 182 der Widersprechenden begründet. Daraus folgt, dass die angefochtene Marke für alle angefochtenen Waren und Dienstleistungen zurückgewiesen werden muss.
KOSTEN
Gemäß Artikel 109 Absatz 1 UMV trägt die im Widerspruchsverfahren unterliegende Partei die der anderen Partei entstandenen Gebühren und Kosten.
Da die Anmelderin die unterliegende Partei ist, trägt sie die Widerspruchsgebühr sowie alle der Widersprechenden in diesem Verfahren entstandenen Kosten.
Gemäß Artikel 109 Absätze 1 und 7 UMV und Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c Ziffer i UMDV (ehemals Regel 94 Absätze 3 und 6 und Regel 94 Absatz 7 Buchstabe d Ziffer i UMDV, gültig bis 01/10/2017) bestehen die der Widersprechenden zu erstattenden Kosten aus der Widerspruchsgebühr und aus den Vertretungskosten, für die die in der Verordnung festgelegten Höchstsätze festzusetzen sind.
Die Widerspruchsabteilung
Konstantinos MITROU |
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Tobias KLEE |
Gemäß Artikel 67 UMV kann jeder Beteiligte, der durch diese Entscheidung beschwert ist, gegen diese Entscheidung Beschwerde einlegen. Gemäß Artikel 68 UMV ist die Beschwerde innerhalb von zwei Monaten nach der Zustellung dieser Entscheidung schriftlich beim Amt einzulegen. Die Beschwerdeschrift muss in der Verfahrenssprache eingereicht werden, in der die Entscheidung, die Gegenstand der Beschwerde ist, ergangen ist. Innerhalb von vier Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung ist die Beschwerde schriftlich zu begründen. Die Beschwerde gilt erst als eingelegt, wenn die Beschwerdegebühr von 720 EUR entrichtet worden ist.